Das Dufour-Schulhaus / L' école Dufour 1888-1891

Robert und Karl Walser

Schriftsteller Robert Walser und Kunstmaler Karl Walser besuchen das Progymnasium.

 

1888


Das Progymnasium zieht um
Durch den Anstieg der Bevölkerung Biels, fühlte sich das Progymnasium in den letzten Jahren durch die unzureichende Zahl und Qualität der Räume eingeengt. Durch die Erstellung des Neubaus für die Primarschule wurde 1863 das Mädchenschulhaus frei. Nach einer durchgreifenden Renovation der Lokalitäten wurde dasselbe von den Behörden dem Progymnasium zur Verfügung gestellt. Am 28. Oktober 1889 erfolgte der Umzug, der mit einer Feier gestaltet wurde. Die Schule gelangte zu einer besseren Bestuhlung, da sämtliche Klassenzimmer mit zweiplätzigen Tischen ausgestattet waren, die teils schon bei den Mädchen in Gebrauch gewesen, teils neu erstellt worden waren.

 

Personal
Aus der Schulkommission schieden Pfarrer Martin, Nationalrat Dr. Eduard Bähler (1832-1910) und Regierungsstatthalter Jakob Wyss (1841-1913). Sie wurden ersetzt durch Grossrat Robert Benz (1849-1894), Redaktor Gassmann und Ingenieur Weyermann. Bankdirektor Tscherter wurde neuer Präsident. Im Oktober 1889 trat Zeichenlehrer Jakob Häuselmann (1822-1891) nach 11 Jahren vom Schuldienst zurück. Nachfolger wurde der frühere Primarlehrer Robert Lanz (1864-1931). Er bildete sich an der kunstgewerblichen Zeichenschule in Biel und an der Kunstschule in Bern zum Zeichnungslehrer aus.

 

Kein Schulgeld für Schüler aus Biel
Aufgrund des Gemeindebeschlusses entfiel das Schulgeld für Schüler, welche in Biel wohnhaft waren. Die Praxis geriet ins Schwanken, als sich die Frage erhob, ob auswärts wohnende Väter, die in Biel Einkommen oder Grundbesitz versteuern, ihre Kinder nicht Unentgeltlich den Schulbesuch beanspruchen könnten. Der Gemeinderat der Stadt Biel verneinte die Frage und bezeichnete den Wohnsitz als allein massgebend. Die Unentgeltlichkeit der gedruckten Lehrmittel, trat nun auch für die Klassen 3 bis 1 in Kraft.

 

Grippen-Epidemie
Wegen einer Grippen-Epidemie, welche die Schülerzahl auf 27 % verminderte, schloss die Schule bereits am 26. Dezember.
 

Buch von Progymnasiallehrer Albert Maag
Im Selbstverlag brachte Albert Maag, Lehrer für Geschichte und griechische Sprache ein 300 Seiten starkes Buch heraus. «Die Schicksale der Schweizer Regimenter in Napoleons I. Feldzug nach Russland 1812» entstand unter der Mitbenutzung des Bundesarchives und enthielt eine Orientierungskarte des russischen Kriegsschauplatzes und zwei Portraits. Die Zeitung «Der Bund» urteilte: «Das Buch dürfte namentlich bei der schweizerischen Männerwelt willkommen sein.»[4]

1889


Neuer Unterrichtsplan

Der von Erziehungsdirektor Gobat angeregte Unterrichtsplan für Sekundarschulen, Progymnasien und Gymnasien trat am 18. Januar 1890 definitiv in Kraft.

 

Personal
Im Sommer 1890 schied Ingenieur Weyermann nach 1 ½ Jahren aus der Schulkommission, da er seinen Wohnsitz nach Bern verlegte. Nachfolger wurde Ingenieur Sänger. Architekt Johann Jakob Frey (1848-1891), der 8 Jahre der Kommission angehörte, verstarb.

 

Schulausflug der Brüder Walser

Ein Schulausfluge dürfte besonders die Brüder Robert und Karl Walser gefreut haben: Am 21. Juni besuchte die ganze Anstalt das Kloster Bellelay und die prächtige Kluse des Pichoux.
 

1890


Neue Grippenwelle

Am Februar 1891 kam es wieder zu einer Grippenwelle, welche die Klassen währen 14 Tagen stark entvölkerte.

 

Eröffnung der französischen Klasse

Am 22. Februar 1891 beschloss die Einwohnergemeinde am Progymnasium eine französische Klasse zu errichten. Vom Regierungsrat am 11. April genehmigt, eröffnete sie am 4. Mai 1891. Zum Klassenlehrer wurde der aus Loveress stammende Eugen Péquégnat gewählt, früher Lehrer der französischen Primarschule Biel. Er wurde als solcher nach Renan berufen und zum Inspektor des 11. Schulkreises (Delsberg, Freibergen und Münster), mit Sitz in Delsberg, gewählt, wo er bis dahin tätig war.

 

Obligatorischer militärischer Unterricht
Mit dem neuen Schuljahr wurden die Knaben erst nach dem zurückgelegten 5. Schuljahr zum militärischen Unterricht verpflichtet. Dagegen wurde dieser Unterricht für die Schüler der 1. Klasse, für welche er vorher fakultativ war, zum Obligatorium erhoben.

 

Robert Walsers Schulausflug
Auf einem Schulausflug wanderte Robert Walser (Schüler der 2. Klasse) in Murten, beim nahe gelegenen Schlachtfeld und in Wiflisburg.

 

Verfrühte Austritte am Progymnasium
Der Kommission missfällt die Tatsache, dass die Zahl der Schüler wuchs, welche von der im Primarschulgesetz vorgesehen Vergünstigungen Gebrauch machen, sich nach dem 8. Schuljahr durch ein Austrittsexamen der Schulpflicht zu entledigen. 
 

1891


Das kleine Passagierschiff Neptun. Reproduktion aus Bieler Tagblatt vom 25. Juli 1905.
Das kleine Passagierschiff Neptun. Reproduktion aus Bieler Tagblatt vom 25. Juli 1905.

Karl Zigerli-Jäggi (1879-1940) Bijoutier, verlor die Eltern beim Untergang der Neptun
Schüler am Progymnasium von 1889 bis 1894


Der 1879 in Biel geborene Karl Zigerli war das zweitjüngste von sechs Kindern des Karl Abraham Zigerli-Affolter (Uhrenfabrikant und Direktor der Mädchensekundarschule Biel) und der Julia Zigerli-Affolter.
[5] Bereits ein Jahr später verlor er durch ein tragisches Unglück seine Eltern, als das Schiff Neptun auf einer Vergnügungsfahrt wegen eines Sturms im Bielersee am 25. Juli 1880 unterging. Von den 17 Personen konnten sich nur zwei retten. Den Ertrunkenen wurde auf dem Friedhof Tanzmatten ein Grabmonument errichtet. Nach dieser Tragödie wurde der kleine Karl von Goldschmied Gottfried Zigerli, dem Bruder des Vaters, aufgenommen und später adoptiert.[5]
Nach der Übersiedlung nach Bern besuchte Zigerli für kurze Zeit das Gymnasium, gab dann seinen Plan, Pfarrer zu werden, auf und wandte sich dem Beruf seines Adoptivvaters zu, welcher in Bern die Firma «Horlogerie-Bijouterie G. Zigerli.» gegründet hatte. Dazu bildete sich Karl in Bevaix und Biel zum Uhrmacher und später in Pforzheim zum Goldschmied aus.[5]
1899 gründen Karl und Gottfried in Bern als Kollektivgesellschaft die Bijouterie- und Uhrenhandlung
«Zigerli & Cie.» In diesem Betrieb, der sich zuerst an der Kramgasse, danach an der Marktgasse und schliesslich an der Spitalgasse 14 befand, arbeitete Karl jahrelang. Gottfrieds Ehefrau Hanny Zigerli-Jäggi half mit und trug dazu bei, dass das Geschäft besonders in der Uhrenbranche einen sehr guten Ruf bekam.[6] Mitte der 20er Jahre wurde das Haus umgebaut und durch ein Goldschmiedeatelier vergrössert. Das schmucke Geschäft besteht heute immer noch und nennt sich nun «Zigerli+Iff».
Karl Zigerli stand während Jahren dem Zentralvorstand sowie dem Kantonalen und Stadtbernischen Uhrmacherverband vor. Er präsidierte auch eine Zeitlang den Schweizerischen Bijoutierverband. Im Militär war er Major und während dem Ersten Weltkrieg gehörte er den Gotthardtruppen an. In der Heiliggeistkirchgemeinde war er ein wohltätiger Stifter und Berater. Seine Hilfe galt vor allem den alten, alleinstehenden Leuten. Mit Güte nahm er sich auch der Entgleisten in den Strafanstalten und Gefängnissen an. Jahrelang wirkte Zigerli im Rat der Webernzunft. In den letzten Jahren seiner Krankheit schloss er sich der Oxford-Bewegung an. Als grosser Musikfreund war er während 41 Jahren Mitglied der Berner Liedertafel. Er starb 1940 im Alter von 61 Jahren.
[5]

 

1889-

1894


Robert Lanz (1864-1931) Künstler, Zeichenlehrer, Sänger
Lehrer am Progymnasium Biel von 1889 bis 1898
Fächer: Zeichnen
Robert Lanz wurde in Niederbütschel, wo sein Vater Lehrer war, als das dritte von vier Kindern am  24. August 1864 geboren. Wenige Jahre nachher siedelte die Familie nach Biel über, wo Lanz seine Jugendjahre verbrachte. Nach vollendeter Schulzeit im Progymnasium Biel trat er ins Staatsseminar Hofwil ein und wurde sogleich in eine höhere Klasse aufgenommen.  Mit der 45. Promotion bestand er im Herbst 1883 die Patentprüfung und wurde bald darauf als Lehrer an die Primarschule in Biel gewählt, an der er von 1884 bis 1889 wirkte.  Begabung und Neigung führten ihn schon frühe der Zeichen- und Malkunst zu; er besuchte neben seiner Lehrtätigkeiten die Kunstschule und Hochschule in Bern und erwarb 1887 das Zeichenlehrerdiplom.
[1]

1887 erhielt er von der Kunstschule Bern, anlässlich eines Wettbewerbs für Entwürfe kunstgewerblicher Gegenstände, für die Zeichnung einer geschnitzten Wanduhr den ersten Preis.  
Von 1887 bis 1889 war er Schüler der Kunstgewerbeschule am Technikum Biel.  An deren Ausstellungen 1888 fiel dem Berichterstatter vom Tagblatt der Stadt Biel besonders die nach Fotografien entstandenen Kohlen-Zeichnungen des Schülers Robert Lanz auf. Dann arbeitete er als Nachfolger von Häuselmann von 1889 bis 1898 als Zeichenlehrer am Progymnasium Biel.  Als in Biel 1891 die erste Kunst- und Kunstgewerbliche Ausstellung stattfinden, präsentierte Lanz wieder einige kunstvoll komponierte Zeichnungen und Entwürfe. Im selben Jahr wurde er zum Kassierer der Bieler Liedertafel gewählt. 1893 steuerte Lanz zur in Bern aufgekommen Fahnenindustrie bei, als er der Fahnenstickerin Marie Dietiker eine Zeichnung anfertigte, die für den städtischen Stadtturnverein bestimmt war. Im selben Jahre zeichnete Lanz für die Festmedaille vom Westschweizerischen Schützenfest in Biel den Ratshausplatz.
1895 heiratete er Rosa Emma Winzenried, vom Köniz in Herzwil. Die Schulbehörden bewilligten ihm einen längeren Urlaub, damit er seine Studien an der Kunstakademie in München fortsetzen und sein künstlerisches Können weiter ausbilden konnte. Von den dortigen Museen, aber auch in anderen Städten Deutschlands, kam sein Verständnis auf für die grossen Werke der bildenden Kunst. Vom 9. bis 16. August 1895 unternahm die Liedertafel Biel eine Reise. Über die Münchenfahrt berichtete Robert Lanz humorvoll auf 90 Seiten. Seit 1897 beschickte Lanz die Bernische Weihnachtsausstellung. An diesem Kunstmarkt konnten Interessierte Bilder zu erschwinglichen Preisen kaufen. Der Bund vom 17. 12. 1899 stellte fest: «Robert Lanz wollte für sein Schloss Nidau nur 50 Franken, wo ja schon der blosse Einfall mit diesen energischen parallelen Querschatten der Pappelbäume über Wiese und Wasser weg, in letzterem natürlich mit Spiegelung, allein an Finderlohn das Dreifache beanspruchen dürfte.» 1898 stellte er in Biel seine Werke in den Schaufenstern von Buchhändler Ernst Kuhn aus. Um seinen Kindern eine gute Ausbildung zu ermöglichen, erteilte er ab 1898 als Nachfolger von Wilhelm Benteli am städtischen Gymnasium Bern 33 Jahre den Zeichenunterricht. Zuerst unterrichtete er am Progymnasium und ab 1905 an der Real-, Handels- und Literarschule. Zu seinen Schülern gehörte u. a. der Maler und Grafiker Armin Biber.
[1]


«Robert Lanz, genannt Länzchen, war nicht nur ein vortrefflicher Lehrer,
sondern er hatte auch ein gutes Herz.
Länzchen brach auch für die eine Lanze, welche weniger gut im Zeichnen waren.»

Hans Müller, ehemaliger Schüler, Berner Woche, 30. 11. 1940


Ein besonderes Erlebnis war es, als seine Tochter ihre Studien mit dem Doktorexamen abschloss und sein Sohn als Arzt in Bern eine erfolgreiche Praxis eröffnen konnte.
[1]

In der Freizeit pflegte er sein Können in der Aquarellmalerei. Besonders in den ihm lieb gewordenen Wallisertälern entstand unter seiner Künstlerhand manche farbenreiche Studie und manches hübsche Landschaftsbild. Auch in der Porträtkunst hat er sich erfolgreich betätigt. Neben alledem trieb er kunstgeschichtliche Studien: Diese verdichteten sich zu einer Abhandlung, die im Jahre 1911 unter dem Titel «Einfluss des Welthandels auf die Kunst» als wissenschaftliche Beilage zum Jahresbericht des städtischen Gymnasiums veröffentlicht wurde. Später waren es mehr kunstkritische und ästhetische Probleme der Malerei, denen er sich zuwandte. In einem umfangreichen Aufsatz über «Sehen und Abbilden» suchte er den Wandel in der Auffassung und künstlerischen Wiedergabe des malerisch behandelten Gegenstandes darzustellen: Er beabsichtigte damit, den Leser durch die verschiedenen Kunstrichtungen in der Malerei der letzten hundert Jahre zu geleiten. Als begabter Sänger trat er der Berner Liedertafel bei.[2] Er starb im Lehrerzimmer des Berner Gymnasiums durch einen Schlaganfall am 29. Oktober 1931.

 

1889-

1898


Samuel Neuenschwander (1851-1920) 30 Jahre Lehrer am Progymnasium Biel
Lehrer am Progymnasium ab 1890
Fächer: Rechnen, Schreiben (Pflege der Deutschen und Französischen Schrift), Singen
Samuel Neuenschwander wurde am 12. Januar 1851 in Signau geboren, wo er die dortigen Schulen besuchte. 1868 trat er ins Seminar ein und wurde 1870 als Primarlehrer patentiert. Dazwischen arbeitete er 1869 als stellvertretender Lehrer in Roth (Kirchgemeinde Biglen). Nach seinem Abschluss unterrichtete er in der Gemeinde Bowil, ab 1871 in Schüpbach bei Signau und ab 1872 an der Oberschule Signau. 1877 erwarb er an der Lehramtschule das Patent als Sekundarlehrer und verheiratete sich mit der in Signau wohnenden Lehrerin Elise Wälti aus Rüderswyl. 1878 kam er als Sekundarlehrer nach Lyss, wo auch seine Frau Elise als Arbeitslehrerin unterrichtete. 1890 wurde Neuenschwander ans Progymnasium Biel gewählt, an dem er 30 Jahre lang gewirkt hatte.
Er arbeitete viele Jahre als Rechnungsrevisor und Präsident der «Stellvertretungskasse für bernische Mittellehrer». In seiner Freizeit war der Sänger Mitglied der Liedertafel. Er starb am 22. Juli 1920 im Alter von 69 Jahren. [3]

 

Philipp Wilhelm K

   

*1890



Quellen/Sources: 1) E. Sch-r, «Robert Lanz» in Der Bund, Bern, 2. November 1931, S. 2; - 2) «Robert Lanz» in Berner Schulblatt, Nr. 34, Bern 1931, S. 450f; - 3) «Progymnasiallehrer S. Neuenschwander» in Bieler Tagblatt, Biel, 22. 7. 1920, S. 2; - 4) «Literarische Anzeige» in Der Bund, Bern, 18. 4. 1889, S. 3, - 5) «Carl Zigerli» in Der Bund, 13. 6. 1940, S. 4; - 6) «Karl Zigerli - Bijoutier in Bern» in Bieler Tagblatt, 12. 6. 1940, S.3