Das Dufour-Schulhaus / L' école Dufour 1896-1898
Pfarrer Gottfried Ischer verstorben
Am 4. Dezember 1896 verstarb Pfarrer Ischer im Alter von 64 Jahren an einem Schlaganfall. Er unterstützte das Progymnasium in verschiedenen Stellungen. 1872 wurde er
von der Regierung in die Kommission gewählt. 1882 trat er von der Kommission zurück, um dafür als Religionslehrer zu wirken. 1893 musste er durch die Zunahme anderweitigen Amtsgeschäfte die
Lehrstelle quittieren, worauf ihn die Regierung 1894 wieder als einen ihrer Vertreter in die Schulkommission wählte.
Pestalozzi-Feier
Das Progymnasium feierte den 150. Geburtstag von Johann Heinrich Pestalozzi (1746-1827). Der Event wurde mit passenden Liedervorträgen umrahmt. Die französischen Schüler sangen in einem
Knabenchor mit, der am Abend in der protestantischen Kirche eine öffentliche Pestalozzifeier verschöner half.
1896
5. französische Klasse eingerichtet
Die 1. französische Klasse wurde am Progymnasium im Frühling 1891 eröffnet. Der Unterricht führte Lehrer Péquegnat durch. 1893 folgt die 2. Klasse. 1894 und 1895 kam die 3. und 4. Klasse. Nachdem
man sich während zwei Jahre mit vier Klassen und fünf Jahrgängen beholfen hatte, wurde 1897 die fünfte und letzte Klasse mit 94 Schülern eingerichtet. Für die dadurch nötig gewordene Lehrstelle,
Naturkunde, Geografie, Englisch und Schreiben, wurde Sekundarlehrer Äberhardt in Corgémont gewählt. Herr Péquegnat, mittlerweile Fachlehrer für Religion und Französisch, wechselte 1897 zum
Direktor der Mädchenschule in Delsberg.
Eine französische Klasse musste aus Platzmangel im Sommer im Erdgeschoss vom Hilbererhaus untergebracht werden. Dieses Lokal konnte nur bei ganz hellem und warmem
Wetter nicht als gesundheitsschädlich bezeichnet werden. Den Winter verbrachte die Klasse im Hauptgebäude in einem Raum, der vorher die naturkundliche Sammlung umfasste.
1897
Dr. h.c. Charles J. Steiger (1886 - 1957), Präsident der Uhag, Doktor der Volkswirtschaft, Autor
Schüler am Progymnasium von 1896 bis 1901
Charles J. Steiger wurde am 15. Februar 1886 in Biel geboren. Sein Vater betrieb dort einen Zigarrengrosshandlung und ermöglichte seinem Sohn eine solide Ausbildung. Nach dem Progymnasium
absolvierte Charles Steiger von 1901 bis 1906 bei den Vereinigten Drahtwerken Biel die kaufmännische Lehre und ein Praktikum als Kaufmann. Anschliessend war er für die Firma Gebrüder Volkert bis
1938 im Exportgeschäft in Indien, den USA und Europa tätig. Seiner seeländischen Heimat blieb er durch seine Heirat mit der jüngsten Tochter Nelly des Fabrikanten Jakob Laubscher aus Täuffelen
verbunden. In dessen Unternehmen war er jahrelang Rechnungsrevisor und Mitglied des Verwaltungsrates.[40]
1938 trat er als Direktor und Verwaltungsrat in die Uebersee-Handel AG (Uhag) in Zürich ein. Ursprünglich war die Uhag für den Export von schweizerischen Werkzeugmaschinen hauptsächlich nach
Japan und China gegründet worden. In die Jahre der Tätigkeit Dr. Steigers fiel die durch die Uhag geschaffenen Neugründungen von selbständigen und unabhängigen Verkaufsgesellschaften in fast
allen Erdteilen, so in den Vereinigten Staaten, Kanada, Brasilien mit Direktverbindungen in die übrigen südamerikanischen Staaten sowie in Hongkong, Japan und Korea. Auf diese Weise beteiligte
sich die Uhag stark am Export von Werkzeugmaschinen. In Europa entstanden assoziierte Häuser in London, Paris, Madrid und Frankfurt.[41]
Später leitete Dr. Steiger als Präsident und Delegierter des Verwaltungsrates die Uhag im Werkzeugmaschinenhandel auf internationaler Basis. Er war bis zu seiner Pensionierung langjähriger
Vertreter des Regierungsrates des Kantons Zürich, in der Unterrichtskommission der Handelsschule des Kaufmännischen Vereins Zürich und Delegierter der Schweizerischen Handelskammer in China mit
Sitz in Shanghai.
Seit 1932 dozierte Charles J. Steiger an der Universität Zürich über die Privatwirtschaftslehre des Überseehandels, im Auftrag der Rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät, die ihm 1949 den
Ehrendoktor der Volkswirtschaft verlieh. Auf seinem Fachgebiet war er auch vielfältig publizistisch tätig. So verfasste er u.a. Schriften über die Finanzierung des Überseehandels mit
Britisch-Indien, über Kalkulation und Preisbildung im Überseehandel sowie ein Standardwerk über den Überseehandel selbst.[41]
Dr. Steiger war Ehrenmitglied der Rotary Clubs Zürich und Winterthur, ehemaliger Governor des Schweizer Distrikts und Vizepräsident von Rotary International. In letzterer Funktion bildete er
während des Zweiten Weltkrieges das Bindeglied zwischen den europäischen Rotary Clubs und dem Hauptsitz in Chicago. Er starb 1957 mit 71 Jahren in Zürich.[41]
1896-
1901
Emil Mühlestein (1886-1972), Gymnasiallehrer,
Chemiker, Musiker, Mitbegründer der Stadtbibliothek
Biel
Schüler am Progymnasium von 1896 bis 1901
Albert Emil Mühlestein wurde am 23. Januar 1886, in Biel als ältestes Kind des Uhrmachers Christian Emil Mühlestein (1859-1933) und der Frieda Mühlestein-Pulver (1860-1944) geboren. [36] Emil
besuchte in Biel die Primarschule und das Progymnasium. Da es damals in Biel noch kein Gymnasium gab und er aus finanziellen Gründen das Gymnasium in Bern nicht besuchen konnte, bildete er sich
am staatlichen Lehrerseminar Hofwil zum Primarlehrer aus.[72] 1901 nahm er am Wettbewerb des «Westschweizerischen Stenografentages in Langenthal» teil und
gewann das Diplom. Im März 1905 erhielt er in Howil das Lehrerpatent und unterrichtete zunächst an der Taubstummenanstalt in Münchenbuchsee. Dort war er auch Mitglied der
Aufsichtskommission. Danach wurde er Lehrer an der Primarschule Madretsch. Parallel dazu studierte an den Universitäten Bern und Neuchâtel und erwarb 1910 das Sekundarlehrerpatent in
mathematisch-naturwissenschaftlicher Richtung. Ab dem gleichen Jahr unterrichtete er während sieben Jahren an der Sekundarschule Nidau.[72] Am 21. März 1914
veröffentlichte er im Korrespondenzblatt des Bernischen Lehrervereins eine Stellungnahme «Zur Revision des Prüfungsreglements für bernische Sekundarlehrer». Als Sozialdemokrat setzte er sich für
die Anliegen und die Bildung seiner Parteikollegen ein.
Familie
Am 6. April 1912 heiratete er die Lehrerin Flavia Bertha Jobin von Les Bois. Sie ermöglichte ihm die Ausarbeitung seiner Dissertation und schenkte ihm einen Sohn, den späteren Basler
Gymnasiallehrer Hugo Mühlestein. Nach ihrem Tod 1937 heiratete er 1940 Clara Leibundgut, die als Chordirigentin und Klavierlehrerin seine musikalischen Interessen teilte.[72]
39 Jahre Lehrer in Biel
1917 wurde Emil Mühlestein als Fachlehrer für Mathematik und Naturgeschichte an das reorganisierte Progymnasium in Biel gewählt. 1923 unternahm er mit den Schülern eine dreitägige Pfingstreise
nach Basel, Schaffhausen und Stein am Rhein. Ab 1925 unterrichtete er als Hauptlehrer Chemie am Obergymnasium. Die Ausstattung der Laboratorien war für Biologie, Physik und Chemie minimal, so
dass die Schulkommission 1926 zur Verbesserung der Verhältnisse ein Kredit beantragte. Nun war es den Naturkundelehrern möglich, bescheidene Laboratorien einzurichten. Da die Schule nur über
einen kleinen Chemieraum verfügte, mussten die Biologie- und Physiklehrer weiterhin die Pulte der Aula und die Fensterbänke für Schülerübungen und Experimente benutzen. 1928 war sein Thema an der
Promotionsrede «Die Jugend grosser Chemiker». 1956 trat er vom Schuldienst zurück. Es sorgte dafür, dass am Gymnasium für die Typen A und B Praktika in Physik und Chemie durchgeführt werden
konnten.[72]
Gründung der wissenschaftlichen Bibliothek
Während des Ersten Weltkrieges fanden sich in Biel einige Intellektuelle zusammen, um die Stadtbibliothek, die nur belletristische Werke führte, mit einer wissenschaftlichen Abteilung zu
erweitern. Dazu waren jahrelange Planungen und Geldbeschaffungen nötig. Emil Mühlestein wurde zum aktivsten Förderer des Unternehmens. Dabei kam ihm sein erstaunliches Gedächtnis für Buchtitel
zugute. Als das Ganze erfolgreich Gestalt angenommen hatte und die neue Bibliothek zusammen mit der bisherigen die Form einer öffentlichen Stiftung annahm, wurde er langjähriger Präsident des
Stiftungsrates. 1922 fand im Rüschli die Eröffnungsfeier der wissenschaftlichen Bibliothek statt.[72]
Neue Wege in der Kernphysik
1918 berichtete Mühlestein auf der Tagung der «Schweizerischen Physikalischen Gesellschaft» in Neuchâtel über die Ergebnisse seiner Versuche zur Reichweite der a-Strahlen in der
lichtempfindlichen Schicht von photographischen Trockenplatten. Unter der Leitung von Prof. Jaquerod (Neuchâtel) arbeitete er an einer Dissertation über «Die photographische Wirkung der
Alphastrahlen». 1921 konnte der erste Teil davon gedruckt werden, der zweite erschien erst 1961. 1922 gelang es ihm die 1915 von Kinoshita und Ikeuti erfundene Nadeltechnik zu verbessern. Er
tauchte die Platten nach der Impfung in Quecksilber, um sie vor parasitärer Strahlung zu schützen. Dadurch erhielt er sauberere «Halos», die eine genauere Messung verschiedener a-Reichweiten
ermöglichten. [69] Von 1924 bis 1960 war er Redakteur der «Annales Guébhard-Séverine». 1924 referierte Mühlestein in der wissenschaftlichen Bibliothek über die Alphastrahlen und ihr Verhältnis
zur photographischen Platte. Einleitend fasste er die wichtigsten Ergebnisse auf dem Gebiet der neuen Atomistik und über die Natur der radioaktiven Substanzen zusammen und berichtete über eigene
Untersuchungen mit Alphastrahlen, die ihn in die schwierigsten Probleme der Photochemie geführt hatten. Er kam zu dem Resultat, dass, obwohl für das menschliche Auge unsichtbar, die genannten
Strahlen in wesentlichen die lichtempfindliche Schicht der photographischen Platte in gleicher Weise beeinflussen wie das gewöhnliche sichtbare Licht. Interessant waren auch die Ergebnisse über
die Strukturveränderungen der Gelatine durch die X-Strahlen, die im direkten Gegensatz stehen zu den durch die Kanalstrahlen hervorgerufenen. Zur Veranschaulichung dienten
Mikrophotographien.[68] In den «Annales Guébhard-Séverine» veröffentlichte er 1930 «L’antagonisme des radiations dan leurs effets sur la plaque
photographiques d’un bombardement intense par des particules chargées».[72] Am 31. Oktober 1945 hielt er im Berner Volkshaus den Vortrag «Die Atombombe, ihre
naturwissenschaftliche Grundlage».
Mitgliedschaften
Seit 1913 war Mühlestein Mitglied der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft und 1961 Mitbegründer der Sektion Biel. Als Musikliebhaber unterstütze er ab 1906 während 56 Jahren als
Bratschist und Dirigent das Bieler Orchesters. Während 8 Jahren war er Rechnungsrevisor des Bieler Kunstvereins.
Sprichwörter-Experte
Mühlestein beschäftigte sich intensiv mit der italienische Sprache. Er nutze diese Kenntnis, um über 7800 italienische Sprichwörter zu sammeln, zu übersetzen und zu katalogisieren. Er starb am 6.
August 1972.[72] L
1896-
1901
Gebhard Pfund (1866-1961), Erdbebenopfer von San Francisco
Turnlehrer am Gymnasium Biel von 1896 bis 1904
Am 18. September 1866 in Biel geboren, absolvierte Pfund die Schulzeit und erlernte zuerst das Handwerk seines Vaters. Um Turner zu werden ging er nach Deutschland und bildete sich beim bekannten
Turninspektor Maus aus. Um als Lehrer zu arbeiten bereitete er sich in verschiedenen Spezialkursen darauf vor und erhielt in staatlicher Prüfung den Lehrerausweis. Wieder in Biel erteilte er den
Turnunterricht am Progymnasium für die deutschen und französischen Klassen. Als sein Vorgänger Wächli zurücktrat, entschloss sich die Schule sämtliche Lehrstellen, die sich auf drei Lehrer
verteilten, zu einer eigentlichen Turnlehrerstelle zu vereinen. Da Hauptmann Steiner als Instrukteur vom Korps zurücktrat, wurde Pfund auch der militärische Unterricht übertragen. Dies war zu
einem Zeitpunkt als die Behörden im Begriff waren, das 1872 entstandene Reglement über das Kadettenwesen einer Revision zu unterwerfen. Es entsprach den Verhältnissen in verschiedenen Beziehungen
nicht mehr. Vor allem der Tatsache, dass der militärische Unterricht für die Schüler des Progymnasiums verbindlich und ein Bestandteil des Unterrichtplans war. Des weiteren, das nach Paragraph 4,
das Turnen ausschliesslich dem Entscheid der Schulkommission unterlag.
Unter Pfunds Leitung erhielt das Kadettenkorps eine moderne Bewaffnung. Sein Können stellte er auch dem Stadtturnverein zur Verfügung. So amtierte er als Vizeoberturner, Oberturner und zuletzt
als Präsident. Ab 1896 wurde er Ehrenmitglied dieses Vereins.[34] 1897 beteiligte
er sich am Historischen Umzug Biels, indem er die Waffentänze für Knaben und die Blumenreigen der Mädchen einstudierte. 1899 wurde ihm eine Verlängerung der Frühlingsferien gestattet, damit er an
einem Instruktionskurs für den schwedischen Turnbetrieb in Stockholm teilnehmen konnte.
1904 erhielt er von der Schule Urlaub, um eine während längerer Zeit schon geplante Reise in die Vereinigten Staaten auszuführen. Ein Stellvertreter fand sich durch den Sekundarlehrer von
Grünigen aus Bern. Eine günstige Aussicht auf eine Arbeitsstelle hielt ihn in Amerika fest. Er verlangte und bekam seine Entlassung und wurde durch Cäsar Zimmer, Oberturner de Stadtturnvereins,
ersetzt. Pfund zog mit seiner Frau Marie Pfund-Zimmer und seiner Tochter nach Amerika, nach Oakland (bei San Francisco). [34] 1905 wählte ihn die kalifornische Staats-Universität in Berkeley zum Turnlehrer. Die Anstalt wurde von etwa 2500 besucht. Als
1906 ein schreckliches Erdbeben San Francisco zu verwüsten drohte, wurden Gebhard Pfund und seine Familie nicht verschont und verloren ihren gesamten Besitz. Auch das Rhabilleurgeschäft seines
Bruders Emil wurde zerstört.[35] 1941 siedelte er nach San Diego (Kalifornien)
über, wo er bis zu seinem Ableben blieb. Er starb 1961 mit 95 Jahren.[34]
1896-
1904
Hans Mühlestein (1887-1969), Bieler Lyriker, Dramatiker, Kulturphilosoph, Historiker, Übersetzer, Schauspieler und
Schriftsteller
Schüler vom Progymnasium Biel von 1897 bis 1902
Hans Mühlestein kam am 15. März 1887 zur Welt. Nach dem Besuch des Progymnasiums in Biel lernte
er von 1902 bis 1906 den Beruf des Primarlehrers am Seminar in Hofwil. In dieser Zeit wurden auch der spätere Bundesrat Ernst Nobs (1886-1957) und der zukünftige Volkspädagoge Fritz Schwarz
(1887-1958) zum Lehrer ausgebildet. Die drei Freunde trafen sich regelmässig im von ihnen gegründeten «Friedensverein» und Abstinentenverein «Felizitas». Da sie verpflichtete waren im Konvikt zu
wohnen, rebellierten sie gegen die bestehende Seminarordnung.[50] Fritz Schwarz erinnerte sich: «Im Krankenzimmer des Konvikts in Hofwil las Mühlestein 1903
Schopenhauer, ‹Die Welt als Wille und Vorstellung›, da lernte ich ihn kennen, als ich mich krank meldete, um in Ruhe Henry Georg, ‹Fortschritt und Armut› lesen zu können. Dann brachte er eines
Tages Chariot Strasser (1884-1950) mit nach Hofwil, und der las uns sein Gedicht ‹Ein Sehnen› vor. Es war für die Sentimentalen unter uns ein Erlebnis, andere spöttelten. Bei der Abschlussprüfung
wollte ein Experte Hans Mühlestein durchfallen lassen, weil er nach einer Viertelstunde ein Gedicht statt eines Aufsatzes ablieferte und dann spazieren ging: das Gedicht reime sich hinten nicht
und sei daher wertlos, soll der Experte gesagt haben.»[56]
1897-
1902
Verliebt in Fanny Walser
Nach Reisen in verschiedene Länder, begann er ab 1906 eine Lehre in Allmendingen bei Thun. In diesem Jahr veröffentlichte er als 19jähriger sein erstes Gedichtband «Ein Buch Gedichte», der von
Joseph Victor Widmann begeistert besprochen und mit dem Preis der Schweizerischen Schillerstiftung ausgezeichnet wurde. [58] Das Band widmete er seiner Freundin Fanny Walser, der jüngsten
Schwester des Dichters Robert Walser, die er
oft in ihrem Haus an der Quellgasse 17 in Biel oft besuchte. Das Haus wurde inzwischen abgerissen. Charles Linsmayer im BT: «Die Beziehung schien allerdings in einem Fiasko geendet zu haben, denn
Mühlestein soll seine Allmendinger Lehrerstelle nach einem halben Jahr mit einer Fahrkarte nach Rom fluchtartig verlassen haben, um von der aussichtslosen Beziehung zu der fünf Jahre älteren
Fanny Walser loszukommen.»[70]
1907 las Mühlestein an der Sitzung des Literarischen Klubs in Zürich einige ungedruckter Gedichte und die dramatische Skizze «Giorgione» vor. Die NZZ vom 19. 2. 1907 bemerkte: «Die jugendliche
Erscheinung des erst neunzehnjährigen Dichters bildete einen merkwürdigen Gegensatz zu der künstlerischen Reife mancher seiner Gedichte, die Tiefe und Kraft der dichterischen Phantasie vereinigen
mit einem ungewöhnlich hohen Grad der Formvollendung.»
Zwischen 1907 bis 1914 veröffentlichte er in verschiedenen Zeitungen und Büchern folgende Gedichte: Märzlied (Thuner Wochenblatt, 20. 3. 1907), Gedichte in Raschers Jahrbuch (1909), Religiöse
Gedichte aus einem Übergang (Die Schweiz, Band 14, 1910), Die Glücklichsten (Die Alpen, Dezember 1910), Neue schweizerische Lyrik (Die Alpen, April 1911), Es fiel ein Licht auf deinen Weg (Die
Schweiz, August/September, 1914)
«Ich schau die Erde und ihren Lauf.
Doch tut sich festlich der Himmel auf,
Dann seh‘ ich Millionen Sonnen.
Die bisher unserem Blick entronnen.
Ich sehe grosse Kometen schweifen,
Die unser Weltlei in sich begreifen.
Der ganze Himmel in Majestät
Ist selbst ein grösserer Welt Komet.»
Hans Mühlestein, Die Glücklichsten, Auszug [57]
1907 begann er an der Universität Zürich ein Studium der Geschichte und Philosophie, das er in Jena, Berlin, Göttingen und Frankfurt am Main fortsetzte. Von 1907 bis 1909 war er Hauslehrer in Dresden bei der Witwe Alice Wachsmuth-Harlan (1869-1932) und in Wickersdorf und von 1909 bis 1910 Privatsekretär des Reichstagsabgeordneten Friedrich Naumann (1860-1919).[36]
Von 1912 bis 1913 war Mühlestein Dramaturg am Berliner Societätstheater.[36] Im Oktober 1913 heiratete er Alice Harlan, von der er sich später scheiden liess. Sein erstes historisches Versdrama «Die Eidgenossen, ein Rückzug aus der Weltgeschichte» (Marignano) schrieb er 1912 im Fextal. Inspiriert wurde Mühlstein durch Ferdinand Hodlers Kunst. Sein Erstlingswerk wurde 1912 in Berlin uraufgeführt. Das Drama, das nur für Männer geschrieben wurde, schilderte der Zusammenbruch der Schweizer Weltpolitik in den Mailänderkriegen. Der Held ist Kardinal Schinner, um den sich zwölf weitere Eidgenossen scharen. Professor Dr. Erich Schmidt soll sich sehr für das Stück interessiert haben. Die Nachricht erregte Aufsehen in der Schweizer Presse. Ein weitgehend unbekannter Schweizer Autor wurde an einer Bühne aufgenommen und von Berlin aus als gut empfohlen. Nun horchten alle auf: «So, so, in Berlin, ja dann…!»[61] Am 11. November 1912 stellte er «Die Eidgenossen» im Rathaussaal in Biel vor. In der Schweiz sollte das Werk im August 1914 auf der grossen Bühne der Berner Landesausstellung, unter dem Patronat einer Spezialkommission (u. a.: C. A. Bernouilli, Gonzaguc de Reynold, Adolf Frey, Ferdinand Hodler etc.) uraufgeführt werden. Da machte der Ausbruch des Weltkrieges diese bereits in vollem Gange befindliche Veranstaltung zunichte. «Die Eidgenossen» wurden dann 1920 im kleinen Pfauentheater in Zürich, trotz höchst unzureichenden Mittel (von 25 Rollen wurden 7 wegen Personalmangels gestrichen) mit Erfolg uraufgeführt.[48]
«Hodlers stärkstes Ethos ist das der Gemeinschaft!»
Hans Mühlestein, Wissen und Leben, Band 14, 1914, S. 98
Erste Hodler-Biografie
Von 1910 bis 1914 arbeitete Hans Mühlestein im engem persönlichen Kontakt mit dem Künstler Hodler an einer Monographie, die 1914 im Kiepenheuer-Verlag, Weimar, als wahrer «Buchquader» und erste
Hodler-Biographie erschien. Der Untertitel lautet: «Ein Deutungsversuch». Hodler hatte auch Mühlestein porträtiert. Mühlesteins 1917 erschienenes Buch «Kosmische Liebe» gestaltete Hodler mit.
1942 erschien von Mühlestein in Zusammenarbeit mit seinem Freund Georg Schmidt (1896-1965) die Neubearbeitung «Ferdinand Hodler. Sein Leben und sein Werk» im Eugen Rentsch Verlag.
Deutscher Propagandaexperte während des Ersten Weltkriegs
Während des Ersten Weltkriegs nahm Mühlestein in Deutschland an der Antikriegsbewegung des Philosophen Nelson teil und sympathisierte mit dem deutschen Machtsystem. Es verfasste mehrere
Kriegspropagandaschriften. In der ersten vom September 1914 «Deutschlands Sendung eines neuen mitteleuropäischen Völkerbundes» forderte er: «Deutschland muss nicht nur England, sondern das ganze
übrige Europa mit der gepanzerten Faust des neuen Völkerbundes für immer zerschmettern.»[49] Er schrieb vom «uralten germanischen Kulturbrunnen», der
aufgebrochen sei und von einem umfassenden Mitteleuropa unter deutscher Führung mit Beteiligung der Schweiz. Das Buch wurde wie folgt beworben: «Diese Schrift eines Schweizers ist der erste
Grundstein in der öffentlichen Diskussion, die Prof. v. Liszt, der bekannte Rechtsprofessor, und Prof. G. Steffen als schwedischer Abgeordneter in ihren Vorträgen, sowie in- und ausländische
Pressestimmen bedeutsam angeregt haben. In gewaltigen Zügen schildert Mühlestein in 3 Abschnitten den Werdegang des deutschen Volkes, seine Zerrissenheit, staatliche Einigung, den
deutsch-englischen Kampf als Kulturkampf zweier Weltalter, um zuletzt in ‹Deutschlands Sendung› uns die Führerschaft in einem mitteleuropäischen Staatenbund, einem Bund des Herzens und
unmittelbaren Bekennens zu demselben Kulturpanier anzutragen.»
1915 lautete seine prophetische zweite Kriegsschrift: «Der Vorrang der deutschen Staatsidee und ihr Sieg in Europa». Darin forderte er auf Seite 28: «Deutschland darf nicht nur das alte Europa
durchbrechen und zertrümmern, sondern muss ein neues Europa aufbauen.»
Da Mühlestein sich immer häufiger in Deutschland aufhielt und dort politisierte, wurde er in der Schweiz immer unbeliebter. Im Juli 1915 kam es zum Eklat, als sich ein Kunstkritiker der «Basler
Nachrichten» über Mühlesteins Abhandlung zu Hodler empörte: «Wenn Mühlestein schreibt: ‹Aber nicht nur für jeden Deutschen, sondern für jeden gerechten Menschen, sei keine andere Haltung möglich
als die rückhaltlose Parteinahme für die grosse deutsche Sache›, und wenn er im gleichen Verlag Kiepenheuer seine Schrift ‹Die deutsche Mission, eine neue Liga der zentraleuropäischen Völker›
veröffentlicht, so ist er vom neutralen Standpunkt abgewichen, den jeder Schweizer einnehmen sollte, und man wird ihn nicht mehr als schweizerischen Schriftsteller betrachten können.» Dem
widersprach u.a. Eberhard Fischer, Professor für Theologie an der Universität Basel: «Man kann auch ausländischen Einflüssen erliegen und trotzdem noch ein guter Schweizer
sein.»[62]
Eine dritte Kriegsschrift, unter dem Einfluss des Philosophen Leonhard Nelson geschrieben, befasste sich mit der «Europäischen Reformation» und verschob Mühlesteins politischen Standpunkt in
Richtung eines übernatürliches Ideals. Die Schrift erschien, verzögert durch die Zensur, kurz vor dem Ausbruch der Revolution in Deutschland. [66]
1917 war er in Göttingen Mitbegründer und Mitarbeiter des Internationalen Jugendbundes. [36] Nach diversen Vorträgen von Hans Mühlestein wurde 1917 in Weimar eine «Vaterländische
Gesellschaft in Thüringen» gegründet. Sie bezweckte die Vertiefung des Deutschtums und die Pflege des deutschen Einheitsgedankens im Sinne der Volkskundgebung vom August 1914 sowie die Gründung
von Arbeitsgemeinschaften in allen Städten Thüringens.
Franz Keller in Der Bund: «Aber bald musste Mühlenstein erkennen dass die tragenden Kräfte nationalistisch und imperialistisch waren und keine Gewähr boten dass ihr Sieg zu einem europäischen
Bundesstaat führen würde. Daher klagte er im ‹Ausblick auf Europa im Geiste des Wartburgfestes 1917› der deutsche Nationalismus sei unersättlich und sprach die prophetische Worte: Auch noch so
grosse Menschenopfer, die dieser ungeheuerliche Krieg ihm bringt werden den Nationalismus niemals sättigen. Er droht dadurch nur umso unersättlicher zu werden. Damit aber wird er zu der
eigentlichen Gefahr für jeden Geistesfortschritt in der Geschichte der Menschheit.»[42] Im November 1918 beteiligte sich Mühlestein an der Revolution
in Hannover. Im Dezember 1918 nahm er Kontakt zu den wichtigsten Führern der sozialistischen Bewegung in Berlin auf und wurde in den Arbeitsausschuss der Deutschen Liga für den Völkerbund
gewählt. Ein Versuch, Erzberger zu stürzen, scheiterte, worauf Hans Mühlestein aus dem Ausschuss ausgeschlossen und ausgewiesen wurde. Er kehrte 1919 in die Schweiz zurück und liess sich in
Silvaplana nieder.[60]
Studien über die Etrusker
Nachdem bei seinen Studienreisen in Italien sein Interesse für etruskische Kunstwerke geweckt wurde, widmete er sich ab 1920 der Etruskerforschung. 1928 promovierte er in Zürich über etruskische
Kunst und veröffentlichte das bei Kritikern und Lesern erfolgreiche Sachbuch «Die Geburt des Abendlandes». [58] Im gleichen Jahr folgten mehrere
Lichtbildervorträge über die Kunst der Etrusker, über die er erzählte: «Ich bringe eine Anzahl ausgewählter Diapositive etruskischer Kunst, um damit die Geistesart des letzten mittelmeerischen
Urvolks, das noch in die Geschichte im engeren Sinne hereinragt, in unmittelbar begreiflicher Weise zu veranschaulichen.»[47] 1929 veröffentlichte er mit
«Die Kunst der Etrusker» sein erstes grosses Werk über dieses Thema; später folgten «Über die Herkunft der Etrusker» (1929), die «Die verhüllten Götter» (1957) und «Die Etrusker im Spiegel ihrer
Kunst» (1969).[58]
1924 heiratete er die Bündnerin Anita Pidermann (1900-1994). 1925 erschien in München sein Buch «Russland und die Psychomachie Europas», ein Versuch über den Zusammenhang der religiösen und der
politischen Weltkriese.
Stonehenge
Von 29. Oktober bis 10. November 1929 befasste er sich in einer Artikelserie für die Zürcher Zeitung mit Stonehenge. Im letzten Teil «geht es nicht nur um die reale
Entstehungsgeschichte und die astronomische Orientation dieses wunderbarsten erhaltenen prähistorischen Sonnentempels, sondern um einen charakteristischen Zug, der von seinem rein
architektonischen Antlitz aus der Tiefe geheimnisvoller religiöser Symbolik eingeprägt ist.» verdeutlichte Mühlestein.[45]
1930 erhielt er von der Universität Frankfurt am Main einen Lehrauftrag für die Vorgeschichte der Kultur der Menschheit und liess sich in dort mit seiner Celeriner Ehefrau Annigna Piderman
nieder. [59] Später wirkte er als Ordinarius für Geschichte der Kultur der Menschheit in Leipzig. Hans Mühlestein eröffnete 1930 eine Artikelserie über den Ursprung der Kunst und der Kultur in
«Cahiers d’Art».
Kampf gegen die Nationalsozialisten
1932 sah sich Mühlestein in Frankfurt in Konflikt mit den Schikanen der Nationalsozialisten ausgesetzt. Sie drangen mit Ketten und Schlagringen bewaffnet in die Universität ein und griffen
antifaschistische Studenten an. Daraufhin schlossen sich die demokratischen Studenten zu einer Protestkundgebung zusammen, die in einer Einheitsfront von katholischen bis zu kommunistischen
Studenten stattfand. Als einziges Mitglied des Lehrkörpers nahm Mühlestein an dieser Kundgebung teil. Mühlstein lehnte es ebenfalls ab, sein Seminar jüdischen Studenten zu verschliessen. Die
Rückgratslosigkeit der Professoren veranlasste ihn zum Rücktritt.[55] Mühlestein musste mit seiner Frau schleunigst in die Schweiz zurückkehren. Seine
politische Erfahrung drängte ihn immer weiter nach links.
Mühlestein wird Kommunist
Mühlestein begann sich für den Kommunismus zu interessieren, trat 1932 in der Schweiz in die Kommunistische Partei ein und lobte wiederholt die Verhältnisse in der Sowjetunion. Diese Haltung beendete seine akademische Laufbahn. Selbst Verleger für seine Bücher zu finden, erwies sich als schwierig.[52] Er ging nach Moskau und kam mit Joseph Stalin in Kontakt. Er hatte über Stalin eine Biographie herausgegeben, die den «roten Zaren» in einem viel humaneren Licht erschienen liess, als das dies die meisten anderen Beschreibungen tun.[44] Mühlestein war eng befreundet mit dem ebenfalls zu Kommunismus hingezogenen Schriftsteller Romain Rolland (1866-1944). Einmal beklagte er sich bei Mühlestein, dass der Bundesrat fieberhaft nach Gründen suche, um ihn «auf anständigste Weise loszuwerden». Darum würden sein Haus und seine Besucher ständig von Polizeiagenten überwacht und er sei sicher dass jemand seine Briefe lese und fotokopiere.[43]
Schweizer Uraufführung von «Menschen ohne Gott»
1932 führte das Basler Stadttheater unter Dr. Oskar Wälterlin Regie, Mühlesteins Drama in drei Akten «Menschen ohne Gott» auf, das im Bühnenvertrieb des S. Fischer-Verlags in Berlin unter dem Titel «Christus bei den Sowjets» und unter dem Pseudonym Alex Brandis erschien. Mühlestein, der es 1931 in Italien geschrieben hatte, spielte in dem Stück den Generalsekretär Palin (Stalin).[46] Die Geschichte behandelte das Problem des religiösen Lebens, den Kampf des Sowjetstaates um die Seelen der Gläubigen. Walter Muschg schrieb in «Die Literatur»: «Die Uraufführung dieses von grossen Schwingen getragenen Zeitstücks war das seit langem bedeutendste Ereignis der schweizerischen Bühne.»
Auszeichnung für «Der Diktator und der Tod»
1933 las Hans Mühlestein im Stadttheater Biel aus seinem Drama «Der Diktator und der Tod».[36] Danach übergab er sein Werk, ein Bühnengedicht in vier Akten, dem Berner Stadttheater zur Uraufführung. Es war «dem Genius der rätoromanischen Schweiz» gewidmet und behandelte die Geschichte des Bündner Patrioten Jürg Jenatsch, der während des Dreissigjährigen Krieges eine wichtige Rolle spielte und zeitweise die Bündner Politik bestimmte. Mühlestein übernahm die Hauptrolle und erhielt für dieses Drama 1933 den Welti-Preis.
Inserat vom Journal du Jura 25. Januar 1933.
Aurora
1935 veröffentlichte Hans Mühlestein in der Schweizer Büchergilde Gutenberg Aurora, einen politischen Roman, der einen spektakulären authentischen Madrider Justizfall mit dem gegen die
republikanische Regierung gerichteten Aufstand der asturischen Bergarbeiter 1934 verband. Titelheldin des Romans ist Aurora Rodríguez, die 1933 ihre 18-jährige Tochter und kommunistische
Agitatorin Hildegart Rodríguez angeblich mit deren Zustimmung tötete, um der Bewegung eine Märtyrerin zu verschaffen.[58] Die Büchergilde Gutenberg zeichnete
Aurora 1935 mit dem grossen Dramenpreis aus.
Hans Oprecht in Die Nation: «Es gibt wenig Bücher, mit denen man sich derart intensiv auseinandersetzen muss, als Intellektueller, als Sozialist und vor allem als Humanist. Aurora ergreift in ihrer Menschlichkeit, in ihrem Kampf um die Idee der Humanität die letzte Faser des Herzens.»[73]
Solidarität für Spanien
700 Freiwillige kämpften im Spanischen Bürgerkrieg auf der Seite der Republikaner gegen den Faschisten Franco. Darunter auch Hans Mühlestein, der 1936 öffentlich zum Kampf aufgerufen hatte. In
der Schweiz leitete er die Solidaritätskampagne für das republikanische Spanien. An einer Sympathiekundgebung am 21. August 1936 im Berner Volkshaus griffen Mühlestein und der
Gemeinderatskandidat Dr. Giovanoli die Neutralitätspolitik des Bundesrates an. Giovanoli rief dem Gesamtbundesrat zu: «Abtreten, sofort!» und legte zusammen mit Mühlestein der Versammlung eine
Resolution vor, die in der Aufforderung gipfelte, nicht neutral zu sein.[63]
Mühlestein erinnerte daran, dass «1923-1925 einer der grössten Industriellen von Bilbao Waffen an Hitler lieferte, der sich jetzt mit seinen Bombenflugzeugen revanchiert. General Sanchurio wohnte sechs Wochen lang als persönlicher Gast Hitlers im Kaiserhof in Berlin; schon 1931 konferierte er mit dem deutschen General von Maerker in Lissabon, wo die Taktik der hohen Militärs festgelegt wurde, bis zum letzten Moment republikanisch zu erscheinen. Als die Truppen aus der Strasse standen, erfuhren sie den richtigen Sachverhalt, dass sie gegen die Republik eingesetzt werden sollten, und wer in dem Moment nicht mitmachte, wurde wegen Dienstverweigerung, Landesverrat oder was man ihnen sonst noch sagte, sofort erschossen.» Anschliessend wurden an den Präsidenten der spanischen Republik, Azana, und die Generalidad Kataloniens Sympathietelegramme gesendet. An den Bundesrat wurde die Forderung gerichtet, es seien die nächtlich über schweizerischem Gebiet fliegenden deutschen Flugzeuge gemäss internationalem Luftrecht durch Anordnung von Zwangslandungen einer Kontrolle zu unterziehen.[65]
Die Rede Mühlesteins wurde oft ungenau in zahlreichen Zeitungen der Arbeiterschaft publiziert: so in Volksrecht (19. Aug.), Kämpfer (20. Aug.), Seeländische
Volksstimme (21. Aug.), Berner Tagwacht (24. Aug.) und der Winterthurer Arbeiterzeitung (25. Aug. 1936). [73] Die Solidaritätskampagne wurde am 25. August 1936 durch einen neuen
Bundesratsbeschluss verboten:
«Wer zur Teilnahme an den Feindseligkeiten in Spanien aus der Schweiz ausreist oder hierzu Anstalten trifft,
wer insbesondere Geldsammlungen zuhanden an wohltätige Zwecken vorbereitet oder durchführt,
wer öffentlich zu einer Widerhandlung gegen diesen Bundesbeschluss auffordert oder anreizt,
wird mit Gefängnis bis zu sechs Monaten oder mit Busse bis zu Fr. 10‘000 bestraft.
Beide Strafen können verbunden werden.»
Die Tätigkeit Mühlesteins führte schliesslich zu einem Strafverfahren, dem so genannten Spanienfahrer-Prozess, über den die Zeitschrift Soldat am 7. Januar 1937 berichtete: «In Zürich-Oerlikon
fand am 4. August eine von der kommunistischen und sozialdemokratischen Partei einberufene Kundgebung für Volksfrontspanien statt. Referent war Dr. Mühlestein. In zündender Rede sprach er u. a.
davon, wie sehr die spanische Volksfront Waffen, Flieger und Mechaniker benötige und wie das französische Volk sich von seiner Regierung nicht mehr abhalten lasse, das bedrohte Spanien tatkräftig
durch Waffen- und Freiwilligentransporte zu unterstützen. Am Schluss der Kundgebung fragten einige Arbeiter den Referenten, wie sie nach Spanien gelangen könnten. An Stelle einer sofortigen
Auskunft überreichte dieser ihnen seine Adresse. Einer der Fragesteller sprach in der Folge bei Dr. Mühlestein vor und teilte ihm seine Absicht mit, nach Spanien zu reisen. Dr. Mühlestein brachte
den angehenden Milizionär mit einem deutschen Flüchtling zusammen, der als Fliegerleutnant für die spanische Regierung kämpfen wollte. Er versah die beiden mit etwas Geld und wies sie an die
spanische Botschaft in Paris». Wegen dieser Tätigkeit wurde Mühlestein vom Militärgericht am 15. März 1937, an seinem 50. Geburtstag, zu einen Monat Gefängnis in Pfäffikon verurteilt. Zudem
wurden ihm für zwei Jahre seine bürgerlichen Rechte entzogen. Mühlestein: «Meine an zahlreichen Kundgebungen gehaltene Reden zugunsten des Freiheitskampfes der demokratischen, republikanischen
Regierung Spaniens und das dazugehörige Manifest waren meine wahren Verbrechen.»[73]
«Ob ich mehrere Wochen oder mehrere Monate hinter Kerkermauern verbringen werde,
ist bedeutungslos. Ich bin und bleibe, ausserhalb wie innerhalb der Kerkermauern, produktiv.»
Hans Mühlestein [54]
Am 1. Mai 1937 gab es eine grosse Kundgebung auf dem Barfüsserplatz Basel, für die Mühlestein die Rede «Spanien und wir: die Schweiz und Europa» vorbereitet hatte. Er schrieb danach in seiner Zelle 8 ein Manifest zu dieser Rede. Im Vorwort bemerkt er: «Die nachfolgende Rede ist zwar nach ausführlichen Aufzeichnungen, jedoch weitgehend frei gehalten worden. Sie wurde, ebenfalls in freier Form, auch an der Maifeier des Gewerkschaftkartells Baselland in Muttenz gehalten. Die mir aufgezwungene Musse im Gefängnis habe ich gern dazu benutzt, die für diese Rede gemachten Aufzeichnungen zu bearbeiten und sie möglichst genau dem thematischen Gang der wirklich gehaltenen Rede anzupassen. Am 22. Mai erreichte mich das Verbot des Staatsanwalts, meine Maifeier-Rede hier im Gefängnis niederzuschreiben oder sie von hier aus zum Druck zu befördern. Ich kann mich dabei eines Lächelns nicht erwehren. Meine Rede war bereits niedergeschrieben, als mich das Verbot des Staatsanwalts erreichte. Dieser trägt also nur die Verantwortung für die Verzögerung der Drucklegung um zwei Wochen.»[73]
Während der Haft verstarb sein Schwiegervater Luigi Pidermann-Ganzoni und er erhielt für zwei Tage Urlaub, um an der Beerdigung in Celerina teilzunehmen.[52] Ab August 1937 wurde Hans Mühlesteins Manifest «Spanien und wir - Die Schweiz und Europa» auf Anordnung der Generaldirektion der S. B. B. und auf höheren Befehl des
Bundeshauses in den Bahnhofsbuchhandlungen nicht mehr öffentlich aufgelegt.
1937 hielt sich Mühlestein während 14 Tagen mit dem internationalen Verband zur Verteidigung der Kultur in Spanien (Barcelona, Valencia, Madrid und verschiedene
Sektoren der Freiheitsfront) in Spanien auf. Seine Eindrücke schilderte er an öffentlichen, voll besetzten Versammlungen, so auch am 24. August 1937 in Biel im Volkshaus. Anstelle des
Eintrittsgeldes sollten die Teilnehmer ein Stück Seife, Milchpulver oder Kondensmilch spenden, die in Spanien dringend benötigt wurden. Von Madrid berichtete er: «Nirgends in ganz Spanien wird
einem die verbrecherische Absurdität der Kriegsbrandstiftung der eidbrüchigen, von Mussolini und Hitler im Dienst des Weltkapitalismus angeworbenen Generale der spanischen Feudalität so
erschütternd, so fast unerträglich klar, wie in der aus allen Eingeweiden blutenden Universitätsstadt von Madrid! Herrlich ausgestattete, bereits fertig installierte Lehrsäle, wahre Amphitheater
der Wissenschaft, sind von deutschen und italienischen 200-Kilogramm-Fliegerbomben von oben bis unten ausgeweidet, wie ein geschlachteter Ochse! Die zersplitterten Ränderreste der aufsteigenden
Halbkreise der Bankreihen krallen sich verzweifelt in die gähnende Wüste des Bombenschachtes, der durch acht Stockwerke bis in den Keller geschlagen ist. In einem heil geblieben Lehrsaal wird
täglich eine Volksschule für die fortgeschrittenen Milizen abgehalten, dicht daneben liegt die Front.»[67] Im Oktober konnte er in Genf keine Rede halten, da
Mühlestein nicht im Besitz seiner bürgerlichen Rechte war. Als er daraufhin ein Telegramm an den Präsidenten der Kundgebung schickte, zensierte die schweizerische Telegraphen-Direktion das
Telegramm, in dem sie es dem Empfänger nicht zustellte.
Ruth Dreifuss erzählte an einer Ausstellung in Erinnerungen an das schweizerische, sozialistische Engagement zur Verteidigung der demokratischen Republik Spanien:
«Die damalige Landesregierung hatte die Solidarität des Schweizervolks behindert und ihre Haltung neutralpolitisch begründet. Die zurückgekehrten Spanienkämpfer mussten teilweise
unverhältnismässig hohe Gefängnisstrafen absitzen und ihnen wurde eine Amnestie immer verweigert. Die Freiwilligen verteidigten die Demokratie gegen die Diktatur, die ganz Europa bedrohte. Der
sozialistische Schriftsteller Hans Mühlestein formulierte in einem Aufruf das Ziel der schweizerischen Solidarität treffend, er schrieb: ‹Rettet die Spanische Republik und Demokratie aus den
Franken des raubsüchtigen Faschismus, so rettet ihr eure eigene Republik und Demokratie, eure eigene Freiheit! So richtet ihr den entscheidenden Damm auf gegen das Vordringen der Sturmflut des
Weltfaschismus.›»[51]
Der grosse Schweizerische Bauernkrieg
1942 veröffentliche der Nebelspalter sein Gedicht «Sommermorgenwind» und er schrieb sein Buch «Der grosse Schweizerische Bauernkrieg»: 1653 zogen Zehntausende von Bauern gegen die Grundherren in
den Krieg. Ihr Aufstand erschütterte die feudal-aristokratische Herrschaft der damaligen Schweiz in ihren Grundfesten. Hans Mühlestein beleuchtete diesen bisher vernachlässigten Abschnitt der
Schweizer Geschichte und zeigte dessen Klassenhintergründe auf. Das vergriffene Werk wurde 1977 mit finanzieller Unterstützung der Zürcher Stadtverwaltung neu aufgelegt.
Politisieren für den Kommunismus
Als Antifaschist und Kommunist sprach Mühlestein am 26. November 1942 im Zürcher Volkshaus vor 1500 Teilnehmern an der öffentlichen Kundgebung «Grenzen des Staatschutzes. Gegen Schutzhaft und
Konzentrationslager in der Schweiz». Die Linksorganisation, der er angehörte, wurde bald verboten. Als Mühlestein in Genf am 13. Juni 1943 als Redner an einer verbotenen Versammlung
teilnahm, wurde diese von der Polizei aufgelöst. 1944 lancierte er eine Petition für die «Gesellschaft zur Förderung und Pflege normaler Beziehungen zwischen der Schweiz und der Sowjetunion.» Die
Petition forderte, unverzüglich die notwendigen Schritte zur Aufnahme diplomatischer und kommerzieller Beziehungen mit der Regierung der UdSSR einzuleiten. Zwei Jahre später wurde Mühlestein zum
Präsident der Gesellschaft ernannt. Ab 1945 schrieb er für die kommunistische Monatszeitschrift «Sozialismus» mehrere Artikel. Am 25. April 1945 sprach Mühlestein in Zürich im Rahmen der
Vortragsreihe «Russland heute» über Maxim Gorki. Am November 1946 besuchte Hans Mühlestein die Tschechoslowakei. Er erörterte mit den Ministern Dr. Rejedly und Kopecky die Möglichkeiten zur
Vertiefung der gegenseitigen kulturellen Beziehungen. Danach wurde er zum Ehrenmitglied des Syndikates der tschechischen Schriftsteller ernannt. Der Verlag «Svoboda» (Freiheit) beschloss, drei
seiner Bücher in tschechischer Sprache herauszugeben.[64]
Visumsverbot
Als Mühlestein 1948 die Stelle als Ordinariat für Urgeschichte an der Universität Leipzig antreten wollte, erhielt er aus politischen Gründen kein Visum.
Werke im Selbstverlag
Hans und Anita Mühlestein lebten über 20 Jahre im Haus seines Schwiegervaters in Celerina. Dort gründeten sie den Selbstverlag Quos Ego. Der Name geht auf ein Zitat des Wassergottes Neptun
zurück. Mühlestein übersetzte in bibliophilen Ausgaben Gedichte von Dante Alighieri, Michelangelo, Vittoria Colonna (der Geliebten Michelangelos), Ilja Ehrenburg und Shakespeare
heraus.[53] Von Bedeuten war für ihn die Übersetzung eines Sammelbandes, der in Frankreich unter dem Titel «Au Lumière du marxisme» erschien. Es enthält eine
Reihe von Vorträgen, die Professoren der Pariser Mittel- und Hochschulen in der dortigen Gesellschaft für das neue Russland 1933/34 gehalten hatten. Sie bekannten sich alle zum marxistischen
Sozialismus. Mühlesteins Buch über die Reden und Befehle Stalins während des Krieges wurde von der Zensur verboten. Zu den Gästen welche die Mühlesteins in Celerina empfingen gehörten u.a. Hesse
und Thomas Mann.[42] 1957 erschien «Die verhüllten Götter», ein ausführlicher Essay über die Rolle der etruskischen Kunst beim Durchbruch der
Renaissance.
Hans Mühlestein starb am 15. Mai 1969 im Alter von 82 Jahren in Zürich. Anita Mühlestein hinterliess dem Engadiner Kulturarchiv in Samedan eine umfangreiche Sammlung
von Schriften und Werken ihres Mannes.[53] Sein Nachlass befindet sich in der Zentralbibliothek Zürich. Helmut Meyer schrieb Mühlesteins Biografie, die 2017
im Chronos Verlag erschien.
Schriften (Auswahl):
Ein Buch Gedichte (Bern 1906); Kosmische Gedichte (München 1914); Die Eidgenossen: ein Rückzug aus der Weltgeschichte in einem Akt (München 1914); Deutschlands Sendung: ein neuer
mitteleuropäischer Völkerbund (Weimar 1914); Ferdinand Hodler: ein Deutungsversuch (Weimar 1914); Der Vorrang der deutschen Staatsidee und ihr Sieg in Europa (München 1915); Bekehrt euch!:
politische Flugschrift geschrieben nach der Schlacht bei Leipzig, Herbst 1813 (München 1915); Der neue Geist im Völkerleben und seine Durchsetzung im Friedensschluss (Leipzig 1918); Die
Herrschaft der Weisen (Leipzig, 1918); Themenheft zur Schweizer Kunst (Weimar 1918); Europäische Reformation: Philosophische Betrachtung über den moralischen Ursprung der politischen Krisis
Europas (Leipzig 1919); Die Not der Zeit und die Verpflichtung der Jugend (Leipzig 1920); Ravenna redivival: ein Tagebucheintrag zum Dante-Jubiläumsjahr (Frankfurt am Main 1921); Europäische
Kulturgegensätze: Nord und Süd, Ost und West (Berlin 1922); Russland und die Psychomachie Europas (München 1925); 25 Jahre Gymnasium Biel 1902-1927, Gesang zur Feier des 25-jährigen Bestehens des
Gymnasiums in Biel (Biel 1927); Über die Herkunft der Etrusker (Berlin 1928); Die Geburt des Abendlandes (Potsdam 1928); Über die Ursprungsepoche de etruskischen Kunst unter; Berücksichtigung der
Herkunft der Etrusker (Leipzig 1928); Die Kunst der Etrusker: die Ursprünge (Berlin, 1929); Christus bei den Sowjets/Menschen ohne Gott (Berlin 1932); Der Diktator und der Tod: die Tragödie Jürg
Jenatsch. Bühnendichtung in vier Akten (Celerina, 1933); Aurora: das Antlitz der kommenden Dinge (Zürich 1935); Stella, oder Zehn Minuten vor zwölf: zeitgenössische „Commedia dell’Arte“ in drei
Akten (Zürich, 1937); Gudalajara: eine Niederlage des Faschismus (Zürich 1937); Gottfried Keller und der polnische Freiheitskampf 1863-1865 (Basel, 1937); Die Wissenschaft im Lichte des Marxismus
(Zürich 1937); Spanien und wir: die Schweiz und Europa: Rede gehalten am 1. Mai 1937 bei der einheitlichen Kundgebung auf dem Barfüsserplatz in Basel (Basel 1937); Istoričeskoe značenie voprosa
ob ėtruskach (Moskau 1938); Der grosse schweizerische Bauernkrieg 1653 (Celerina, 1942); Ferdinand Hodler: 1853-1918: sein Leben und sein Werk (Zürich 1942); Josif Stalin Reden 1939-1943
(Celerina 1943); Neues französisches Heldenlied von Jacques Destaing, Übersetzung (Zürich 1944); Courbet oder die Säule schwankt. Drama in vier Akten (Celerina, 1945); Gesammelte dichterische
Werke (Celerina 1945); Geist und Politik: Romain Rollands politische Sendung (Zürich, 1945); Das Erbe der Sowjetunion; Romain Rolland; Gruss der Zwanzigjahrfeier; Heinrich Mann; verwirklichte
Idee (Basel 1945); Arbeiter und Bauer: Vortrag (Basel 1945); V. Steiger gegen Stalin! (Zürich 1945); Die Goldbarren: ein Partsanendrama aus dem Revolutionsjahr 1848 in Italien in fünf Akten
(Celerina, 1946); Bauernschaft und Sozialismus (Berlin 1948); Ausgewählte Sonette der Vittoria Colonna, Übersetzung (Celerina 1950); Ausgewählte Dichtungen des Michelangelo Buonarroti,
Übersetzung (Celerina 1950); Florenz - die steinerne Geliebte (Celerina 1951); Die verhüllten Götter: neue Genesis der italienischen Renaissance (Wien 1957); Dante Alighieri - Fragmente aus der
Goettlichen Komoedie, Übersetzung (Celerina 1950); Die naturwissenschaftliche Revolution unserer Zeit: Atomwissenschaft: Ideologie und Wirklichkeit (Zürich 1960); Die Etrusker im Spiegel ihrer
Kunst (Berlin 1969) L
Karl Schneider (1886-1979), Major, Ingenieur,
Direktor des Bundesamts für Landestopografie
Schüler am Progymnasium von 1897 bis 1902
Karl Friedrich Schneider, Bürger von Diessbach bei Büren an der Aare, wurde am 21. Juli 1886 in Madretsch als Sohn des Baumeisters Friedrich Schneider geboren. Er verlor früh seine Eltern und wuchs bei seiner Schwester und seinem Schwager in Biel auf, wo er die Primarschule und das Progymnasium besuchte. Die Maturitätsprüfung bestand er nach Absolvierung der Realschule des Städtischen Gymnasiums in Bern 1905. An der ETH Zürich studierte er von 1905 bis 1909 Brückenbau-Ingenieur und erhielt 1909 das Diplom. Nach einjähriger Praxis als Statiker und Konstrukteur im Konstruktionsbüro für Hoch- und Brückenbau der Eisen AG Bosshard & Co. in Näfels, wurde er vom Bundesrat an die Eidgenössische Landestopografie in Bern gewählt. [1]
1897-
1902
Im Dienst des Bundesamts für Landestopografie
(Swisstopo)
Der begeisterte Bergsteiger Karl Schneider stand ab 15. März 1910 während 41 Jahren im Dienst der Eidgenössischen Landestopografie. Zunächst war er von 1910 bis 1920
als Ingenieur-Geodät für die Landestriangulation höherer Ordnung vor allem in den Kantonen Thurgau und Graubünden tätig. Am 1. Juni 1920 erfolgte seine Beförderung zum Sektionschef mit
gleichzeitiger Übertragung der Leitung der Sektion für Topografie, einschliesslich Fotogrammmetrie und später auch der ihm unterstellten Sektion für Kartografie.[1]
1922 wurden die während des Grenzbesetzungsdienstes von 1914 bis 1918 vollständig eingestellten Vorarbeiten zur Erstellung neuer eidgenössischer Kartenwerke wieder aufgenommen. Dies veranlasste
die Landestopografie, die topografischen Arbeiten zur planmässigen Revision älterer Kartenwerke fortzusetzen und insbesondere für die veralteten Gebirgsblätter der Siegfriedkarten Neuaufnahmen
mit den bewährten stereophotogrammetrischen Geländemessverfahren durchzuführen. Die ETH Zürich schuf im Institut für Geodäsie und Topografie ein eigener Lehrstuhl für Fotogrammetrie.[10]
Vom 1. Juni 1929 bis 1951 arbeitete Karl Schneider als Direktor der Abteilung für Landestopografie im Eidgenössischen
Militärdepartement. Gleichzeitig war er Chefingenieur für Topografie und Kartografie.[1] Schneider vertrat die Forderung nach Landeskarten in den Massstäben
1:50 000, 1:100 000 und 1:25 000 und leistete damit eine der vielen Vorarbeiten zum Bundesbeschluss von 1935 über die Erstellung neuer Landeskarten.[2]
Die Erprobung und Einführung von terrestrischen und luftgestützten fotogrammetrischen Verfahren zur topografischen Landesvermessung und das Armeekartenprojekt 1933 sowie die Vorarbeiten zum
Bundesgesetz über die Erstellung neuer Landeskarten der Schweiz wurden unter seiner Leitung durchgeführt. Dazu musste die gesamte Planung zum Bau des neuen Verwaltungs- und Betriebsgebäudes der
Landestopografie an der Seftigenstrasse in Wabern bewältigt werden, das am 7. Mai 1941 eingeweiht wurde.[1]
Karl Schneider erklärte in der Schweizerischen Bauzeitung vom 5. 4. 1930: «Die Kartennachführung mit Hilfe von Fliegeraufnahmen ermöglichte eine rasche und gründliche Nachführung bei
gleichzeitiger Kostenreduktion. Die Aerofotogrammetrie wurde für die Zwecke der Kartennachführung ein unentbehrliches Hilfsmittel für die Eidg. Landestopografie. Sie führte erstmals 1923/25 in
Verbindung mit der militärischen Fliegertruppe in Dübendorf Versuche von Fliegeraufnahmen für Kartenzwecke durch, wobei sie sich der Flugzeug-Messkamera bediente und die Auswertung der Aufnahmen
in einem Entzerrer erfolgte. Die Versuche führten dazu, dass die Eidg. Landestopografie 1926/29 neue Methoden und Instrumente einführte, um die topografischen und meteorologischen
Verhältnisse für verschiedene Kartenzwecke aerofotogrammetisch zu nutzen. Die Flugzeugbesatzung, bestehend aus Militärpilot und -Beobachter (Vermessungsfotograf), erstellen die Fotos mit der
Flugzeug-Messkamera Wild entweder freihändig oder montiert in einer am Flugzeugboden befestigten Aufhängevorrichtung. Die Aufnahmen werden aus verschiedenen Höhen einzeln oder paarweise
(Stereofotografie) angeordnet und als sogenannte senkrecht- oder konvergente Steilaufnahmen und ausnahmsweise als Schrägaufnahmen durchgeführt. Die Stereoaufnahmen können mit Hilfe eines
Autografs auf mechanisch-grafischem Weg zur Karte im vorgesehenen Massstab ausgewertet werden. Paarweise erstellte Luftaufnahmen werden in stereoskopische Betrachtungsgeräte eingelegt. Die
reliefartig erscheinende Landschaft, insbesondere die hohe Plastik von Felsaufnahmen, dient dem Topografen zur Zeichnung und kartografischen Darstellung vom Felsgebieten etc. Die bei der Eidg.
Landestopografie im Betrieb stehenden und in der Schweiz hergestellten Autografen sind eine geniale Erfindung des Oberingenieurs Heinrich Wild (1877-1951). Sie werden als hochwertiges Produkt
präzisionsmechanischer Arbeit und Messoptik in den Konstruktionswerkstätten der A.-G. Heinrich Wild in Heerbrugg (St. Gallen) hergestellt.»[9] Das
Zusammenstellen der Karten erfolgte durch den Kartenreiher, der automatisch Bild für Bild lückenlos aneinanderreihte.
Das 100-Jahr-Jubiläum, das die Landestopografie 1939 hätte feiern können, stand im Schatten des Krieges, der eine Fülle von Massnahmen und Vorbereitungen zur Sicherstellung der
Armee-Kartenproduktion für den Heeresbeschaffungsdienst im Kriegsfall erforderte.[1]
Schneider verfasste zahlreiche topografische, fotogrammetrische und kartografische Abhandlungen im Zusammenhang mit der Eidgenössischen Landestopografie.[11]
Unter anderem: Neuzeitliche Methoden topographischer Geländevermessung der Schweiz. Wissenschaft und Praxis, Grundbuchvermessung und amtliches Kartenwesen (1928), *Fliegeraufnahmen für
Kartenzwecke (1930), *Die Photogrammetrie in der Schweiz (1934). **Neueste Walliser Hochgebirgsblätter der Landeskarte der Schweiz, im Massstab 1:50 000 (1943), ***Die Landeskarte der Schweiz 1 :
50 000 (1946)
*Schweizerische Bauzeitung, **Schweizer Geograph, ***Geographica Helvetica
Neben seiner Tätigkeit als Direktor der Landestopografie hatte Karl Schneider sich als Chef schweizerischer Delegationen von permanenten, gemischtstaatlichen Kommissionen zur Erhaltung der
Landesgrenze Italien-Schweiz, Liechtenstein-Schweiz und Österreich-Schweiz zu betätigen, ferner als Präsident der Kommission des Eidg. Militärdepartements für «Gelände und Karte» und nahm an
zahlreichen internationalen wissenschaftlichen Kongressen im In- und Ausland teil.[1] Für den Offiziersverein Biel-Seeland hielt er 1932 einen Vortrag über
«Vorschläge für Erstellung neuer Armeekarten». Darin begründete er die Notwendigkeit einer einheitlichen Militärkarte.
Militärische Laufbahn
Karl Schneider begann bei den Pontonieren der Kriegsbrückenabteilung 1/2, war dann Leutnant im Pontonier-Bataillon 2, 1918 Kommandant der Pontonier-Kompagnie IV/2, um nach vierjähriger Dienstzeit
im Generalstab ab 31. Dezember 1926 das Kommando des Pontonier-Bataillons 1 zu übernehmen. Als Oberstleutnant wurde er wieder dem Generalstab zugeteilt, trat 1931 in den Armeestab ein und Mitte
1941 erfolgte seine Beförderung zum Oberstbrigadier als Abteilungschef beim Eidg. Militärdepartement. Er präsidierte den kantonal-bernischen Genieverein und unterstütze den Pontonierfahrverein
der Stadt Bern und den Schweizerische Pontonierfahrverein. Zudem war er mehrmals Kampfrichter und Kampfgerichtspräsident bei den Eidg. Pontonierwettfahrten.[1]
Mitgliedschaften
Als Ingenieur trat Schneider dem Schweizerischen Ingenieur- und Architektenverein bei und war langjähriges Vorstandsmitglied der Sektion Bern. Er war Mitbegründer der Schweizerischen Gesellschaft
für Fotogrammetrie, Mitglied der Naturforschenden Gesellschaft Bern, Vorstandsmitglied der Gesellschaft ehemaliger ETH-Studenten und von 1923 bis 1936 Mitglied der Schulkommission des Städtischen
Gymnasiums Bern.[1]
Familie
Karl Schneider heiratete 1910. Von den beiden Kindern starb die Tochter früh. Schneider starb am 28. Februar 1979 im 93. Lebensjahr, seine gleichalterige Frau starb kurz vor ihm. [8] L
Arthur Grosjean-Junker (1886-1948), 40 Jahre Lehrer am Progymnasium Biel, Offizier
Schüler am franz. Progymnasium von 1897 bis 1902 und am deutschen Obergymnasium von 1902 bis 1906
Lehrer am Progymnasium Biel von 1908 bis 1948 für Deutsch, Französisch und Geologie
Mitglied der «Gymnasia Biennensis» von 1903 bis 1905
Arthur Grosjean wurde 1886 als Sohn eines Uhrmachers in Biel geboren. Als perfekter «Bilingue» besuchte er das französische Progymnasium und die Real-Abteilung vom deutsche Gymnasium. 1905
erhielt er das Reifezeugnis. Dann folgte das Studium an der Universität Bern. Danach wirkte der junge Sekundarlehrer zuerst an der Primarschule in Winkeln oberhalb Frutigen. 1908 wurde Arthur
Grosjean als Lehrer an das Progymnasium in Biel gewählt. Zuerst unterrichtete er an der deutschen, später an der französischen Abteilung und zeitweilig auch an der kaufmännischen Schule. Er
liebte Gymnastik und Sport, war Ausbilder des Kadettenkorps und später des Jugendkorps. Der Leutnant führte im Sommer 1908, mit 22 freiwilligen Schülern des Obergymnasiums, den Kurs des
militärischen Vorunterrichts III. Stufe durch. Als Übungsfeld dienten die Jurahöhen. 1939 wählte ihn der Regierungsrat zum Mitglied der Prüfungskommission für das deutsche Primarlehrerpatent in
Bern. 1940 zog man in bei den Lehrabschlussprüfung für «Kanzleiangestellte des Kreises Seeland» als Experten hinzu.[15] Mit ganzem Herzen diente
Grosjean als Offizier seiner Heimat. Im ersten Aktivdienst 1914/18 kommandierte er das jurassische Bataillon 21. Während des zweiten Mobilisationsdienstes war er als Oberstleutnant im
Territorialdienst tätig. Am 14. April 1949 starb er mit 62 Jahren nach den Folgen einer Operation.[19]
1897-
1906
1908-
1910
Walther Ernst Kasser (1882-1976), Schulinspektor, Ehrenbürger von Spiez
Schüler am Progymnasium von 1897 bis 1902 und am Obergymnasium von 1902 bis 1905
Walther Kasser kam am 12. Juni 1886 im Schulhaus Orpund zur Welt, wo Vater Ernst Kasser (1863-1930)
seit 1885 als Lehrer wirkte. Walter und seine vier Geschwister wurden in den ersten Schuljahren von der Mutter Margarita Schneider (1863-1920) unterrichtet, Lehrerin und Grossnichte des
«Seeland-Erretters» Dr. Johann Rudolf Schneider. Dann besuchte er 1897 von Orpund aus das Progymnasium und anschliessend das Gymnasium in Biel, wo er 1905 das Maturitätsexamen
bestand.[17] Während seinem Studium wurde sein Vater zum Schulinspektor gewählt, was zur Folge hatte, dass die Familie nach Schüpfen umzog. Als Student nahm
er an zahlreichen Vorlesungen an den Universitäten Bern und Lausanne teil und erwarb 1907 das Sekundarlehrerpatent. Der junge Pädagoge wirkte dann von 1907 bis 1912 als Lehrer
mathematisch-naturwissenschaftlicher Richtung an der neu gegründeten Sekundarschule Pieterlen. Er heiratete die Bielerin Ida Schwarz und wurde Vater zweier Kinder, es waren Kurt Walter Kasser
(1912-1980) und die spätere Komponistin Heidi Stucki (1915-2012).
Im Herbst 1912 erfolgte seine Wahl an die Sekundarschule Spiez, wo er bis 1932 als Lehrer in Naturwissenschaften, Zeichnen und Turnen unterrichtete. 1932 wurde
Kasser Schulinspektor des 2. Kreises, umfassend Ober- und Niedersimmental und Thun-Land. Im Berner Schulblatt veröffentlichte er diverse Beiträge, u.a.: «Chemische Versuche im Anschluss an die
Behandlung der Verdauungsorgane» (10. 4. 1915), «Unterricht in Hygiene auf der Oberstufe» (22. 12. 1917), «Über den Kirchengesang und die Ausbildung der Organisten» (11. 12. 1920). Nach
45-jähriger Tätigkeit im Dienste der Schule, davon 20 Jahre als Schulinspektor, trat Kasser in Spiez 1953 in den Ruhestand. In diesem Jahr starb seine Frau.[18]
Neben seiner Amtstätigkeit erwarb sich Kasser als Musiker beachtliche Verdienste. In jungen Jahren förderte ihn der Münsterorganist Ernst Graf im Orgelspiel und in
der Kirchenmusik. Von 1920 bis 1932 war er Präsident des von ihm gegründeten Bernischen Organistenverbandes. Zum Verband gehörte das Blatt «Der Organist», an dem Kasser mitwirkte. In
verschiedenen Kirchen Berns veranstaltete er Abendmusik und Konzerte. In Spiez war er lange als Organist und Klavierlehrer tätig, ferner als Präsident des
Männerchors.[17]
1938 erfolgte seine Wahl in den Vorstand und zugleich in den Betriebsausschuss der Radiogenossenschaft Bern und wenige Jahre später, als Vertreter von Kirche und
Schule, in den Zentralvorstand der Schweizerischen Rundspruchgesellschaft (SRG).
Auf dem Gebiet des Kirchenwesens war er Präsident des Kirchgemeinderates Spiez, Präsident der kirchlichen Bezirkssynode Frutigen-Niedersimmental, Mitglied der
kantonalen Kirchensynode und zuletzt Baukommissionspräsident beim Kirchenbau in Faulensee. In seiner Eigenschaft als Synodalrat von 1936 bis 1946 war er mitbeteiligt an der Vorbereitung des neuen
Kirchengesetzes, der Kirchenverfassung und des Kirchengesangbuches. Auch auf dem Gebiet der Fürsorge wirkte er als Kassier vom oberländischen Asyl «Gottesgnad» und als Direktionsmitglied des
oberländischen Erziehungsheims «Sunneschyn» in Steffisburg. In der Politik war er der Freisinnig-demokratischen Partei treu.
Der Gemeinde Spiez diente Kasser als Sekretär und Präsident des Verkehrsvereins, als Gemeinderat, Vizegemeindepräsident, Feuerwehrkommandant, Kommandant der
Luftschutzkompanie Spiez und Mitglied verschiedener Kommissionen. Man schätzte ihn auch von 1952 bis 1957 als Grossmeister der schweizerischen Freimaurer-Grossloge Alpina, in der 39
Freimaurerlogen vereinigt waren. 1971 verlieh die Einwohnergemeindeversammlung von Spiez dem Sänger und Schulmann «in dankbarer Anerkennung seiner grossen Leistungen um die kulturelle Entwicklung
von Spiez» das Ehrenbürgerrecht. Walter Kasser starb am 14. Februar 1976 mit 85 Jahren.[17]
1897-
1905
Armand Aufranc (1865-1948), 1. Direktor des französischen Progymnasiums Biel, Pädagoge
Lehrer ab 1897 und Rektor des französischen Progymnasiums von 1918 bis 1930
Fächer: Französisch, Religion, Geschichte
Armand Aufranc wurde am 20. September 1865 in Orvin bei Biel geboren, wo er auch seine ersten
Lebensjahre verbrachte. Mit zwölf Jahren kam er nach Bern, um die deutsche Sprache zu erlernen. Von 1881 bis 1885 besuchte er das Lehrerseminar in Pruntrut, das er mit Auszeichnung abschloss.
Seine erste Anstellung als Primarlehrer fand Armand Aufranc in Rods am Fusse des Chasserals. Später unterrichtete er in seinem Heimatdorf Orvin. Dort war er auch von 1888 bis 1897 auch Organist
der Kirchgemeinde Orvin. In Leubringen pflanzte er mit seinen Schülern mehrere Kirschbäume. Aufranc war bereits Familienvater, als er im Jahre 1895 die Berner Hochschule besuchte, wo er in kurzer
Zeit das Sekundarlehrerpatent erwarb. Um seine Italienischkenntnisse zu vervollkommnen, hielt er sich in Florenz auf.[37]
1897 kam Aufranc an das Bieler Progymnasium, wo er die französischen Klassen in Französisch, Religion und Geschichte unterrichtete. Als 1818 die französische Abteilung des Progymnasiums
selbständig wurde, übernahm Armand Aufranc für 12 Jahre das französische Rektorat. Zeitweise war er auch Rektorat des deutschen Progymnasiums. Einige Anekdoten aus seinem Schuljahresbericht
1928/29 zeigen die Atmosphäre an der französischen Schule. Armand Aufrac: «Dank der Einrichtung der nötigen Räume im Untergeschoss unserer Turnhalle konnte der Handarbeitsunterricht durch die
Einführung von Holzbearbeitung ergänzt werden… In fünf organisierten Filmvorführungen hatten die Schüler aller Bieler Klassen die Gelegenheit, einige schöne Filme zu sehen, die den Stoff für
interessante und sehr lehrreiche Lektionen lieferten.» 1930 trat Aufrac in den Ruhestand.[37]
Aufrac war Mitglied verschiedener Schulkommissionen: als Vizepräsident der Kommission für das Primarschulpatent, Mitglied der Kommission für die Revision des
Lehrplans für die Primarschulen, der Kommission für Lehrmittel für die Primarschulen, der Kommission für den Schulunterricht und der Sektion Biel der «Société des instituteurs
juarssiens».[38]
Neben seiner beruflichen Tätigkeit engagierte er sich für die Allgemeinheit. In Biel war er lange Jahre Sekretär und Kassierer, später Präsident der Kommission der Stadtbibliothek. Als eine
unabhängige französische Gemeinde gegründet wurde, war er deren erster Präsident. Sein grosses Interesse galt der Kirche. Schon in Orvin war er Präsident des Kirchgemeinderats. Lange Jahre war er
Präsident des französischen Kirchgemeinderates vom Kanton Bern und Mitglied der Synode. Er machte 1937 den Synodalrat auf die misslichen Zustände aufmerksam, dass die Kranken und Geistesschwachen
verschiedener staatlicher und privater Anstalten nicht genügend seelsorgerisch betreut würden. Ausserdem gehörte er dem Cercle romand und der Union an, war Präsident der Bieler Sektion der
Société jurassienne d’émulation und von 1939 bis 1947 Mitglied des Verwaltungsrates der Standseilbahn Biel-Evilard.[38]
1940 pflückte der 75-jährige Aufranc Kirschen von einer Leiter, die an einem Kirschbaum in Orvin aufgestellt war. Dabei stürzte er mehrere Meter in die Tiefe und blieb bewusstlos am Fuss des
Baumes liegen, wo er erst einige Stunden später gefunden wurde. Er erlitt einen Bruch des linken Oberschenkels und einen doppelten Bruch des linken Arms und musste mit der Ambulanz ins Spital
Biel gebracht werden. [39] Der Mittlerweilen an einer Krankheit leidende Aufrac wurde von seiner Frau liebevoll gepflegt, bis sie 1945 starb. Drei Jahre später, am 2. Oktober 1948, starb
auch er im Alter von 84 Jahren.[37] L
1897-
1910
Berchtold Aeberhardt (1872-1912), Bieler Geologe
Lehrer am Bieler Progymnasium von 1897 bis 1912.
Fächer: Naturgeschichte, Geographie und Schreiben an der französischen Abteilung.
Berchtold Aeberhardt wurde am 27. 2. 1872 in Villeret geboren. Er besuchte das Progymnasium in Delsberg, danach die Kantonsschule in Pruntrut und schliesslich die Universität Bern. Kaum 18-jährig bestand er das Primarlehrerexamen. Mit 20 Jahren war er bereits Sekundarlehrer und wirkte als solcher mehrere Jahre in Corgémont. Im Frühling 1897 wurde er an die französische Abteilung des Progymnasiums Biel gewählt, wo er nun bis zu seinem Tod gewirkt hatte. 1902 erwarb er in Bern den Doktortitel und etwas später noch das Diplom eines Gymnasiallehrers der naturwissenschaftlichen Richtung. Er war aber auch ein unermüdlicher Forscher in seinem Lieblingsfach, der Geologie. In den Ferien durchwanderte er den Jura nach allen Richtungen, und er galt in Fachkreisen als einer der besten Kenner der Geologie des Juras. Dabei war er aber nicht etwa ein einseitiger Geologe, sondern er liebte die Natur als Ganzes und war ein sehr vielseitiger Naturkenner.[5] In der Mulde von Péry entdeckte er ein Muschelsandsteinrelikt.
1897-
1910
1909 erstellte Aeberhardt eine Studie über die Umgebung von Biel und die Schüss-Schlucht. Im stratigrafischen Teil seiner Arbeit beschrieb er summarisch die
Würm-Seitenmoränen der Umgebung von Magglingen, die Niederterrassen von Sutz-Lattringen, den Rissgletscherlehm von Chasseral d'Orvin, die Hochterrassen von Büttenberg, Jensberg und Bucheggberg
sowie die Molasse, die zwischen Brügg und Mett an die Oberfläche trat. Er setzte sich besonders für die Erhaltung erratischer Blöcke im Kanton Bern ein. Bei Biel untersuchte er den «Grosser
Heidenstein», den «Kleinen Heidenstein», beide im Madretschwald, sowie den «Grauen Stein» oberhalb von Biel. Aeberhardt: «Es gibt einige Blöcke, deren Erhaltung ratsam ist, weil sie entweder
aufgrund ihrer Höhe oder aufgrund des Charakters des Felsens von grossem Interesse sind. Dies gilt für die Blöcke von «Jobert» auf dem Chasseral d'Orvin, die auf einer Höhe von 1300 m liegen, und
für die Blöcke von «Pré la Patte» auf einer Höhe von 1100 m auf dem Montoz de Péry.»[6]
Berchtold Aeberhardt war ein Freidenker und eifriges Mitglied der «Société radicale romande». Er vertrat diese Fraktion im Stadtrat. Seine politische Gesinnung, die
sich durchaus nicht immer in der Richtung des allgemeinen Stromes bewegte, sprach er offen und rückhaltlos aus; dabei blieb er aber taktvoll und loyal gegenüber Andersdenkenden. Er erfreute sich
denn auch hoher Achtung nicht nur bei seinen Parteifreunden, sondern auch beim politischen Gegner. Er war Mitglied des Stadtrates sowie der Museumskommission von 1905 bis 1912. Berchtold
Aeberhardt starb nach 15-jähriger Tätigkeit als Bieler Gymnasiallehrer im Alter von 40 Jahren an den Folgen einer schweren Operation in Biel am 24. 9. 1912. Er hinterlässt eine Witwe und einen
erst schulpflichtig gewordenen Knaben.[5]
Schriften: Notes sur le quaternaire du Seeland (1903), Note sur la faune de l'Oxfordien inférieur du Jura bernois (Lausanne 1904), Etude sur le système nerveux de
quelques gastropodes (Bern 1905), Les Gorges de la Suze, im Jahresbericht vom Gymnasium Biel (1907)
Berchtold Aeberhardt (1827-1912), géologue biennois,
protecteur de la nature du Jura bernois.
Professeur au gymnase de Bienne de 1897 à 1912.
Matières : histoire naturelle, géographie et écriture en section française.
Berchtold Aeberhardt était né en 1872 à Villeret dans le Jura bernois. Elevé d'abord à Delémont, puis à Porrentruy, il se rendit comme jeune étudiant à Berne, où il se prépara à l'enseignement des sciences naturelles. Il pratiqua cet enseignement pendant six ans à Corgémont, après quoi il fut nommé maître de sciences naturelles au progymnase de Bienne et occupa ces fonctions jusqu'à sa mort. Malgré tout le travail qu'il consacra constamment à sa charge de pédagogue, Aeberhardt poursuivit avec persévérance le développement de sa propre instruction et resta toujours en contact avec l'Université de Berne, dont il acquit le grade de docteur dès sciences. Encouragé dans ses études par les professeurs Baltzer et Brückner, il se consacra en outre constamment à des recherches personnelles, touchant spécialement à la classification des formations pléistocènes de la Suisse occidentale. Il multiplia dans ce domaine les observations et, au moment où cette question était mise spécialement à l'ordre du jour par la publication de l'ouvrage classique de MM. Penck et Brückner «die Alpen im Eiszeitalter», il fit paraître une série de travaux, dans lesquels il exposait des idées toutes personnelles sur l'origine de la haute et de la basse terrasse et sur les relations de ces deux niveaux d'alluvions avec les moraines rissiennes et wurmiennes. Ce sujet le préoccupa jusqu'à la fin et il est mort en laissant presque terminé un dernier travail intitulé: «Essai de monographie des dépôts quaternaires de la Suisse occidentale et des régions limitrophes.»[7]
Aeberhardt a fait une étude des environs de Bienne et des gorges de la Suze. Dans la partie stratigraphique de son travail il décrit sommairement les moraines latérales de Würm des environs de Macolin, les Basses Terrasses de Sutz-Lattringen, les argiles glaciaires de Riss du Chasseral d'Orvin, les Hautes Terrasses du Büttenberg, du Jensberg et du Bucheggberg ; puis il passe au profil à travers la Molasse qui affleure entre Brügg et Mett.
Il s'est particulièrement engagé pour la conservation des blocs erratiques dans le canton de Berne. Près de Bienne, il a étudié le «grand Heidenstein», le «petit Heidenstein» , tous deux dans la forêt de Madretsch, ainsi que le «Grauenstein» au-dessus de Bienne. Berchthold Aeberhardt était un libre-penseur et un membre assidu de la «Société radicale romande». Il représentait cette fraction au conseil municipal. Il exprimait ouvertement et sans réserve ses convictions politiques, qui n'allaient pas toujours dans le sens du courant général, tout en faisant preuve de tact et de loyauté envers ceux qui ne partageaient pas ses idées. Il jouissait d'une grande estime non seulement de ses amis de parti, mais aussi de ses adversaires politiques. Il a été membre du conseil municipal et de la commission des musées de 1905 à 1912. Après 15 ans d'activité en tant que professeur de gymnase à Bienne, Berchtold Aeberhardt est décédé à l'âge de 40 ans des suites d'une grave opération à Bienne le 24. 9. 1912. Il laisse derrière lui une veuve et un garçon qui venait d'être scolarisé.[5]
Emile Vaucher (1887-1953), 43 Jahre Lehrer am franz. Progymnasium Biel
Schüler am französischen Progymnasium von 1898 bis 1903
Lehrer am Progymnasium von 1910 bis 1953
Fächer: Geografie, Wirtschaft, Rechnen
Emile Léon Vaucher wurde am 20. April 1887 in Couvet geboren und lebte zuerst in Saint-Imier und dann in La Chaux-de-Fonds. Er war zehn Jahre alt, als seine Familie
nach Biel zog, wo sein Vater Produktionschef bei Recta wurde. Nach dem Besuch der Primarschule und des Progymnasiums, trat Emile in die zweite Klasse des Lehrerseminars in Porrentruy ein, wo er
1906 nach drei (statt vier) Jahren Studium das bernische Primarlehrerpatent erhielt. Seine Studien setzte er an der Universität Bern fort. Dann trat er eine Stelle als Lehrer in Le Fuet an und
bereitete sich dort auf sein Sekundarlehrerdiplom vor. In Fuet fand er seine Lebensgefährtin Elise Bertha Iseli, die er am 5. Oktober 1912 in Biel heiratete. Das Paar hatte zwei Söhne. Emile
Vaucher wurde 1910 ans Bieler Progymnasium berufen, wo er seine Tätigkeiten als Französischlehrer auf Beginn des Schuljahres 1910/11 aufnahm. Dies geschah in dem Jahr, als das Gymnasium vom
Dufourschulhaus an die Alpenstrasse umzog.[28] Hier war er 43 Jahre lang tätig. Oft fand er in neuen Jahrgängen einen Schüler wieder, dessen Vater
einer seiner «Ehemaligen» auf dem Progymnasium gewesen war.[26] 1917 unternahm Emile Vaucher mit seinen französischen Schülern eine eintägige Schulreise. Sie
durchwanderten das Val de Russ und trafen abends in Neuchâtel mit der deutschen Klasse zusammen.
Das Schulwesen förderte Vaucher mit verschiedenen Ämtern: Er gehörte 10 Jahre der französischen Primarschulkommission an, in der er als Sekretär fungierte, sowie der Finanzkommission. In dieser
Zeit beschäftigte er sich mit der Neuorganisation der Klassen und nahm eine einflussreiche Rolle bei der Auswahl der Lehrer ein. Er war ein geschätztes Mitglied der jurassischen pädagogischen
Kommission. Er setzte sich für die Interessen des Bernischen Lehrervereins ein und arbeitete lange Zeit als Delegierter und Vizepräsident für die Bernische Lehrerversicherungskasse. Vaucher
unterrichtete ausserdem an der Bieler Berufsschule (école professionelle). Von 1915 bis 1952 unterrichtete er 37 Jahre an der Städtischen Handelsschule Biel (école des commerce)
Handelsarithmetik, Wirtschaftsgeografie und Staatsbürgerkunde. Auch war er Präsident der Handelsschule.[26] Für die französisch studierende Kaufleute
war 1931 sein öffentlicher, in Biel gehaltener Vortrag, «Les étrangers en Suisse», besonders interessant.
Seit den 1930er Jahren setzte er sich für die Idee eines separaten Unterrichts für Romands am Deutschen Gymnasium ein und interessierte sich für die Gründung des französischen
Gymnasiums.[26] Im «Bieler Jahrbuch 1933» widmete Emile Vaucher eine Studie dem Thema «Die aktuelle Situation und die Zukunft der französischen Schulen
in Biel».[27]
Emile Vaucher war auch ein Politiker, vor allem zu Beginn seiner Karriere. Als aktives Mitglied der Sozialistischen Partei feierte er den Sieg, der 1921 die politische Führung der Stadt von den
Bürgerlichen auf die Sozialisten übertrug. Er starb 1953 wegen einer Krankheit.[24]
1898-
1903
Emil Andres (1887-1947) Lehrer, Buchdrucker, Oberleutnant, Bühnenautor
Schüler am Progymnasium von 1898 bis 1903
Emil Andres wurde am 28. Oktober 1887 in Biel geboren, wo sein Vater Johann Emil Andres (1853-1907) Buchdrucker und Verleger war. Dieser eröffnete im alten Saal des
«Café du Jura» eine Druckerei, in der am 20. Februar 1890 die erste Ausgabe des zweisprachigen «Express» gedruckt wurde. Andres verlegte sein Geschäft 1892 in das Atelier Henriod an der
Jurastrasse und zog später in die Mittelstrasse um. Seine Mutter war Lina Binder (1859-1905) aus Rapperswil (AG).[36]
Emil Andres besuchte in Biel die Primarschule und das Progymnasium in Biel und trat nach dem Abschluss in das bernische Staatsseminar ein, wo er das Primarlehrerpatent erwarb. Danach studierte er
zwei Jahre an der Universität Bern. Nach kurzer praktischer Lehrtätigkeit trat er 1918 in das väterliche Geschäft ein und übernahm eine leitende Stellung. Während 25 Jahren arbeitete er dort in
der eigenen Druckerei und gleichzeitig als Redaktor beim «Express», wo er als Musik- und Theaterkritiker tätig war. Seine schriftstellerische Tätigkeit war eng mit der journalistischen
verbunden.[29]
Emil Andres war verheiratet mit Ida Schneider von Nidau. Sein Sohn Heinz (1913-1988) wurde Prokurist des «Express» und Rektor der Sekundarschule in Mett.
Emil Andres betätigte sich erfolgreich als Bühnenautor und schrieb eine Reihe von Mundartstücken, die am Stadttheater Biel und andernorts gezeigt wurden: 1936 brachte das Stadttheater Biel unter
der Regie von Leo Delsen sein berndeutsches Gegenwartsstück «Krisezyt» zur Aufführung. Es thematisierte die Stimmung und das Verhalten der Bieler Bevölkerung unter dem Druck der
damaligen Krise in der Uhrenstadt. Altstadtleist-Präsident Fritz Schänzli spielte einen ruinierten Fabrikanten.[30] Populär wurde Emil Andres 1936 mit seinem
berndeutschen Lustspiel «Im Rokhall», das am J. Gfeller-Rindlisbacher-Wettbewerb ausgezeichnet wurde. Unter der Regie von Fritz Neukomm schildert es eine Episode aus der Zeit des Einmarsches der
Franzosen in Biel. Es konnte 1937 am Theater Biel mit Fritz Schänzli als Schauspieler gezeigt werden. 1938 verfasste Andres für die 600-Jahr-Feier der Grafenstadt Nidau ein erfolgreiches
Festspiel, in dem wegen der Massenszenen 700 Personen mitwirkten. 1939/40 wurde seine Komödie «Cagliostro» aufgeführt. Es handelte vom gleichnamigen Wunderarzt, der sich in Biel für kurze Zeit im
Rockhall aufgehalten hatte.
Unter dem Vorsitz von Emil Andres als Tagespräsident konnte 1942 im Hotel «Bären» in Biel die Literarische Gesellschaft Biel gegründet werden. Zweck dieser Gesellschaft ist gemäss Statuten:
«Förderung des heimischen Schrifttums durch Veranstaltung literarischer Darbietungen, in Zusammenarbeit mit gleichgesinnten kantonalen und örtlichen Vereinigung. Unterstützung des lokalen
musikalischen und künstlerischen Schaffens . Förderung jeglicher Kultur.» Zum Präsidenten wählte man Dr. Otto Zinniker und Emil Andres als Vizepräsident.[32]
1946 konnte am Stadttheater Biel das humorvolle Bieler Mundartstück «Dr. Wyberfind» gezeigt werden. Die Handlung spielte in einer Berggasthaus im Winter. Die auftretenden Skifahrer sprachen eine
spezielle Skifahrersprache. Andres hatte ihre Ausdrücke gesammelt und so vor dem Vergessen bewahrt. Mit der Mundarterzählung «I der Altysehandlig» trat er 1946 im Bieler Rathaussaal auf. Im
Militärdienst war Emil Andres Kommandant einer HD.-Bewachungs-Kompanie vor.[29] Er starb am 2. Juli 1947 im Alter von 60 Jahren beim Fischen auf dem
Bielersee an Herzversagen.
Literatur (Auswahl)
Krisezyt (Biel 1935), Im Rokhall (Bern 1936), Cagliostro (Biel, 1939), Nidau 1383-1938, ein historisches Spiel in Bildern zur 600-Jahrfeier (Nidau 1938), Im drizähte Regimänt (Biel 1940),
Gedichte (Biel 1941), Der Wyberfind (Biel 1946)[36]
1898-
1903
Max Baumann (1887-1948), Schuldirektor, Gründer und Dirigent der Musikschule Biel
Schüler am Progymnasium von 1898 bis 1903 und am Obergymnasium von 1903 bis 1907
Mitglied der «Gymnasia Biennensis» von 1904 bis 1906
Max Baumann kam 1887 als Sohn des in Waldenburg geborenen Uhrmachers und Termineurs Ferdinand Baumann zur Welt. Der Vater erfand in Waldenburg «die erste elektrische Uhr mit Schlagwerk», die er
patentieren liess. Im Militär brachte Ferdinand es bis zum Hauptmann. 1871 heiratete er die Tochter des Papierfabrikanten Hodel in Waldenburg und leitete dort die Papiermühle. 1887 nach
Biel übergesiedelt, errichtete er an der Bubenbergstrasse ein eigens Haus mit Atelier, indem Max aufwuchs.[20]
Im Obergymnasium machte Max 1906 sein Examen in Deutsch, Mathematik, Physik, Chemie, Zoologie, Turnen und Zeichnen.[21] Baumann studierte nach seiner
Maturität an der Berner Hochschule und schloss im Juli 1908 mit dem Diplom als Sekundarlehrer ab. Zuerst war er als solcher von 1908 bis 1916 in Lengnau (BE) tätig, bis man ihn in diesem Jahr an
die deutsche Mädchensekundarschule Biel berief. 1929 wurde er zum Rektor ernannt und blieb dort die nächsten 19 Jahre.[22]
Schon als Singstudent hatte Max Baumann eine grosse Liebe für Musik und Gesang. Er holte sich später am Konservatorium in Neuenburg das Diplom als Gesangspädagoge. 1932 starb seine erste Frau,
die ihm zwei Töchter schenkte. Danach heiratete er Clara Baumann-Keller, Sopranistin und Gesangslehrerin der Musikschule Biel.
Baumann war auch für die Mädchensekundarschule als Gesangslehrer tätig. Jedes Jahr fand Ende März in der Stadtkirche ein Schülerinnenkonzert statt, bei dem diejenigen Schülerinnen, welche die
Schule verlassen, zum letzten Mal mit ihren bisherigen Mitschülerinnen gemeinsam sangen.[23] An deren Aufführungen begleitete er die Schülerinnen am Klavier
und dirigierte gleichzeitig. 1942, in Zeiten der Depression, sangen die Schülerinnen der Mädchensekundarschule alte und moderne Lieder, und boten eine heimelige Darbietung. Das Bieler
Tagblatt schrieb am 28. März 1942: «Wir hörten von verschiedener Seite, dass die dem Wesen der Kinder angepassten Kompositionen mehr erfreuten, als viele Konzerte, an denen landesfremde Melodien
zum Vortrag gelangt seien.»
Von 1916 bis 1930 dirigierte Baumann den 1875 gegründeten Männerchor Harmonie, 1918 wurde er deren Präsident. Unter seiner Direktion hatte am 14. Dezember 1919 die Bieler Sängerin Klara
Leibundgut in der Stadtkirche ihren ersten öffentlichen Auftritt. Der Verein machte mit Max Baumann grosse Fortschritte. 1922 erreichte die Harmonie einen Spitzenplatz am Sängerfest in Luzern.
1924 war er mit der Harmonie am Seeländischen Sängertag in Ins, an dem auch Bundesrat Scheurer teilnahm. Max Baumann förderte die Volks- und Heimatlieder mit Gesangsübungen auf höchstem Niveau.
Mit der Harmonie trat er regelmässig für gemeinnützige Zwecke auf, beispielsweise beim Bieler Spitalbasar.
Die Musikschule Biel verdankte ihre Entstehung 1931 hauptsächlich der Initiative von Max Baumann und ihrem künstlerischen Leiter Wilhelm Arbenz (1899-1969). Durch die wachsende Schülerzahl
mussten die bescheidenen Räumlichkeiten bald erweitert werden. Die städtischen Behörden stellten die notwendigen Mittel bereit, um das bestehende alte Gebäude (Ring Nr. 10) zu erneuern und durch
die Einbeziehung des Nachbarhauses (Ring Nr. 12) zu vergrössern. 1945 feierte die Musikschule den Abschluss vom Umbau mit einem Fest, an dem Baumann die Einweihungsrede hielt. Die musikalischen
Darbietungen von Schülern und Lehrern wurden bereichert durch ein extra für den Anlass von Dichter Emil Schibli verfasstes Spiel, genannt «Das Göuffi-Haus». Baumann war ebenfalls Direktor
vom Damenchor «Kaufleute» und Kreisdirektor und Ehrenmitglied vom Seeländischen Kreisgesangverband. 1828 war er Juryrichter am Sängertag in Lengnau. 1945 nahm er als Pianist in Biel an einem
grossen musikalischen Anlass teil, bei dem 9 Flügel aufgestellt wurden, auf denen die talentiertesten Klavierspieler des Landes spielten. Er starb mit 61 Jahren. [22]
1898-
1907
Alexis William Schneebeli (1874-1947), Kinderbuchautor, Zeichner von Malanleitungen für Kinder
Zeichnungslehrer vom Progymnasium und Gymnasium Biel von 1898 bis 1907
In seiner Heimatstadt St. Gallen am 10. Oktober 1874 geboren, absolvierte Schneebeli dort das Realgymnasium und anschliessend die Kunstgewerbeschule. So trat er in die Fussstapfen seines Vaters, der Zeichnungslehrer in St. Gallen war. Nach Erwerbung des Zeichnungslehrerpatentes bildete er sich in Paris weiter aus und wurde 1898 ans Progymnasium Biel gewählt, wo er 9 Jahren tätig war. Schneebeli war ein begeisterter Naturfreund. Sein Zeichnungsunterricht war gewissermassen ein erweiterter Unterricht in der Naturgeschichte, denn Schneebeli war ein ausgezeichneter Beobachter, eine Eigenschaft, die er auch seinen Schülern beizubringen wusste. In Biel gehörte er als Aktuar der Museumskommission an.[4]
1898-
1907
Reproduktion von Illustrationen aus der Buch-Promotion «Wintergäste am Futterhäuschen», Druck und Verlag E. Löpfe-Benz, Rorschach, 1936
Nachdem er sich 1902 mit Martha Güdel, der Tochter des hiesigen Maschinenfabrikanten verheiratet hatte, wurde er 1907 an die städtische Realschule nach St. Gallen gewählt, um von 1913 bis 1940 den Zeichnungsunterricht (Zeichnen, Feldmessen und Kalligrafie) am kantonalen Lehrerseminar in Rotschach zu übernehmen. Durch die von ihm herausgegebenen Zeichnungs- und Naturkundebücher hat er sich in der ganzen Schweiz einen Namen gemacht.[4] Eine Auswahl: 1913 erscheint sein pädagogisches Werk «Freudiges Zeichnen in Schule und Haus.» In der Einleitung seines Zeichenheftes für Kinder jeder Altersstufe schreibt der Verfasser: «Fast sämtliche in diesem Heft enthaltenen Abbildungen haben ihre Entstehung einer umfangreichen Sammlung von Kinderzeichnungen der verschiedensten Altersstufen zu verdanken, die in zwangloser Weise, ohne die geringste Beeinflussung in und ausser der Schule entstanden sind. Dadurch war es mir möglich, einen Einblick in die Gedankenwelt und die Darstellungsweise des Kindes zu erhalten, und anhand dieses reichen Materials sind dann, gleichsam als Resümee, alle die möglichst einfachen, leicht wiederzugebenden Skizzen entstanden.»
Danach folgte ebenfalls für Kinder «Skizzierendes Zeichnen in typischen Formen». Die Neue Zürcher Zeitung vom 24. 12. 1913 berichtet begeistert: «Bei aller Einfachheit der Linienführung und Formen spricht doch aus jeder Zeichnung der Künstler. Entstanden sind klare Skizzen, die Eltern und Kinder anleiten, wie man aus Gegenständen der Umgebung mit wenig Strichen das herausholt, was ihnen eigentümlich ist.» 1919 wurden 2 neue Zeichenvorlage-Mappen veröffentlicht (Inserat rechts). 1920 erschien «Wie lerne ich Malen?», wo William Schneebeli den Jugendlichen auf spielerische Weise die Grundfarben, die Farbmischungen und die Farbabstufungen näherbringt. 1924 erstellte er Vorlagen zum Ausmalen und Kleben als Ausschneidebögen.
1926 unterstütze William Schneebeli mit seinen Zeichnungen, erschienen im Rorschacher Neujahrsblatt Nr. 16, den Tierschutz (Bild links).
1932 zeichnete er die Illustrationen zum Märchen «Die Abenteuer von Meister Roco». Das Cover zeigt den beliebten «Meister Roco» mit seinem azurblauen Gefieder. Diese Ausgabe wurde in den Lebensmittelgeschäften, welche die Roco-Konserven und -Marmeladen führten, kostenlos abgegeben. Auf Wunsch wurde sie auch direkt von der Konservenfabrik in Rorschach aus verschickt.[3] 1939 erschien das Kinderblumenbuch «Blumen des Frühlings». Er starb mit 74 Jahren in Rorschach.
Philipp Wilhelm K
Quellen/Sources:1) M.-A., «Zum Rücktritt von Oberstbrigadier Karl Schneider» in Der Bund, Bern 9. 12. 1951, S. 17; - 2) Fritz Kobold, «Zum Hinschied von Karl
Schneider» in Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 9. 3. 1979, S. 34; - 3) La Liberté, Fribourg, 25. 5. 1932, S. 6; - 4) Bq, William Schneebeli in Bieler Tagblatt, Biel, 11. 9. 1947, S. 3; - 5) «Dr.
Berchtold Aeberhardt» in Schweizer Lehrerzeitung, Nr. 40, 1912, S. 403; - 6) Berchtold Aeberhardt, Mitteilung der Naturforschenden Gesellschaft 1911, Bern 1912, S. 196; - 7) Ch. Sarasin, «Nachruf
Berchtold Aeberhardt» in Schweizerische Geologische Gesellschaft, Nr. 13, 1914, S. 15; -8) Fritz Kobold, «Zum Hinschied von Karl Schneider» in Vermessung, Photogrammetrie, Kulturtechnik, Nr. 5,
1979, S. 153; - 9) Karl Schneider, «Fliegeraufnahmen für Kartenzwecke» in Schweizerische Bauzeitung, Zürich, 5. 4. 1930, S. 187f; - 10) «Landestopographie und neue Landeskarten» in Neue Zürcher
Zeitung, Zürich, 2. 4. 1935, S. 5; - 11) A. Bruckner, Neue Schweizer Biografie, Basel 1938, S. 472; - 15) G. B. «Arthur Grosjean» in Berner Schulblatt, Nr. 4, Bern 1948, S. 60; - 17)
Hermann Hoffmann, «Walther Kasser - ein Schulmann besonderer Prägung» in Berner Schulblatt, Nr. 11, Bern 1976, S. 105f; - 18) v. G., «Zum Rücktritt von Schulinspektor Walter Kasser» in Oberländer
Tagblatt, Thun, 30. 12. 1952, S. 3; - 19) Ry, «Oberstleutnant Arthur Grosjean» in Der Bund, Bern, 19. 4. 1948, S. 4; - 20) d., «Ferdinand Baumann alt Uhrenfabrikant» in Bieler Tagblatt, 6. 2.
1935, S. 2; - 21) «Sekundarlehrer Max Baumann» in Bieler Tagblatt, Biel, 3. September 1908, S. 2; - 22) Ry, «Rektor Max Baumann» in Der Bund, Bern, 28. 9. 1948, S. 4; - 23) «Konzert der
Mädchensekundarschule» in Bieler Tagblatt, Biel, 31. 3. 1941, S. 4; -24) G. B., «Emile Vaucher (1887-1953) » in Berner Schulblatt, Bern, 18. 4. 1953, S. 44f; - 26) St., «M. Emile Vaucher n’est
plus» in Journal du Jura, Biel, 9. 4. 1953, S. 2; -27) Emile Vaucher, «La situation actuelle et l'avenir des écoles françaises» in Journal du Jura, Biel, 25. 1. 1933, S. 1 ; - 28)
Schuljahresbericht 1910/11 vom Gymnasium Biel, S. 6 -29) «Der Berner Schriftsteller-Verein stellt seine Schriftsteller vor» in Die Berner Woche, Bern, 14. 11. 1942, S. 1190; - 30) «Première:
Krisezyt» in Bieler Tagblatt, Biel, 5. 2. 1936, S. 2; -32) «Literarische Gesellschaft Biel» in Die Tat, 11. 12.1942, S. 9; - 34) Br., Gebhard Pfund in Bieler Tagblatt, Biel, 24. 11. 1961: - 35)
Bieler Tagblatt, Biel, 21. 4. 1906, S. 2; - 36) Werner und Marcus Bourquin, Biel Stadtgeschichtliches Lexikon, Büro Cortesi, Biel, 1999; - 37) Rv, «Armand Aufrac» in Der Bund, Bern, 7. 10. 1948,
S. 4; - 38) «Armand Aufranc, ancien recteur de Progymnase» in Journal du Jura, Biel, 4. 10. 1948, S. 2 - 40) H., «Dr. h. c. Charles J. Steiger» in Bieler
Tagblatt, Biel, 16. 1.1957, S. 3; - 41) H. J., «Dr. h.c. Charles J. Steiger 70jährig» in Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 15. 2. 1956, S. 9;- 42) Franz Keller, «Zum 100. Geburtstag des
Schriftstellers und Kulturphilosophen Hans Mühlestein» in Der Bund, Bern, 14. März 1987, S. 33; 43) Charles Linsmayer, «Brüder, gehen wir aufeinander zu» in Der Bund, Bern, 28. April 1990, S. 3;
44) Pb, «Prof. Hans Mühlestein - zum Gedenken» in Berner Tagwacht, Bern, 8. 7. 1969, S. 9; - 45) Hans Mühlestein, «Stonehenge» in Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 10. 11. 1929, S. 13; - 46) «Basler
Stadttheater» in Neue Zürcher Nachrichten, Zürich, 5. 2. 1932, S. 2; - 47) Ad. Sch., «Lichtbildervortrag von Hans Mühlestein» in Oberländer Tagblatt, 24. 11. 1928, S. 3; - 48) «Ein neues
Bühnenwerk Hans Mühlesteins» in Engadiner Post, St. Moritz, 9. 2. 1933, S. 2; - 49) Adolf Gasser, «Hans Mühlestein im Ersten Weltkrieg» in Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 2. 6. 1977, S. 45; - 50)
Tobias Kästli, «Seminarreform und Reformpädagogik um 1900» in Der Bund, Bern, 6. 11. 1993, S. 6: - 51) Ruth Dreifuss: «Danken - und nie vergessen» in Berner Tagwacht, Thun, 25. 4. 1994, S. 4; -
52) Gion Gaudenz, «Der Gefängnisbrief eines vielbeachteten Schriftstellers» in Engadiner Post, Band 106, Nummer 114, 2. 10. 1999, S. 5; - 53) Claudio Caratsch, Buchbesprechung «Hans Mühlestein:
Leben und Werk eines Aussenseiters“ von Helmut Meyer in Engadiner Post, St. Moritz, 29. Juli 2017, S. 9: - 54) Peter Huber, «Le procès militaire contre Hans Mühlestein: un intellectuel piègè» in
Cahiers d’histoire du mouvement ouvrier, Nr. 13, Lausanne, 1997, S. 66 ; - 55) Dieter Vaitl, «Hans Mühlenstein und Thomas Mann» in Anales de la Societad Retorumantscha, Nr. 109, Cuira, 1996, S.
64 ; - 56) Fritz Schwarz, «Drei Berner Geburtstage», in Zürcher Illustrierte, Zürich, 23. 4. 1937, S. 543 ; - 57) Hans Mühlestein, «Die Glücklichsten» in Die Alpen, Nr. 4, Dezember 1910, S. 235;
- 58) Hans Mühlestein, Online, Wikipedia.de, abgerufen 16. 4. 2023; - 59) Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 2. April 1930, S. 9; - 60) Alois Muri, «Bieler Prominenz vor 40 Jahren» Bieler Tagblatt,
Biel, 3. 8. 1962, S. 3; - 61) («Ein Vortragabend» in Intelligenzblatt für die Stadt Bern, 28. 11. 1912, S. 3; 62) «Ein unnützes Geschreie» in Intelligenzblatt für die Stadt Bern, 25. Juli 1915,
S. 2; - 63) «Wer im Glashaus sitzt, soll nicht mit Steinen um sich werfen» in Der Bund, Bern, 9. 12. 1943, S. 3; - 64) «Kulturelle Beziehungen Schweiz - Tschechoslowakei» in Der Bund, Bern, 15.
11. 1946, S. 3; - 65) «Wir sind an eurer Seite, ihr spanischen Brüder und Schwestern!» in Berner Tagwacht, Bern, 22. 8.1936, S. 6; - 66) «Der Gesinnungsheld Mühlestein», Neue Zürcher
Zeitung, Zürich, 29. 8. 1936, S. 5; - 67) Hans Mühlestein, «Madrid» in Berner Tagwacht, Bern, 18. 8. 1937, S. 5; - 68) F. S., «In der wissenschaftlichen Bibliothek» in Bieler Tagblatt, Biel, 22.
3. 1924, S. 2f; - 69) A. B., «Die photographische Platte als neues Forschungsmittel der Kernphysik», NZZ, Zürich, 24. 11. 1948, S. 5; - 70) Charles Linsmayer, «Ein Philosoph, ein Feuerkopf, wie
die von ihm bewunderten Rebellen» in Bieler Tagblatt, Biel, 31. 10. 2019, S. 25f; - 72) E. Audétat und H. Schilt, «Dr. Emil Mühlestein (1886-1972)» in Neues Bieler Jahrbuch/Nouvelles Annales
Biennoises 1972, S. 98ff; - 73) Spanien und wir: die Schweiz und Europa: Rede gehalten am 1. Mai 1937 bei der einheitlichen Kundgebung auf dem Barfüsserplatz in Basel, Basel, 1937, S.
3ff
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