Das Dufour-Schulhaus / L' école Dufour 1897

Fritz Antenen (1867-1944), Geologe, Gymnasiallehrer

Lehrer am Progymnasium und Gymnasium von 1897 bis 1937
Fächer: Botanik, Geologie, Mineralogie, Geografie, Deutsch, Rechnen


Portrait von Fritz Antenen. Reproduktion aus Berner Woche, Nr. 46, 1944.
Portrait von Fritz Antenen. Reproduktion aus Berner Woche, Nr. 46, 1944.

Fritz Antenen wurde 1867 in Orpund als Kind eines Kleinlandwirts und Angestellten eines Uhrengeschäftes geboren. Von dort besuchte er die Sekundarschule in Nidau. Er erwarb im Lehrerseminar in Hofwil das Primarlehrerpatent. Als junger Lehrer wirkte er im emmentalischen Dörfchen Roth (Gemeinde Arni) und später in Orpund. 1895 wurde er in der Lehramtsschule Bern als Sekundarlehrer in mathematisch-naturwissenschaftlicher Richtung patentiert und doktorierte mit der geologischen Arbeit «Die Vereisung der Emmentäler». Die Dissertation erschien 1901 in den Mitteilungen der naturforschenden Gesellschaft Bern. Darin stellte er fest: «Trotz vieles Suchens ist es mir nicht gelungen, durch Auffinden interglaciarer Bildungen im Gebiet der Emmentäler den direkten Nachweis verschiedener Eiszeiten zu erbringen.»[2]
Von 1895 bis 1897 wirkte er als Lehrer an der Sekundarschule in Münchenbuchsee. 1903 heiratete er Anna Martha Hänni, von Riedermuhlern. Sie war ab 1897 Lehrerin der Klasse 5a der Bieler Mädchensekundarschule.

 

Am Progymnasium und Gymnasium in Biel unterrichtete Fritz Antenen ab 1897 Botanik, Geologie, Mineralogie und Geografie. 40 Jahre später trat er im März 1937 zurück. Zum Abschied schenkte Antenen dem Gymnasium seine wertvolle geologische Sammlung.[1] Er war ab 1920 auch Mitglied der Patentprüfungskommission für Primarlehrer/innen. [3]

 

Fritz Antenen machte sich besonders als Geologe einen Namen, der systematisch die Boden- und Siedlungsverhältnisse vom Seeland erforschte. Am 24. 2. 1909 ernannte ihn der naturwissenschaftliche Verein Biel zum Präsident. In Fachschriften und Tageszeitungen erschienen von ihm zahlreiche Publikationen. Auf Anregung des Bernischen Lehrervereins verfasste er eine viel beachtete Arbeit über die Bodenbeschaffenheit des Seelands.[1] Seine Arbeit über das Boden- und Grundwasser der Stadt Biel steht im Bieler Jahrbuch 1928. Die naturforschende Gesellschaft Bern veröffentlichte 1930 Antenens Forschung über die Alluvionen des Seelandes.[3]

 


Kartenskizze von Fritz Antenen. Reproduktion aus «Beiträge zur Quartärforschung des Seelands», Schweizerische geologische Gesellschaft, Nr. 13, Lausanne, 1914

 

1932 vermittelte er Arbeitslosen an einer geologischen Exkursion das Wissen um die geologische Beschaffenheit im Molassengebiet. Seine jahrzehntelangen Erfahrungen verarbeitete er in dem Buch «Geologie des Seelandes», 1936 erschienen im Verlag der «Heimatkundekommission des seeländischen Landesteilverbandes des bernischen Lehrervereins». Es beschrieb darin die Untersuchung der tertiären Molasse. Das ist die Stufe, die das orografische Landschaftsbild des Seelandes von heute bestimmt, nach deren Niederschlag der grosse alpin-jurassische Faltungsprozess einsetzte und welche die Gliederung der Schweiz in drei natürliche Bodenabschnitte, in Alpen, Mittelland und Jura, teilt.[4] In den letzten Jahren hatte sich Dr. Antenen speziell der Erforschung der Grundwasserverhältnisse gewidmet und wurde vielfach als geologischer Experte beigezogen.

 


«Im Taubenloch durchquert die Schüss die
erste Jurafalte, nämlich die Seekette.»

Fritz Antenen, 100 Jahre Taubenlochweg, 1889-1989

Taubenlochschlucht
Taubenlochschlucht

Studien in der Taubenlochschlucht
Der Geologe Dr. Max Antenen (1933-2015), nicht verwandt mit unserem Gymnasiallehrer, erzählt im Bieler Jahrbuch 1977 über Fritz Antenen: «Fritz Antenen konnte in den 20er Jahren am Eingang ins Taubenloch bei Felssprengungen eine etwa 3 Meter tiefe Spalte in den Kalken der jüngeren Twannbach-Formation, gefüllt mit Bolustonen, untersuchen. 1939 veröffentlichte er als Erinnerung an die 50-Jahr-Feier der Eröffnung der Weganlage durch die Taubenlochschlucht eine kleine Festschrift. Darin hatte Fritz Antenen in einem kleinen Aufsatz das Taubenloch und seine geologischen Verhältnisse dargestellt. Die kleine Schrift vermittelt uns einen guten ersten Überblick über die geologische Geschichte der Schüssschlucht.»[5]

 

Fritz Antenen: «Die Taubenlochschlucht ist ein orientierender Einschnitt in die wohl 1000 m mächtige Felsstufe der Juraformation. Diese entstand als kalkiger Niederschlag des Jurameeres. Auf Jahrmillionen wird in der Erdgeschichte ihr Alter geschätzt. Über ihr liegen bei ungestörter Lagerung der Felsbänke noch zwei weitere, in jüngeren Meeren entstanden felsige Gebilde der Erdhülle: die Kreide- und die Tertiärformation. Beide sind in der Region des Taubenloches abgetragen worden. Die anstehenden Felsbänke, die uns am Eingang oberhalb Bözingen überraschen, sind Portlandkalke. Beim Eingang des Taubenlochs befanden sich die industriellen Anlagen der Vereinigten Drahtwerke. Aushebungen und Felssprengungen, die in der Nachkriegszeit bei der Erstellung von Um- und Neubauten dieses Betriebs ausgeführt wurden, deckten lehrreiche Verwitterungserscheinungen auf: Spalten und sackartige Vertiefungen im Portlandkalk, angefüllt mit gelbem und rotbraunem, tonigem, aus dem Anfang der Tertiärzeit stammendem Verwitterungsmaterial, genannt Bolus. Seine rotbraune Farbe verweist auf Eisengehalt.
Auf der rauen Oberfläche der Felsbänke finden sich schraubenartige Abdrücke einer Schneckenart. Nerinea cosae nennt der Geologe das fossile Tier und die dessen Steinkern einschliessenden Bänke Nerineenbänke. Sie leiten von der Portland- zur tiefer liegenden Kimmeridgestufe über. Letzte befinden sich einige Meter unterhalb des künstlichen Wasserfalls, stark geneigt und nordwärts anstrebend, der Tiefe entsteigend. Innerhalb der jurassischen Schichtfolge liefern die soliden Bänke der Kimmeridgestufe den besten Baustein, bekannt als Solothurnerkalkstein. Wir finden ihn auch in der Bieler Altstadt. Über solchen führt der Treppenweg zur Stadtkirche. Aus Kimmeridblöcken erbaute man die kräftig stützenden Mauern nach der Untergasse hin; aus dem nämlichen Material bestehen die meisten Brunnentröge innerhalb und ausserhalb der Altstadt. Auch das schmucke Bauwerk der französischen Kirche fand Verwendung. Der Schüss ist es bis heute nicht gelungen, den Solothurnerkalkstein vollständig zu durchschneiden. Der nächst tiefer liegende Sequankalk kann im Taubenloch noch nirgends nachgewiesen werden. Kraftstrotzend drängt die Schüss im unteren Drittel der Schlucht dem Vorland zu. Reibend und schleifend bearbeiten ihre schäumenden und strudelnden Wasser im engen Bett den nackten Fels. Kessel reiht sich an Kessel. In uns wird das Bild der Gletschermühlen wach, das sich jedem naturverbundenen Besucher des Gletschergartens in Luzern so tief in der Erinnerung verankert. Beide sind durch stürmisch fliessendes, felshöhlendes Wasser ausgehoben worden.
Auf einem Gang durch die Schlucht wird uns auch die Eiszeit in Erinnerung gerufen. Längs des Weges melden sich mehrere erratische Blöcke. Aus den Walliseralpen stammen die meisten. Einzelne weisen sich als Abkömmlinge des Mont-Blancmassives aus. Der schönste unter ihnen liegt schon im oberen Schluchtausgang nahe der Schüss. Diese Wanderblöcke sprechen für den Arm des Rohnegletschers, der, dem Schüsstal folgend, mit seiner Spitze die Region von Sonceboz erreichte.» [6]


In seiner «Geologie des Seelands» schildert er weiter über das Taubenloch: «Das Kalkgebirge meldet sich im engen Schluchtental in Form von Höhlen. Sie treten mehr im mittleren Teil des Taubenloches auf und sind jener kalklandschaftlich typischen Erscheinungsgruppe beizuzählen, die wir als Karstphänomen beschrieben. Das Residium der Verwitterung, der Höhlenlehm, fehlt ihnen nicht.»

 

 

 

 

 

 

 

 

Bildergalerie der Taubenlochschlucht


 

Dr. Antenen wurde 1906 vom Stadtrat in die Museums-Kommission gewählt, wo er als Konservator die geologisch-mineralogisch Sammlung bis 1937 betreute. Die engen Museumsräume erlaubten ihm nicht, das wissenschaftlich wertvolle Material durch eine systematische Aufstellung auszuwerten. Seine zahlreichen Knochenfunde konnte er jedoch sorgfältig verarbeiten und mit genauen Fundberichten versehen.[3] Als Konservator des Museums betreute er unter anderem die bedeutende Sammlung des Geologen Louis Rollier (1859-1931).

 

Von Biel zog Antenen zuerst nach Frauenfeld, wo seine Tochter Dr. jur. Thalmann-Antenen, die das Fürsprecherpatent erworben hatte, einen eigenen Hausstand gründete. Sie wurde 1943 für eine juristische Arbeit mit dem Preis des Schweizerischen Juristenvereins ausgezeichnet. Dann siedelte Fritz Antenen 1937 nach Bern über. Dort starb seine Frau Martha 1943. Er folgte ihr am 18. 10. 1944, im 77. Lebensjahr, nach. [1]

 

Literatur von Fritz Antenen:

Die Vereisung der Emmentäler (1901), Beitrag zur Kenntnis der Alluvialbildung am unteren Ende des Bielersees (1907), Beitrag zur Quartärforschung des Seelands (1914), Über das Quartär in den Tälern der Waldemme und der Entlen (1923), Boden und Grundwasser der Stadt Biel, im Bieler Jahrbuch 1928 (1928), Die Alluvionen des Seelandes (1930), Geologie des Seelandes (1936), Das Taubenloch, seine geologischen Verhältnisse, Festschrift (1939)

 

Philipp Wilhelm K

    



Quellen/Sources: 1) G. «Dr. Fritz Antenen» in Die Berner Woche, Nr. 46, Bern, 1944; 2) Fritz Antenen, «Die Vereisung der Emmentäler» in Mitteilungen der naturforschenden Gesellschaft Bern für das Jahr 1901, Nr. 1500 - 1518, Bern 1902, S. 18ff; - 3) «Dr. Fritz Antenen - alt Gymnasiallehrer» in Bieler Tagblatt, Biel, 21. 10. 1944, S. 3; - 4) «Geologie des Seelands» in Bieler Tagblatt, Biel, 22. 10. 1936, S. 1; - 5) Dr. Max Antenen, «Geologie der Taubenlochschlucht» in Bieler Jahrbuch 1977, S. 60ff; - 6) Fritz Antenen, «Das Taubenloch seine geologischen Verhältnisse» in Festschrift die 50-Jahrfeier an die Eröffnung der Weganlage durch die Taubenlochschlucht, Biel, 1939, S. 18ff