Das Dufour-Schulhaus / L' école Dufour 1870-1880

Das Knabenschulhaus nach dem Umbau 1871.
Das Knabenschulhaus nach dem Umbau 1871.

Umbau
Die Bevölkerung entwickelte sich sprunghaft. Die Schülerzahlen wuchsen. Damit nahm auch der Bedarf an Schulraum zu. Im Sommer 1871 entschloss sich die Einwohnergemeinde wegen Platzmangels zu einem grossen Umbau. Die Pensionsräumlichkeiten gingen ein. Dem Haus wurde ein neues Stockwerk aufgesetzt und darin eine stattliche Aula errichtet. Der Mittelbau erhielt eine gefällige Fassade, und Ost- und Westflügel wurden durch kleine Anbauten verlängert. Bei diesem Umbau fand der Rote Turm, ein Überrest der alten Stadtbefestigung, seinen Untergang. Das Mädchenschulhaus (Dufour-West) ging infolge eines 1872 datierten Abkommens zwischen der Burggemeinde und der Einwohnergemeinde in den freien Besitz der Einwohnergemeinde über.[1]

 

Frequenz

Im ehemaligen Gymnasium hatte es Platz für 33 Klassen mit insgesammt 1’320 Schüler und Schülerinnen.

 

1871


 Accroissement et baptême du gymnase

La ville connu une poussée démographique débridée, L’effectif des écoliers augmenta rapidement, ce qui entraîna l’ouverture de nouvelles salles de classe. En 1870/71, le bâtiment scolaire qui occupait la partie est du cloître fut rehaussée d’un étage et, du côté de la rue, il fut doté d’une risalite centrale (avant-corps) en Molasse. De petites annexes vinrent s’ajouter à l’aile ouest et à l’aile est. L’ancien pensionnat, au premier étage, dut céder des locaux. Quand à la Tour Rouge, qui était le dernier vestige de l’ancienne fortification, elle fut démolie lors des travaux de transformation en 1871.[4]

  


Politiker Alexander Schöni (1796-1880)
Politiker Alexander Schöni (1796-1880)

Legat von Alexander Schöni

1880 starb Regierungsstatthalter Alexander Schöni, ehemaliges Mitglied des Administrationsrates des Progymnasiums.

In seinem Testament vermachte er der Schule 9000 Franken mit der Bedingung, dass dieses Kapital, zu 5 % verzinst, 115 Jahre lang stehen bleibe und dann zur Errichtung eines oberen Gymnasiums verwendet werde. Administration und Gemeinderat traten mit der Erbschaft Schöni in Unterhandlungen ein, die dazu führten, dass letztere sich um die bedingungslos zu zahlende Summe von 4000 Franken vom Legate loskauft.

 

 

1880


Gottfried-Ischer-Weg in Biel Mett.
Gottfried-Ischer-Weg in Biel Mett.

Gottfried Ischer (1832-1896), Pfarrer in Mett und Mitarbeiter der geologischen Karte der Schweiz.

Religionslehrer am Progymnasium von 1882 bis 1893

Mitglied vom Verwaltungsrat am Progymnasium von 1872 bis 1896

Pfarrer Ischer wurde am 19. Dezember 1832 in Thun geboren. Sein Vater Karl Christian Ischer (1796-1859) arbeitete als Pfarrer in Hilterfingen. Seine Mutter war Karoline Schrämli. Seine theologischen Studien absolvierte er in Thun und Bern und besuchte, nachdem er bereits in den bernischen Kirchendienst aufgenommen war, von 1860 bis 1861 die Universitäten von Berlin und Paris. Von 1861 bis 1870 wirkte Ischer als Pfarrer an der Lenk (Obersimmenthal). Hier heiratete er Sophie Steinhäuslin (1832-1897). Der Ehe entsprangen zwei Söhne, von welchem der eine Arzt, der andere Apotheker wurde, sowie eine Tochter. Im Herbst 1870 wurde er nach Biel Mett berufen wo er nun 26 Jahre als Pfarrer wirkte. In der Kirchgemeinde Mett-Madretsch hat er als Freund und Ratgeber der Lehrer viel zur Hebung der Schulen beigetragen. Auch um das Progymnasium in Biel hatte er sich als langjähriges Mitglied des Verwaltungsrates (ab 1872) und als Religionslehrer an dieser Schulanstalt Verdienste erworben. Ischer war anerkannter Geologe. Zusammen mit E. Favre verfasste er 1882 im Auftrag der geologischen Kommission das Blatt 17 der geologischen Karte der Schweiz vom westlichen Berner Oberland. Seine geologische Karte umfasste ein Gebiet von 1000 Quadratkilometer.


«Was ein Architekt anstrebt, wenn er die Gestalt eines Doms nicht nur nach

äusseren Formen der Schönheit, sondern auch aus baugesetzlichen und

cultischen Grundgedanken zu würdigen sucht, das verfolgt der Freund der Berge

in der geologischen Forschung».

Gottfried Ischer [9]


Trotz seiner Wissenschaftlichen Arbeiten, blieb die Pflicht als Pfarrer an erster Stelle. So eilte er einmal aus dem Gebiet der Walliser Alpen schleunigst zur Beerdigung eines armen, alten Mütterchens in Madretsch, denn keiner durfte ohne sein Geleit zu Grabe getragen werden.  Ischer war von 1882 bis 1896 Mitglied der Bieler Museumskommission. Er betreute im Museum Schwab die geologisch-mineralogischen Sammlungen. Während seiner geologischen Studien erfuhr Ischer nachhaltige Förderung durch Professor Bernhard Studer, mit dem er einen Umfangreichen Briefwechsel pflegte. Er starb am 4. Dezember 1896 mit 64 Jahren in Biel Mett. Ischers Sammlungen haben nach seinem Tod das Museum von Biel bereichert.
[5] Auch die Seeländische Armenanstalt in Worben hatte an Pfarrer Ischer einen ihrer Gründer und Förderer gefunden.[11]

 

1872-

1896



Major Albert Steiner. Reproduktion aus Bieler Tagblatt 8. 2. 1927.
Major Albert Steiner. Reproduktion aus Bieler Tagblatt 8. 2. 1927.

Albert Steiner (1861-1927), Bieler Kreiskommandant, Major und Forstkassierer der Burgergemeinde Biel
Schüler am Progymnasium Biel von 1873 bis 1877

August Abraham Albert Steiner kam am 21. 8. 1861 in Biel zur Welt. Sein Vater Abraham Samuel (1824-1905) war Küfermeister, Stadt- und Gemeinderat, Kreiskommandant und Gastwirt in Biel. Seine Mutter war Henriette Josephine Oertli von Ennenda (1835-1902). Das Ehepaar hatte drei Kinder, darunter den späteren Minister Paul Werner Steiner. Sie besassen drei Häuser an der Collègegasse.[5]
Albert Steiner besuchte zunächst die Burgerschule und danach von 1873 bis 1877 das Progymnasium. Es folgte ein Aufenthalt im Morgenthalerschen Institut in La Neuveville (Neuenstadt) und eine Lehre in der Zigarrenfabrik von Jean Sessler (1822–1897). Ein zweijähriger Aufenthalt in Paris und ein Jahr in London förderten seine Sprachkenntnisse, mit denen er 1886 als 25-jähriger in seine Heimatstadt zurückkehrte. 1887 heiratete er Marietta Carolina Joséphina Fratecolla (1863-1930), die Tochter seines Prinzipals, bei dem er als Zwanzigjähriger seine erste Anstellung gefunden hatte. Allerdings übte er den kaufmännischen Beruf nur kurze Zeit aus. Er wurde zuerst Sektionschef und ab 1893 Kreiskommandant. Albert Steiner diente der Stadt Biel einige Zeit als Stadtrat und Feuerwehrkommandant.[10]
Er betätigte sich in verschiedenen Bieler Institutionen: Seit 1886 war er Forstkassier der Burgergemeinde, Ratsmitglied der Volksbank, 30 Jahre Vorstandsmitglied der Theatergesellschaft, 29 Jahre Mitglied der Freimaurerloge Stern, Präsident des Verwaltungsrates der Ersparniskasse und Präsident der Bieler Immobiliar-Gesellschaft (Société immobilière de Bienne). Steiner starb 1927 im Alter von  66 Jahren.[10]
 

1873-

1877



Architekt Wilhelm Römer, Reproduktion aus Bieler Tagblatt, 14. 1. 1938.
Architekt Wilhelm Römer, Reproduktion aus Bieler Tagblatt, 14. 1. 1938.

Wilhelm Römer (1862-1938), Architekt

Schüler am Progymnasium Biel von 1873 bis 1878

Wilhelm Cäsar Römer kam am Januar 1862 auf dem Anwesen «Römer am See» zur Welt. Er war der Sohn von Wilhelm Römer (1820-1892), Wirt des «Gasthauses zum Schiff» und der Anna Barbara Glauser von Jegersdorf. Zu seinen Geschwistern zählten Oberst Hans Gottlieb Römer (1864-1930) und Fritz Römer (1859-1934), mit denen er die Leidenschaft für die Jagd teilte, sowie seine Schwester Bertha Schöchlin-Römer (1860-1951), eine Kunstmalerin, die in ihren Bildern u.a. naturgetreue Jagdszenen darstellte.
Nach dem Progymnasium besuchte Wilhelm Römer das Gymnasium in Pruntrut. Nach bestandener Matura trat er in das eidgenössische Polytechnikum in Zürich ein, wo er 1884 das Architektendiplom erwarb. Beim Bau des Zürcher Postgebäudes war er Bauleiter und in der gleichen Eigenschaft baute er für die Bieler Firma «Frey und Haag» das Hotel in Mürren.[17]

 

Möri & Römer
1895 verband sich Wilhelm Römer in Biel mit dem Baugeschäft Möri zur Kollektivgesellschaft «Möri & Römer» mit Sitz an der Seestrasse 29. Unter seiner Leitung entstanden in Biel mehrere Liegenschaften, darunter fünf Wohn- und Geschäftshäuser an der Nidaugasse 39-41 (1895) und 43-47 (1894), sowie eine Häuserzeile mit drei Wohnbauten an der Spitalstrasse 21-25 (1899).

1873-

1878


Spitalstrasse 21-25, Architekten Möri und Römer, 1899
Spitalstrasse 21-25, Architekten Möri und Römer, 1899

Ein Brand zerstörte 1896 das Werkschaftsgebäude. Dabei wurden mehrere Geräte aus Holz und verschiedene Maschinen zerstört und rund 40 Arbeiter wurden arbeitslos. Als die Kantonalbank 1896 Land für eine neue Filiale benötigte, kaufte sie das Terrain von Möri und Römer an der Nidaugasse-Florastrasse. Bei einer Fläche von 386 Quadratmetern betrug der hohe Kaufpreis pro Quadratmeter Fr. 140.-. In Bern wurden 1897 an der Bernstrasse drei Wohnhäuser gebaut. 1898 erfolgte die Gründung der «Arbeiterkrankenkasse des Baugeschäftes Möri & Römer in Biel», bei der jedes Mitglied monatlich Fr. 1.- zahlte, Lehrlinge die Hälfte.

 

Römer und Fehlbaum
Nach dem Rücktritt des Bauunternehmers Friedrich Wilhelm Möri (1858-1941), wurde das Architektur- und Baugeschäft 1901 als Grossbetrieb «Römer und Fehlbaum» weitergeführt. Mit dem Bieler Stadtbaumeister August Fehlbaum (1856-1931) verband Römer eine enge Freundschaft. Die Firma hatte eine mechanische Zimmer- und Schreinerwerkstätte, eine Sägerei und handelte mit Holz und Schnittwaren. Die Arbeiterkrankenkasse wurde unter neuem Namen beibehalten. Als Buchhalter wirkte der zuverlässige Ernest Freitag, der 1914 mit nur 46 Jahren starb. Kaufmännischer Mitarbeiter war Werner Bloesch (1904-1968). 1913 absolvierte der Kunstmaler und Architekt Oskar Binz (1895-1957) sein Praktikum.



Standorte von Römer & Fehlbaum: Zuerst Bahnhof-Nidaustrasse 5 und Seestrasse 29 (Inserat vom Adressbuch Biel 1918) und später Aarbergstrasse 65 und Ländtestrasse 29 (Inserat vom Adressbuch Biel, 1928).

 

Tätigkeiten in Bern: 1901/02 entstand am Breitenrainplatz 26-30 ein Mehrfamilienhaus, 1903 die Zigarettenfabrik Batschari an der Habsburgstrasse 19. Nach dem Abbruch des Anwesens von Ernst Dapples, Berner Stadtgeometer bis 1868, benannte der Gemeinderat am 17. August 1904 den nördlich davon angelegten Weg in Dapplesweg. Im gleichen Jahr errichteten Römer und Fehlbaum am Dapplesweg 11-17 eine vierreihige Wohnhauszeile im Jugendstil. Im Jahr 1905 konnte ein Grossbau mit 48 Wohnungen am Beaumont fertiggestellt werden. In Bern besass die Firma das «Café Riesen» am Breitenrainplatz, das sie 1906 an den Wirt Jakob Brand verkauften. Das Architekturbüro befand sich an der Breitenrainstrasse 33.


Bauten für die Uhrenindustrie Grenchen: Für den Uhrenrohwarenfabrikanten Adolf Schild entstanden zwischen 1906 und 1915 vier Erweiterungsbauten an der Mühlestrasse 6-34 (heute ETA) und 1915 seine Villa mit grossem Garten an der Bahnhofstrasse 30.


Tätigkeiten in Biel: 1902 erfolgte der Ausbau des Dachstockes eines 1850 erstellten Wohngebäudes (ehemalige Schmiede) an der Juravorstadt 4, im selben Jahr der Bau der «eigenartigen, aber sehr schönen» Festhütte des kantonalen Gesangs- und Turnfestes auf der Wildermettmatte, 1903 eine weitere Festhütte für das kantonale Schützenfest in Biel. 1903 wurden Schreinerarbeiten an der Pasquartkirche ausgeführt. Ebenfalls 1903 erfolgten an der Plänkestrasse 17 für die Methodistengemeinde der Umbau der 1857 erstellten Kapelle mit einem Saal und auf der Westseite der Kapelle an der Plänkestrasse 17a ein Predigerhaus mit sieben Zimmern. 1904 wurden die Wohnhäuser an der Plänkestrasse 4-8 gebaut. 1905 erhielt die Firma den Auftrag für die Kanalisationsarbeiten im Pasquart. Im selben Jahr wurde neben dem Plänkeschulhaus an der Neuengasse 8 eine öffentliche italienische Bibliothek für die Gesellschaft «Dante d'Alighieri» errichtet. 1906 erhielt Emil Flieger sein Dreifamilienhaus «Im Rebberg» am Höheweg 79.
1908/09 konnte beim 1876 erstellten Grand-Hotel Magglingen die Zwischentrakte aufgestockt werden. 1908/09 wurde an der Schützengasse 30 ein Ateliergebäude mit Wohnung erstellt. 1911/12 entstand am Ritterweg 8 das Fabrikgebäude für die Uhrenfirma Gasser & Cie und ihren 60 Arbeitern. Der zweigeschossige Bau wurde 1916 aufgestockt.



1903, Plänkestrasse 17

Umbau der Methodistenkapelle

 

1904, Plänkestrasse 4

Mehrfamilienhaus

 

1904, Pänkestrasse 4-8

Drei Mehrfamilienhäuser

  



1906, Höheweg 79

Dreifamilienhaus im Rebberg

 

1908/09, Schützengasse 30

Wohnhaus

 

1911/12, Ritterweg 8

Fabrikgebäude für Uhrenfabrikant Gasser

  


Die Erd- und Maurerarbeiten für die beiden Zeughäuser fanden 1913 statt. Zwischen 1912 und 1914 gestaltete die Firma das Haus von Hermann Aegler  (Rolex) am Höheweg 82 um. 1914 erfolgten an der Seevorstadt 85 die Umbauten an der Nord- und Ostseite der 1861 erbauten «Villa Baumgärtli» für Hans Gasser-Heuer. 1915 entstand an der oberen Nidaugasse für die Gebrüder Hetz AG eines der schönsten und modernsten Geschäftshäuser Biels. Es besitzt einen achteckigen Turm mit einer kupfergedeckten Kuppel und wurde vom Künstler Hermann Hubacher verziert. Der Plan stammte von der Architektenfirma Moser & Schürch, die Ausführung übernahm Römer und Fehlbaum.

1916 bildete sich zur Erstellung einer schwimmenden Schiffslände auf den Bielersee die «Genossenschaft der Bootsbesitzer». Römer und Fehlbaum bauten nördlich der Bieler Badeanstalt eine öffentliche Anlage, die erstmals Platz für 35 Ruder-, Motor- und Segelboote bot. Je nach Bedarf konnte die Anlage auf 60 Schiffsplätze erweitert werden. Der Zugang erfolgte über die Badhausbrücke. In einem Häuschen wurden die Ruderer und das Material untergebracht. Da schwimmende Anlage wurde von 90 Fässern getragen. Ausserdem konnte durch die Errichtung eines 25 Meter langen und 3 Meter hohen Steindammes die Schiffslände gegen Sturm geschützt werden.[33] 1917 beteiligte sich die Firma mit Zimmer-, Glas- und Schreinerarbeiten am Wohlfahrtsgebäude der Vereinigten Drahtwerke AG Biel. Während des Krieges entstanden hölzerne Kriegsbaracken. Es handelte sich um Spitalbaracken von 30 Metern Länge und Stallbaracken für 50 Pferde. Sie waren transportabel, leicht auf- und abzubauen und wurden 1917/18 für die amerikanische Armee nach Frankreich geliefert. Römer und Fehlbaum zeigten ein Ansichtsexemplar im Hof des Baugeschäftes. 1919 wurde der Dachstuhl vom Neubaus des Schweizerischen Bankvereins erstellt. 1920 zerstörte ein Brand beinahe das Schreinereigebäude der Baufirma.

1921 unterstützten Römer und Fehlbaum die Kindergenesungsanstalt «Maison Blanche» mit einem namhafte Betrag. 1923 erfolgten Erd-, Maurer- und Eisenbetonarbeiten für den neuen Bieler Bahnhof und als Verbindung vom Güterbahnhof durch die Jurastrasse die sechste Brücke vom Schüsskanal. Es folgten 1923/24 zwei Doppelwohnhäuser am Höheweg 16-22, 1923/24 sechs Zweifamilienhäuser an der Alpenstrasse 45-55, 1925 die Wohn- und Geschäftshäuser in Zusammenarbeit mit den Architekten Moser & Schürch an der Spitalstrasse 13-19 und 1927 ein Doppelwohnhaus an der Schützengasse 95-97.



1922/23, Höheweg 16-22

Doppelwohnhäuser, Vorderseite

 

1922/23, Höheweg 16-22

Rückseite

 

1925, Spitalstrasse 13-19

Wohn- und Geschäftshäuser

  


1926 brachte die Gemeinde in dem von Römer und Fehlbaum vermieteten Gebäude (Verwaltungsgebäude III) an der Neuengasse 8 die Baudirektion mit Bau- und Vermessungsamt und das Zivilstandsamt unter. 1927 plante die Firma an der Ländtestrasse eine Petroltankanlage, System ABAC mit einem Fassungsvermögen von 2000 Litern. 1929 stellte der Brückenbau in der Taubenlochschlucht (Baufirma Reisler & Madliger) eine besondere Herausforderung dar. Römer und Fehlbaum stellten die Gerüste in zwei Etappen auf. In der ersten Etappe wurden diese bis unterhalb der bestehenden Brücke aufgebaut und die Brücke um 4,20 Meter verschoben. Anschliessend wurde der obere Teil des Gerüstes montiert, während der Verkehr über die verschobene Brücke geleitet wurde.
1930 wurde die Firma Römer und Fehlbaum in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Armand Nicolet, Präsident des Gewerbeverbandes, war Direktor und Römer und Fehlbaum Verwaltungsräte. Das Lokal befand sich an der Aarbergstrasse 65 in Biel. 1931 starb August Fehlbaum. 1932 fand mit dem Bau der Zementfabrik in Reuchenette ein neues Bauverfahren statt. Es handelte sich um das aus Amerika eingeführte Gleitbauverfahren, das vor allem beim Bau von Silos zum Einsatz kam. Die Firma baute sieben viereckige 22 Meter hohe Silos. Ebenfalls arbeitete sie in diesem Jahr an einem Landungssteg für die Dampfschiffe auf der Nordseite der St. Petersinsel. In Zusammenarbeit mit Architekt Leuenberger entstand 1933 an der Ländtestrasse 13 ein Einfamilienhaus mit Garage im Stil des Neuen Bauens, also mit Flachdach. Die Eigentümerin Marguerite Weidauer-Wallenda (1882-1972), eine deutsche Schaustellerin, wohnte dort bis 1969. Dann zog sich Wilhelm Römer vom Geschäft zurück, das 1938 Konkurs ging und 1939 liquidiert wurde.

Privates
In seiner Freizeit gehörte Wilhelm Römer dem Pistolen- und Revolverclub Biel an, ab 1927 als Ehrenmitglied. 1886 war er Mitbegründer des Seeclubs Biel. Am 15. April 1895 heiratete er Ida Bertha Heuer von Brügg. Sein Herz gehörte auch seiner Luzerner Jagdhündin. Von 1917 bis 1920 war er Präsident der Baugesellschaft Pasquart, die im Pasquart 15 Wohnhäuser an der Museumsstrasse, Seevorstadtstrasse, Elfenaustrasse, am Promenadenweg und am Gesellschaftsweg besass. Er wohnte an der Wiesengasse 4 und starb am 13. Januar 1938 im Alter von 76 Jahren.  L

 



Dr. Hans Rummel, gezeichnet von Frank Behrens. Repr. aus Bieler Tagblatt, 1. 4. 1941, S. 1
Dr. Hans Rummel, gezeichnet von Frank Behrens. Repr. aus Bieler Tagblatt, 1. 4. 1941, S. 1

Hans Rummel (1862-1943), Chefarzt des Kinderspitals Wildermeth, Samariter, Helvetianer

Schüler am Progymnasium Biel von 1873 bis 1878

Hans Albert Rummel kam am 6. Oktober 1862 in Biel als Sohn des vermögenden Eisenwarenhändlers Johann David Rummel (1838-1878) und der Verena Fanny Marti von Schangnau (1837-1906), zur Welt. Das Paar heiratete am 9. 12. 1861 und kaufte 1874 für 95‘000 Franken das Haus Heilmann an der Kanalgasse 3. Die Mutter Fanny war die Schwester von Elisa Marti, der Frau von Adolf Walser (Vater von Robert Walser). Hans‘ Bruder war der nach Argentinien ausgewanderte Buchhalter Karl Wilhelm (1864-1908). Seine Schwester Fanny Louise (1866-1888) wurde 1875 von Albert Anker porträtiert und heiratete 1885 den Arzt Walter Sahli. Sie starb in Baden (Aargau) nach der Geburt ihrer einzigen Tochter.[5]
Nach dem Besuch der Bieler Schulen ging Hans ins Gymnasium Burgdorf. Anschliessend studierte er Medizin an der bernischen Hochschule. Im letzten Semester zeichnete er sich besonders bei Professor Peter Müller aus, dem er später assistierte. Er wurde Mitglied der Studentenverbindung «Helvetia» und bestand 1887 sein praktisches Examen als Arzt und Wundarzt. 1888 wurde Rummel zum Sanitätsoffizier ernannt. Zunächst arbeitete er als Assistenzarzt an der kantonalen Entbindungs- und Frauenkrankenklinik in Bern.

1873-

1878


Inserat vom Tagblatt der Stadt Biel, 19. März 1891
Inserat vom Tagblatt der Stadt Biel, 19. März 1891

Hans Rummel kehrte nach Biel zurück und eröffnete im März 1891 seine ärztliche Praxis im elterlichen Haus an der Kanalgasse 3.[18] Im gleichen Jahr wurde er beauftragt, die Tauglichkeit der Kandidaten der Eisenbahnschule zu prüfen. 25 Prozent waren untauglich, ein grosser Teil davon wegen Farbenblindheit.  1894 gab er im Winter sechswöchige Kurse für den Bieler Samariterverein, der grösstenteils von Frauen besucht wurde.
Im Winter 1894/95 nahm die Bieler Eisenbahnschule den Samariterkurs in ihr Programm auf. Leiter und theoretischer Lehrer war Hans Rummel, Hilfslehrer für den praktischen Teil war Finanzdirektor Cäsar Türler-Turrian (siehe Biografie). Der Unterricht in zwei Parallelklassen umfasste je 40 Stunden. Die 46 ausgebildeten Samariterinnen und Samariter konnten dann auf den Bahnhöfen und in den Zügen mit modernstem Sanitätsmaterial Erste Hilfe leisten. Als Vorstandsmitglied der Gemeinnützigen Gesellschaft stellte Rummel ab 1895 ein unentgeltliches Kursprogramm für häusliche Krankenpflege in Theorie und Praxis zusammen. Für die praktischen Übungen bewilligte die Spitaldirektion die Benutzung des Spitalgebäudes. Als Dankeschön organisierten die Teilnehmerinnen eine Kollekte, deren Erlös Dr. Rummel dem Spital übergab. Auch dem Frauenkrankenverein stellte er sein Wissen zu Verfügung. 1899 war er Regimentsarzt des in Münchenbuchsee stationierten Bataillons 26, und des in Schönbühl stationierten Bataillons 27.
Im 1903 eröffneten Kinderspital Wildermeth wurde er Leiter der Abteilung für innere Krankheiten. Nach der Wahl Dr. Schaerers zum Chefarzt des Bezirksspitals, übernahm er die chirurgische Kinderabteilung. Dabei stellte er fest, dass die Bieler Schulen über keinen Schularzt verfügten und reichte eine entsprechende Motion ein, die der Stadtrat am 6. Oktober 1904 für erheblich erklärte. Wie man aus den Bieler Adressbüchern entnehmen kann, arbeitete er gleichzeitig in der Privatklinik Pasquart an der Seevorstadt 75.
1906 hielt er in Biel an der Jahresversammlung des Schweizerischen Hebammenvereins einen Vortrag über die Entwicklung des Hebammenwesens. 1927 übernahm Dr. Rummel nach dem Tod von Dr. Grütter die Abteilung für Innere Medizin im Wildermethspital. 1928 erhielt er für seine 25-jährige Tätigkeit im Kinderspital ein Landschaftsgemälde des Malers Philipp Robert. 1929 wurde er in der Nidaugasse von einem Auto angefahren. Er trug zwei Kopfverletzungen davon, die zum Glück nicht schwer waren. 35 Jahre half Hans Rummel mit, das Kinderspital auf- und auszubauen, bis er sich 1938 als leitender Spitalarzt zurückzog, um sich ausschliesslich seiner Privatpraxis zu widmen. Die Bieler Familien schätzten ihn als Hausarzt, der seinen Patienten jederzeit zur Verfügung stand. Der «Allgemeinen Krankenkasse der Stadt Biel und Umgebung» gehörte er als Vorstandsmitglied an.[18]

Familie
1899 heiratete er Marguerite Gaillet von Haut-Vully (gest. 1958), die an zahlreichen Wohltätigkeitsveranstaltungen teilnahm, u.a. am Spitalbasar. Für den «Verein für Versorgung armer Waisen in Biel» (Oeuvre des Orphelins pauvres de Bienne) amtete sie als Sekretärin und als Präsidentin. Marguerite war mit Anna, der Frau von Albert Anker, befreundet.

Politik und Gesellschaft
1892 wählte die Studentenverbindung «Männer Helvetia» Dr. Rummel zum Präsidenten. Dem Bieler Schulwesen diente er als Mitglied der Primarschulkommission (ab 1892) und als Mitglied der Lehrlingskommission des Bekleidungsgewerbes vom Amtsbezirk Biel und Nidau (bis 1909). Besondere Verdienste erwarb er sich als Mitglied der Waisenhauskommission Gottstatt. Dr. Rummel nahm regen Anteil am politischen Geschehen, sei es in lokalen Fragen oder in Problemen von eidgenössischer Bedeutung. 1894 unterstützte er die Initiative «Recht auf Arbeit», die vom Staat verlangte, dass «alle Bürger ihren Lebensunterhalt durch Arbeit verdienen können». Die Gegner hielten das Recht auf Arbeit für undurchführbar. Weniger begeistert war er 1895 von der Initiative zur Abschaffung der obligatorischen Pockenschutzimpfung. Hans Rummel war von 1896 bis 1912 Stadtrat. Er wurde Vorstandsmitglied der 1906 gegründeten «Jungfreisinnigen Vereinigung der Stadt Biel». Diese neue politische Gruppierung positionierte sich auf dem linken Flügel der Freisinnig-Demokratischen Partei, jedoch mit einem eigenen Arbeitsprogramm.
Dr. Rummel wusste, dass die katastrophalen Wohnungsverhältnisse eine der Hauptursachen für Krankheiten waren und reichte 1908 die Motion «Wohnungsenquète» ein:  Dr. Rummel: «Die Stadt Schaffhausen hat schon vor längerer Zeit eine Wohnungskontrolle für unbemittelte Klassen angeordnet. Auch in Biel ist eine Wohnungskontrolle in hygienischer Hinsicht notwendig. Im neuen Baureglement gelten die sanitätspolizeilichen Vorschriften nur für Neubauten. Die alten Häuser bleiben in ihrem schlechten Zustand. Die Gemeinde hat nicht die Mittel, die unzulänglichen Häuser aufzukaufen oder abzureissen. Aber durch die Veröffentlichung der Ergebnisse kann in der Öffentlichkeit der Gedanke an eine Sanierung geweckt werden».[20] Die Motion wurde einstimmig angenommen.

Geschichtsforscher
In seiner Freizeit beschäftigte er sich mit der Bieler Geschichte und recherchierte im Staatsarchiv Bern. 1893 hielt er für den «Historischen Verein Biel» den Vortrag: «Streitigkeiten des Magistrats der Stadt Biel bei Anlass der Ämterbesetzung im Jahre 1753». Er veröffentlichte in den Bieler Jahrbüchern «Oberförster Arnold Müller» (1929) und «Privat-Dozent Dr. med. Hans Ryser» (1935). Er war Mitglied der Geschichtsforschenden Gesellschaft (ab 1911), des Bernischen Historischen Vereins und der Bieler Bibliothekskommission. Er gehörte auch der «Schweizerischen Vereinigung zur Erhaltung der Burgen und Ruinen» an.

 

Das Hans Rummel Relief

Relief von Dr, med. Hans Rummel, gegenüber vom Dufourschulhaus.
Relief von Dr, med. Hans Rummel, gegenüber vom Dufourschulhaus.

Dr. Hans Rummel starb am 24. April 1943 im Alter von 81 Jahren an einem Hirnschlag.[18] Am 17. September 1944 wurde im Rahmen einer Zeremonie am Brunnen an der Umfassungsmauer des Anwesens, das Dr. Rummel jahrelang in der Neumarktstrasse 3 bewohnte, ein Gedenkmedaillon angebracht. Das Elternhaus in der Schmiedengasse hatte er 1912 verkauft. Das von der Schaffhauserin Else Pechler geschaffene Werk trägt die schlichte Inschrift: «Dr. med. Hans Rummel, 1862-1943». Die Initiative zu dieser Geste ging von Dr. Kocher aus, dem neuen Besitzer des Hauses. [19]  L

 



Johann Friedrich Matthys (1842-1882)
Lehrer am Progymnasium Biel ab 1874
Fächer: Religion und Geschichte
Johann Friedrich Matthys kam am 25. Januar 1842 zur Welt. Er wirkte zuerst als Vikar in Lauperswyl, Bleienbach, Utzenstorf, Bremgarten und ab 1869 als Pfarrer in Adelboden, wo er bis zur Wahl als Bieler Progymnasiallehrer 1873 blieb. Dann wurde er 1874 am Progymnasium Biel als Lehrer für Religion und Geschichte eingestellt. Ab 1875 war er Klassenhelfer in Nidau. Am 6. Juli 1876 heiratete er die Baslerin Margaretha Julia. Er starb in Nidau am 22. Februar 1882.

 

*1874



Finanzdiektor Cäsar Türler, Reproduktion aus Bieler Tagblatt, 27. 9. 1949.
Finanzdiektor Cäsar Türler, Reproduktion aus Bieler Tagblatt, 27. 9. 1949.

Cäsar Türler (1862-1949) Uhrenfabrikant, Fotograf, Finanzdirektor, Hauptpromotor der Eingemeindungen, Ausbilder des Samaritervereins

Schüler vom Progymnasium Biel von 1874 bis 1877

Jules Cäsar Türler wurde am 22. Juli 1862 in Biel als zweitältester Sohn des Remonteurs Jean Henri Türler aus La Neuveville (1837-1900) und der Henriette Louise Wilhelmine Teutsch aus Gleresse (1837-1905) geboren. Das Paar hatte 1861 geheiratet.[1] Zusammen mit seinem älteren Bruder, dem späteren Professor und Bundesarchivar Henri Türler (1861-1933), und seinem jüngeren Bruder, dem Lokomotivführer Georges Ernst Türler-Ruof wuchs Jules Cäsar Türler im Neuquartier an der Industriegasse auf. Nach der Primarschule besuchte er von 1874 bis 1877 das Progymnasium und anschliessend während eines Jahres die Kantonsschule in Pruntrut. Danach absolvierte er eine kaufmännische Lehre beim Tuchgeschäft Alexander Benz & Cie., das sich an der Zentralstrasse 11/13 und im Ring im Zunfthaus der Waldleute befand. Es wurde von Grossrat Robert Benz und seinem Kompagnon Albrecht Gatschet geführt.[12]

 

1874-

1877


Inserat von H. Türler & Cie,1901
Inserat von H. Türler & Cie,1901

Jules Cäsar und die Uhrenindustrie
1871 eröffnete Vater Henri zusammen mit seinem Bruder, dem Remonteur Cäsar Alexandre (1840-1909), im Bieler Neuquartier 13 die Taschenuhrenfabrik «Gebrüder Türler». Auch Cäsar Alexandre heiratete wie Henri eine Teutsch, nämlich Maria Luise Josephine aus Ligerz. Die Brüder galten als Pioniere der Bieler Uhrenindustrie, die innert kürzester Zeit mehrere Arbeiter (Planteurs, Remonteurs, Repasseurs, Démonteurs) beschäftigen konnten.  Jules Cäsar, der seine kaufmännische Lehre bestanden hatte, vertiefte sich nun in die Uhrmacherei, um später im väterlichen Geschäft mitzuhelfen. Zu diesem Zweck hielt er sich drei Jahre in Wien auf, wo er von 1881 bis 1884 in der Filiale der Bieler Uhrenfirma Emil Brunner & Cie. arbeitete. In Pforzheim fand er eine Anstellung in einer Bijouterie-Exportfirma. Unterdessen wandelten Henri und Cäsar Alexandre am 5. Februar 1883 die Firma in die Kollektivgesellschaft «Türler fréres» um. In diesem Jahr nahmen sie an der 4. Schweizerischen Landesausstellung in Zürich teil. 1885 kehrte Jules Cäsar nach Biel zurück, von wo aus er als Uhrenfabrikant für die Firma Reisen nach Deutschland unternahm.[12] 1889 patentierte die Firma den Universal- und Volkszeitzähler (Taschenuhr mit Zeitzähler). Das Unternehmen wurde in «H. Türler & Cie.» unbenannt. Am 8. März 1900 starb Henri Türler im Alter von 63 Jahren. 1897 erfolgte die Umwandlung in eine Kommanditgesellschaft. Die Firma befand sich an der Industriestrasse 16. Wegen der Uhrenkrise trat Jules Cäsar aus der Firma Türler aus.

Familie
Cäsar Türler heiratete am 5. März 1892 Marie Emilie Julie Turrian von Biel und Château d’Oex.[13] Nach deren Tod heiratete er am 2. April 1906 Lily (Louise) Gaillet von Haut-Vuilly (1876-1971). Lily war eine bekannte Bieler Malerin, die 1897 ein Patent erhielt, um als Sekundarlehrerin an den bernischen Schulen Zeichenunterricht zu geben. Sie beteiligte sich als Kommiteemitglied regelmässig zusammen mit Anna Haller an den Weihnachts-Kunstaustellungen im Ring und gab Unterricht im Porzellanmalen. Ihr Sohn war der Architekt und Kantonsbaumeister Heinrich Türler (1900-1983).[5]

Stadtkassierer von 1897 bis 1908 und Finanzdirektor von 1909 bis 1924
1897 wurde Cäsar Türler in Biel als Nachfolger von Eduard Tschopp zum Stadtkassier gewählt. Im Dezember 1908 wählte der mehrheitlich sozialdemokratische Gemeinderat erstmals zwei ständige Gemeinderäte, nämlich den Notar Alfred Friedrich und den Stadtkassierer Cäsar Türler. Türler war nun ab 1909 Stellvertreter des Stadtpräsidenten und gleichzeitig Präsident der Polizeikommission und der Städtischen Strassenbahn. Als städtischer Finanzdirektor (Steuern, städtische Betriebe, Liegenschaften, Verkehr, Schlachthof) wurde er insbesondere während der Wirtschaftskrise oft angefeindet. Für die sogenannte Bodenpolitik der Stadt Biel erwarb er im Ostquartier grosse Landparzellen, die eine rationelle Überbauung des Areals ermöglichten. Sein Hauptanliegen war die Fusion der Gemeinde Biel mit den Aussengemeinden, wie dies 1900 mit Vingelz geschah. Türler wies darauf hin «dass die Stadt Biel von den angrenzenden Gemeinde Leubringen, Bözingen, Mett, Madretsch und Nidau völlig eingeschlossen ist. Das Terrain für Industrieanlagen ist beschränkt und die Bodenpreise durch die starke Bevölkerungswachstums gestiegen. Als Folge siedelten die Industrien in die günstigeren Aussengemeinden. Auch der Friedhof musste wegen Landmangel nach Madretsch verlegt werden. Der Kehrichtdeponie befindet sich in Brügg, das Tramdepot in Bözingen und das Wasser bezieht Biel aus Ilfingen und Vauffelin. Obwohl die Gemeinden wirtschaftlich miteinander verbunden sind, kommt es immer wieder zu Steuerstreitigkeiten. Deshalb ist eine Fusion mit den Aussengemeinden notwendig.»[13] Für die bevorstehende Fusion der Gemeinde Leubringen mit der Gemeinde Biel erarbeitete Türler 1912 die Grundlagen für einen Fusionsvertrag, der von Leubringen abgelehnt wurde. 1916 konnte Bözingen eingemeindet werden, es folgten Mett (1919) und Madretsch (1919). 1921 untersagte der Kanton Bern den Zusammenschluss mit Nidau.
Der Erste Weltkrieg von 1914 bis 1918 mit seinen schwerwiegenden Begleiterscheinungen bürdete dem Gemeindehaushalt ausserordentliche Lasten auf, die sich nach und nach als fatal erwiesen. Die gemeinnützigen Kriegsfürsorgemassnahmen, die Preiszuschüsse für verbilligte Lebensmittel, die Arbeiterfürsorge, die Einrichtung der Volksküche, die Notstandsaktion, der Gemeindewohnungsbau, die Mehrausgaben in den Verwaltungsbetrieben für Teuerungszulagen, Besoldung und Gehälter, die Einführung des Achtstundentages, die Verteuerung der Rohstoffe und Fabrikate für die Industrie usw. hatten zu erheblichen Rechnungsdefiziten geführt, deren Tilgung die Bürger auf direktem und indirektem Wege zu tragen hatten.[14] 1918 beschloss Türler eine Erhöhung der Gemeindesteuern, sowie eine Tariferhöhung des Wasser- und Elektrizitätswerkes um 20 Prozent. Im gleichen Jahr teilte er den Gemeindeangestellten mit, dass die Stadt Biel nicht der zentralen Pensionskasse beitreten werde. Entgegen der Meinung Türlers, wurde die Umsetzung 1922 in einer Volksabstimmung beschlossen. Ende 1924 trat Jules Cäsar Türler als Gemeinderat und Finanzdirektor zurück.
Türler war im Verwaltungsrat der Bernischen Kraftwerke (1911 bis 1942), der Seeländischen Lokalbahn (1912 bis 1940), des Museums Schwab, des Elektrizitätswerks, des Gas- und Wasserwerks, der Reitbahn AG und der Versicherungskassen. Er präsidierte die Bielersee-Dampfschiffgenossenschaft und das Zentralkomitee für Arbeitslosenfürsorge. Er war Mitglied und Kassier des Cercle romand de Bienne, der Société philatélique und der Feuerbestattungsgesellschaft (1909 bis 1940). Türler vertrat den Samariterbund und erteilte in dieser Funktion Samariterunterricht für die Eisenbahnschule im Bieler Technikum. Er hatte eine besondere Vorliebe für alle stadtgeschichtlichen Fragen und wurde 1917 Mitglied des Historischen Vereins des Kantons Bern. Als aufmerksamer Beobachter hielt er die tiefgreifenden Veränderung des Bieler Stadtbildes in zahlreichen Fotografien fest. 1924 schenkte er dem Museum Schwab eine Zylinderuhr «à Musique» aus dem 18. Jahrhundert.[15]

Klassentreffen
Am September 1937 feierte das Progymnasium Biel im Seefels seine Schüler der Jahrgänge 1862 bis 1864, die im Dufourschulhaus unterrichtet wurden. Cäsar Türler stellte ein Verzeichnis aller 125 Schüler von 1876/77 zusammen, die sich auf folgende Klassen verteilten: 5. Klasse (38 Schüler), 4. Klasse (39 Schüler), 3. Klasse (31 Schüler), 2. Klasse (14 Schüler), 1. Klasse (3 Schüler). Bei diesem Anlass wurde mit Wehmut festgestellt, dass  ca. 90 Prozent aller Kameraden verstorben oder verschollen sind. Von den 125 haben sich folgende 16 zusammengefunden: Finanzdirektor Cäsar Türler (Biel), Architekt Wilhelm Römer (Biel), Oberförster Christen Traugott (Zweisimmen), Dr. Hans Rummel (Biel), Kaufmann Camille Steiner (Neuenburg), Privatier Fritz Köhli (Biel), Oberst Adolf Hadorn (Thun), Kaufmann Karl Waldner (Ligerz), Dr. Hans Schilling (Lyss), Fabrikant Werner Brand (Biel), Dr. med. Karl Ischer (Bern), Fabrikant Louis Müller (Biel), Oberförster Emil Neuhaus (Erlach), Privatier Hans Keller (Biel), Privatier Hans Küng (Biel), Fabrikant Gottfried Laubscher (Basel). Die Gruppe repräsentierte das respektable Alter von 1184 Jahren mit einem Durchschnitt von 74 Jahren.[16]

Jules Cäsar Türler wohnte an der Neumarktstrasse 9. Er starb am 24. September 1949 im Alter von 87 Jahren an Herzversagen. [12] Als seine Frau Lily am 31. März 1971 ihren 95-jährigen Geburtstag feierte, erhielt die Witwe Besuch vom Stadtpräsidenten. Sie starb am 11. Oktober 1871.  L

 


Armbanduhrenpionier Louis Müller
Armbanduhrenpionier Louis Müller

Louis Müller (1864-1943), Uhrenfabrikant, Armbanduhrenpionier, Mitbegründer der Bieler Uhrenindustrie

Schüler vom Progymnasium Biel von 1874 bis 1879

Carl Louis Müller wurde am 12. März 1864 in Biel geboren.  Sein gleichnamiger Vater Carl Louis Müller (1826-1890) heiratete 1855 Marie Louise Caroline Finkbeiner von Nidau (1833-1913), die Tochter des im Schlösschen Mett praktizierenden Arztes Bernhard Karl Finkbeiner. Der Vater war gelernter Uhrmacher und liess sich in Biel als Etablisseur nieder. Es war eine Zeit, in der die verschiedenen Uhrenteile hauptsächlich in Heimarbeit hergestellt wurden. 1854 gründete er die Einzelfirma «Louis Müller» an der Industriestrasse 24.[5] Er war mehrere Jahre einer der Vizepräsidenten des Zentralvorstandes der «Société intercantonale des industries du Jura» und Präsident der «Société des fabricants d'horlogerie et chefs d'atelier de Bienne». Bei der Zeitung der «Fédération Horlogère Suisse» sass er im Verwaltungsrat. Zudem war er als Amtsrichter tätig.[29]  

1874-

1879


Elternhaus von Müller-Finkbeiner an der Ecke Zentralstrasse und Pänkestrasse.
Elternhaus von Müller-Finkbeiner an der Ecke Zentralstrasse und Pänkestrasse.

Die Müllers wohnten zuerst im Eckhaus Mühlebrücke-Burggasse und von 1864 bis 1890 an der Ecke Zentralstrasse 38 / Plänkestrasse in einem für sie erbauten Haus. 1867 wurde in Carl Müllers Atelier eingebrochen und eine grosse Anzahl Uhren und Uhrmacherwerkzeuge im Wert von über 5000 Franken gestohlen.
Louis Müllers Schwestern waren die Malerin Caroline (1859-1945) und Maria, die 1877 den Anwalt Friedrich Moser in Bern heiratete. Nach dem Besuch des Progymnasiums von 1874 bis 1879 wechselte Louis für zwei Jahre an das Gymnasium in Neuenburg. Danach begann er eine kaufmännische Lehre im elterlichen Geschäft. Gleichzeitig besuchte er während drei Jahren die Uhrmacherschule in Biel, wo er 1883 von den Bieler Uhrmachern und Prüfungsexperten Albert Bertholet und Alcide Brandt lobend erwähnt wurde. 1885 nahm die Firma an der Exposition Internationale d'Anvers teil, wo sie eine Bronzemedaille erhielt. Nach dem Tod des Vaters 1890 und dem Verkauf des Hauses an der Zentralstrasse an den Uhrenfabrikanten Samuel Lévy 1891 wohnte die Familie im Schlösschen Mett. Louis Müller heiratete am 3. August 1893 Sophie Elisabeth Grunau (1871-1933) aus Ebligen bei Brienz, die einen grossen Teil ihrer Zeit wohltätigen Zwecken widmete, u.a. dem Spitalbasar, der Kinderkrippe und als Mitglied vom Frauen- und Töchterkrankenverein Biel. Der soziale Gedanke sollte sich auch auf die Fabrik abfärben, die in den folgenden Jahren regelmässig den städtischen Wohlfahrtsinstitutionen (Ferienkolonie, Kinderspital Wildermeth, Bezirksspital, Schülersuppenanstalt) Geld spendete. Die Ehe blieb kinderlos. Nachdem Caroline 1898 das Schlössli Mett verkauft hatte, wohnte das Ehepaar im Kontrollgebäude, bis sie 1909 das prächtige Landhaus «Champagne» an der Falkenstrasse 27 erwarben.

  


Uhrenfabrikant und Armbanduhrenpionier
1890 übernahm Caroline Müller das Geschäft unter dem Namen «Witwe Louis Müller» und erteilte ihrem Sohn Louis Prokura, der das Geschäft an der Zentralstrasse 13 als Uhren- und Uhrenteilehändler weiterführte. In der Zwischenzeit vollzog sich in Biel der Wandel von der Heim- zur Fabrikarbeit, moderne Maschinen kamen zum Einsatz und ein Uhrenmarkt entstand. Louis Müller stellte Taschenuhren für Herren und Armbanduhren für Damen her. Die Firma war eine der ersten, die das Tragen einer Uhr am Handgelenk populär machte, indem sie bereits um 1890 unter der Handelsmarke ASTER eine grosse Auswahl an reich verzierten Metallarmbändern, in die eine Uhr eingebettet war, auf den Markt brachte.[23] Die Uhrengehäuse wurden im Unternehmen selbst hergestellt.



Links: Die Einzelfirma von Vater «Louis Müller» (1854 bis 1890). Der Handelsregistereintrag bildete die Marke zuerst falsch ab, mit dem Stern nach unten. Rechts: Der Nachfolger «Witwe Louis Müller» (1890 bis 1892).

 

«Vers 1890 déjà, la fabrique d’horlogerie La Champagne est l’une des toutes premières
au monde à lancer une collection de montres-bracelets sur le marché.»

Marco Richon, Chronologie de l’horlogerie biennoise, 1990, S. 5

  


1892 wurde die Firma von Louis und Caroline als Kollektivgesellschaft «Louis Müller & Cie» weitergeführt. Um dem «Blaumachen» der Arbeiter entgegenzuwirken, verlegte Müller den Zahltag vom Samstag auf einen anderen Wochentag. 1899 fungierte Louis Müller an der Bernisch kantonalen Industrie-, Gewerbe- und Landwirtschaftsausstellung in Thun als Fachexperte für die Gruppe der Uhrmacher, die fast 100 Aussteller zählte, und stellte auch selbst aus. Die Handelszeitung für die gesamte Uhrenindustrie lobte: «Die schönsten Dekorationsstücke hat die Firma Louis Müller, Biel, zur Schau gestellt. In ihrer Separatausstellung befinden sich auch einige, im neuen Stil hergestellte Luxusartikel, wie z. B. mehrere Schildkröten und eine Spinne, jede schön graviert und in lebhaften Farben emailliert. Der Rücken jedes der dargestellten Tiere ist mit einem Scharnier versehen, das sich öffnen lässt, so dass man die Uhr bzw. die Zeit auf dem Zifferblatt ablesen kann. Auch eine silberne Portemonnaieuhr, eine schwarze Brochenuhr, sowie mehrere sehr schöne Armband- und Knopflochuhren zieren den Kasten dieser Firma».[32] Müller besass an der Neuengasse noch eine kleine Terminage-Werkstatt, in die 1903 Fernand Engel als Produktionsleiter eintrat und die er mit nur drei Arbeitern führte. 10 Jahre später verliess er die Firma und gründete die Uhrenfabrik «Glycine». 1904 trat der Kaufmann Alfred Perrenoud (1881-1952) in das Unternehmen ein. Er trug aktiv zur Entwicklung der Firma bei und wurde Louis Müllers Freund und langjähriger Mitarbeiter.


Grosser Preis für Taschenuhren mit Bernstein-Gehäusen an der Weltausstellung in St. Louis
Das Königlich Preussische Ministerium für Handel und Gewerbe, das das Bernsteinmonopol besass, veranstaltete 1904 in St. Louis (USA) eine Kollektivausstellung der deutschen Bernsteinindustrie. Die Firma «Louis Müller & Cie» stellte besonders geschmackvolle Uhren mit «Phantasie-Bernsteingehäusen aus Königsberg» her. Die Bieler zeigten eine völlig neue Verwendung des Bernsteins. Die Besonderheit dieser Idee, die Verbindung mit der Bernsteinindustrie und die teilweise Herstellung der Uhren in Deutschland waren Gründe, die Firma, obwohl in Biel domiziliert, als vollberechtigte Teilnehmer an der Kollektivausstellung zuzulassen.[27] Louis Müller lieferte zur Weltausstellung hundert 10-linige Damen-Taschenuhren, die alle unterschiedlich dekoriert waren. Durch die Verwendung verschiedener Bernsteinarten und durch unterschiedliche Einfassungen in Glanzgold, Altgold, Altsilber, in Steinen usw. wurden spannende Wirkungen erzielt. Besonders wirkte die Verwendung durchsichtigen Bernsteins über gravierte metallische Unterlagen. Auch gefärbter Bernstein wurde vorteilhaft verwendet. Für Kugeluhren benutzte die Fabrik unter anderem Bernsteinstücke mit eingeschlossenen, versteinerten Insekten, wie Ameisen, Käfer oder Spinnen.[31] So gewann Louis Müller auf der Weltausstellung in St. Louis für seine Zylinderuhren der Marke DIDO und Ankeruhren der Marke ASTER die Goldmedaille für Einzelausstellungen und den Grand Prix der Gesamtausstellung.



Aufgrund der grossen Nachfrage nach Damenuhren beschloss Müller die Fabrikation an der Neuengasse 9 auszudehnen. Zu diesem Zweck kaufte er am 5. Mai 1906 im Champagne-Viertel das 60 Meter lange Gebäude der Fabrik La Générale an der Bözingenstrasse 62 und 64. Ein Uhrmacher bemerkte dazu im Journal du Jura (15. 5. 1906): «Es ist ein Glücksfall, dass diese Fabrik in die Hände eines so geschätzten Patrons gefallen ist, bei dem man keine Hungerlöhne kennt. Ohne Übertreibung kann ich sagen, dass Herr Müller zu den Chefs gehört, die immer seltener werden. Er ist selbst Arbeiter, steht von morgens bis abends auf der Matte und verdient sich durch sein Verhalten die Achtung seiner Arbeiter». Im gleichen Jahr nahm die Firma den Namen ihres neuen Domizils an: «Uhrenfabrik La Champagne Louis Müller & Cie. in Biel». Anstellungen fanden bei gutem Zeugniss: régleuses, adoucisseuses pour diverses parties de l’ébauche, visiteurs-termineurs, pivoteurs de roues de cylindre, remonteurs d’échappements cylindre, remonteurs de finissages, remonteurs de barillets, emboiteurs-poseurs de cadrans, sertisseurs à la machine, lanterniers pour petites pièces ancre et cylindre, décotters und mécaniciens. Jede Arbeiterin, welche die Pignonsfabrikation genau kannte, war Willkommen. Der Visiteur Louis-Auguste Paillard-Ray von Fleurier (1871-1937) arbeitete ab 1910 23 Jahre lang in der Fabrik. Neben silbernen und goldenen Damenuhren wurden emaillierte, gemalte, gefasste und ziselierte Anhängeuhren, Knopflochuhren, Braceletuhren und emaillierte Blumenuhren hergestellt. Am 1. Mai 1908 erfolgte die Umwandlung in eine Kommanditgesellschaft durch Louis Müller und die Witwe Caroline Müller. Louis‘ Frau Sophie erhielt Prokura, das Geschäftslokal war nun an der Falkenstrasse 21. 1912 wurde der Firmenname «Champ. Watch Co. Louis Müller & Co.» hinzugefügt. In den Jahren 1911 bis 1918 wurde die Fabrik La Champagne an der Falkenstrasse ausgebaut und beschäftigte bis zu 300 Mitarbeitende. Müller schickte seine Uhren ans Kontrollbüro der Uhrmacherschule und erhielt mehrfach Gangscheine erster Klasse. Im Mai 1914 waren es gleich drei für seine 10-Linien-Uhren.



Ehemalige Uhrenfabrik La Champagne Louis Müller, mit Ausbau des Bieler Architektenbüros Moser, Schürch & von Gunten. Links oben die Zeichnung der Gesamtanlage (Reproduktion aus Das Werk, Nr. 2, 1919, S. 26), daneben das Bürogebäude, Zustand 2025. Fotos: Philipp Wilhelm K


Armbanduhren und hübsch dekorierte Damenuhren waren die Spezialität der Firma, die im Kriegsjahr 1914 an der Schweizerischen Landesausstellung in Bern teilnahm.  Müller bezahlte bei diesem Anlass allen Mitarbeitern die Zugfahrt, den Eintritt und gab ihnen Fr. 5.- Taschengeld. Die Kantonal-bernische Handels- und Gewerbekammer schrieb über die an der Landi ausgestellten Uhren: «Bis vor wenigen Jahren hat man nicht geglaubt, dass man eine 7`` Damenuhr so gross wie ein Einrappen- und eine 9`` Damenuhr in der Grösse eines Zweirappenstückes auf mechanischer weise herstellen könnte und dafür noch Gangscheine eines Observatoriums erhält. An der Spitze der Hersteller stehen Louis Müller und Cie (Hors-Concours, Mitglied des Preisgerichts) und Aegler AG (Goldene Medaille).»[28]
1914 erhielten alle Mitarbeiter, die mindestens 10 Jahre im Unternehmen beschäftigt waren, 8 Tage bezahlten Urlaub. 1916 wurde die Kommanditgesellschaft in eine Aktiengesellschaft umgewandelt mit Müller als Vorsitzender des Verwaltungsrates und Alfred Perrenoud als Direktor. Im gleichen Jahr entstand der Fabrikanbau an der Falkenstrasse. 1917 erhielt die Firma als Exklusivität ein automatisches Telefon. Es war ein Kleinautomat für 25 Anschlüsse, bei dem erstmals der umstrittene Relais-Doppelkontakt, der sich erst viel später durchsetzte, versuchsweise eingesetzt wurde. Mit dieser Einrichtung konnte die Betriebssicherheit, insbesondere der sich selbst überlassenen Zentralen, wesentlich erhöht werden.[26]
1918 wurde in der Champagne eine Heizzentrale mit Kohlenraum, Toilette und Vorbau erstellt und an der Zeughaus-Falkenstrasse die Fabrik umgebaut und mit einer Abwartswohnung versehen.[22] 1919 stiftete die Uhrenfabrik den Arbeitern 50‘000 Franken als Grundstock für eine Kranken- und Unfallversicherungskasse, die 1921 an der Falkenstrasse 21 gegründet wurde. 1920 stellte die Firma an der Uhrenmesse in Genf aus und überzeugte mit «Damenuhren von tadelloser Machart». Dank der Qualität, der Vielfalt und der Präsentation ihrer Produkte erlangte die Firma Weltruf. 1930 nahm sie an der Internationalen Ausstellung für Industrie, Gewerbe und Wissenschaft in Lüttich teil. In diesem Jahr brachte Müller das 10 ½``` Uhrwerk ASTER heraus, bei welchem das Federhaus in einer neuen Art zusammengebaut wurde. Das neue Federhaus war dreiteilig. Es bestand aus dem eigentlichen Federhaus, der Trommel, dem Zahnkranz und dem Deckel, die durch eine enge Passung zusammengehalten wurden. Wurde eine Feder aus irgendeinem Grund unbrauchbar, so brauchte man nur die Trommel samt Inhalt aus dem Zahnkranz herauszudrücken und eine neue Trommel mit Feder einzusetzen. Auf diese Weise wurde die Feder optimal geschont. [24]
Das Watch Wiki erwähnt: Währen der Wirtschaftskrise 1931 patentierte die Firma die WIG-WAG AUTOMATIC, ein frühes automatisches Aufzugssystem. Bei dieser Konstruktion bewegte sich das gesamte Uhrwerk als Schwungmasse an zwei seitlichen Hebeln in einem Gehäuserahmen hin und her. Für den Aufzug wurde nur eine Schwungrichtung genutzt. Die Uhren mit dieser Rüttelautomatik wurden unter den Markennamen MARS und ASTER vertrieben.[25] Die WIG-WAG wurde 1932 als zehnfach vergrössertes Demonstrationsmodell im Schaufenster der Bijouterie Villiger an der Bahnhofstasse 21 gezeigt. 1933 folgte die ASTER AUTOMATIC mit einem fixierten Werk. Die Wirtschaftskriese führte jedoch fast zur Schliessung der Fabrik. In dieser schwierigen Zeit entstand die Idee, Kugellager zu lancieren. Dazu wurde 1936 die unabhängige Firma Miniaturkugellager AG (RMB) von Müller und Perrenoud mitbegründet, welche die Räumlichkeiten, das Personal und die Werkzeuge der Uhrenfabrik La Champagne nutzte. Müller war von 1936 bis 1944 Mitglied des Verwaltungsrates der RMB. 1939 wurde die «Uhrenfabrik La Champagne» zur «Société immobilière La Champagne» abgeändert. Zweck war die Verwaltung und Verwertung der Fabrikliegenschaften Falkenstrasse 17, 19, 19a und 21 sowie eines Grundstücks an der Bözingenstrasse. 1941 erforderte der Anschluss an das Stromnetz den Bau einer Transformatorenstation im Fabrikgebäude.

Marken mit Eintragungsdatum im Schweiz. Handelsamtsblatt (Auswahl)
LOUIS MÜLLER (1884), DIDO (1896), MARS (1896), ASTER (1902), LUNA (1902), SUPREMA (1902), LA CHAMPAGNE / LA CAMPAGNE / LA CAMPAGNA / THE CAMPAIGN (1906), PARADIS / PARADIES/ PARADISE / PARADISO (1908), A.K-D. (1910), FALCON / FAUCON (1920), TROPHY (1920), CHAMP (1921), DURO (1922), CHRONOMETRE IGOR (1924), SPORTANK (1930), WIG-WAG (1931).

Louis Müller kannte die Probleme der verschiedenen Zweige der Uhrenindustrie. In Biel förderte er die Lehrlingsausbildung von 1888 bis 1907 als Mitglied der Fachkommission der Uhrmacherschule und von 1905 bis 1907 auch als deren Präsident. Er schenkte der Schule einige interessante Uhrwerke, darunter eine Tick-Tack Pendule (1904). Die Uhrmacherschule (heute eine Abteilung der Technischen Fachschule Biel) gehörte zum Technikum, dessen Aufsichtskommission er von 1905 bis 1907 präsidierte.  Von 1890 bis 1892 war er Mitglied der «Société intercantonale des industries du Jura». In der «Société des fabricants d’horlogerie et chefs d’atelier de Bienne» (Gesellschaft der Bieler Uhrenfabrikanten) war er von 1894 bis 1924 Mitglied,  sowie von 1899 bis 1907 Präsident, danach Kassier. Von 1894 bis 1899 war er Sekretär der «Aktiengesellschaft Uhrenfabrik Seeland» in Madretsch. Als Beisitzer gehörte er dem «Syndicat des fabricants d’horlogerie des cantons de Berne et de Soleure» an. Als Mitglied vom «Chambre suisse de l'horlogerie» (Schweizerische Uhrenkammer) war er Vizepräsident von 1904 bis 1905 und von 1913 bis 1931.[30]
1907 schlossen sich die schweizerischen Silber-, Metall- und Stahl-Uhrenfabrikanten zum «Syndicat des fabricants suisses de montres argent, metal et acier» mit Sitz in Biel zusammen. Louis Müller vertrat als deren Vizepräsident von 1907 bis 1917 die Interessen der industriellen und kaufmännischen Beziehungen dieser Branche. 1909 eröffnete er die Debatte zur Schaffung der «Caisse de chômage pour horlogers» (Arbeitslosenkasse für Uhrmacher). Der «Kantonalbernischen Handels- und Gewerbekammer» mit Sektion Uhren gehörte er über 30 Jahre als Mitglied und Präsident an. Die Handelskammer befand sich teils in Biel, teils in Bern. Die Handelskammer Biel kümmerte sich speziell um der Uhrenindustrie, die direkt in dieser Handelskammer verankert war. Für alle Auskünfte über Zollfragen, internationale Transporte, Markenschutz, noch nicht bearbeitete Länder, alles, was mit dem Export zusammenhing, fand man in der Zentralstelle Biel ein Auskunftsbüro. 1921 erhielt die Kammer neue Räumlichkeiten im Neubau des Schweizerischen Bankvereins. Louis Müller war Mitbegründer und Präsident der «Fédération suisse des associations des fabricants d’horlogère - FH» und von 1923 bis 1938 Mitglied der 1888 gegründeten «Société du journal La Fédération Horlogère Suisse». Zudem war er ab 1898 Mitbegründer und Vizepräsident der «Société suisse des spiraux» in Genf und Mitglied der 1931 gegründeten Superholding «Société générale de l'horlogerie suisse S.A.» (Allgemeine Schweizerische Uhrenindustrie AG, A.S.U.A.G.) wo er die Berner Kantonalbank vertrat.[30]

Auch ausserhalb der Uhrenindustrie bekleidete Louis Müller zahlreiche Ämter. Als Freisinniger gehörte er ab 1904 dem Bieler Stadtrat an. Am 19. März 1905 wurde er als Nachfolger des verstorbenen Uhrenfabrikanten Ed. Blösch mit 1088 Stimmen zum Amtsgerichtssuppleanten gewählt. Er war Mitglied der Museumskommission, des Handelsgerichts des Kantons Bern, der Berner Handelskammer, von 1909 bis 1931 der «Chambre suisse du Commerce» (Schweizerischer Handels- und Industrieverein) in Zürich, ab 1905 Präsident der Genossenschaft «Burgerlichen Witwenstiftung» von Nidau, von 1912 bis 1943 Direktionsmitglied der Ersparniskasse Biel und von 1921 bis 1937 Vizepräsident des Bankrats der Berner Kantonalbank. Ab 1913 war er Vizepräsident und von 1925 bis 1943 Präsident der Immobiliengesellschaft «Société de construction Bienne-Est», die sich für die Errichtung einer Post-, Telefon- und Telegraphenstation im Ostquartier einsetzte. Von 1908 bis 1943 war er Mitglied des «Kindersanatoriums Maison Blanche», von 1908 bis 1935 dessen Kassier. Die gleiche Funktion übte er für den Alpenklub aus. Er war Sekretär in der Casino-Gesellschaft Biel. 1917 wurde er Mitglied in der vom Bundesrat genehmigten «Zentralstelle für technische Fette, Öle, Harze, Wachsarten» (F.O.H.W.-Zentrale) in Bern.[22]

Klassentreffen
1935 fand im Grand Hotel in Magglingen das Treffen der ehemaligen Progymnasiasten statt, die im Frühjahr 1874 in das Progymnasium Biel eingetreten waren. Da die meisten von ihnen 1862 geboren waren, handelte es sich um Männer im Alter von 73 und 74 Jahren. Es waren dies Werner Brand, Oberförster Traugott Christen, Fritz Köhli, Hans Küng, Gottfried Laubscher, Louis Müller, Bogdan Orum, Wilhelm Römer, Dr. Hans Schilling, Camille Steiner, Cäsar Türler und Karl Waldner. Auf einem Foto, das damals im Progymnasium gemacht wurde, waren auch einige der damaligen Lehrer zu sehen: Pfarrer Schärer, Johann Friedrich Mathys, Jakob Albrecht, Adolf Déroche und Rektor Meyer.[21]

Nach langer Krankheit starb Louis Müller 1943 im Alter von 79 Jahren.[22] Er schenkte und vermachte dem Museum Schwab verschiedene Bilder und Graphiken, ein Pendulengehäuse aus Mahagoni und die alte Glocke der Siechenkirche.[5]

 



Progymnasiallehrer Jakob Häuselmann
Progymnasiallehrer Jakob Häuselmann

Jakob Häuselmann (1822-1891), Graveur, Pionier der Bieler Fotografie und der Farbenlehre, Lehrer von Karl Walser
Lehrer am Progymnasium Biel von 1878 bis 1889
Fächer: Zeichnen

Jakob Häuselmann kam in Oberwil bei Büren, als der jüngste von 4 Brüdern, am 5. 5. 1822 als Sohn des Johannes Häuselmann und der Anna Schneider zur Welt. (5) Sein Vater war schlichter Wagnermeister und Besitzer eines kleinen Heimwesens. Malen und Zeichnen waren neben der Schule seine Hauptbeschäftigung. Bei der Berufswahl war er zum Lehrer bestimmt. Für den Eintritt in das Seminar war der zweijährige Besuch einer Sekundarschule nötig und ebenso lange dauerte die Seminarzeit, wo er seine Mitschüler porträtierte. Mit dem Primarlehrerpatent ausgestattet, begann er seine berufliche Laufbahn an drei verschiedenen Schulen: In Grindelwald unterrichtete er als armer Bergschullehrer in einem Wohnstübchen, das er mit Holzscheiten heizte, welche täglich seine Schüler (Hirtenbuben) mitbrachten. In Orpund bei Biel schloss sich der Lehrer den Parteikämpfen Stämpflis an, bis seine Gegner ihm die Fenster einschlugen. Dann amtete er als Lehrer in Scheunenberg.[2]

1851 fasste Häuselmann den Entschluss, in Biel die Kunst des Gravierens von Uhrgehäusen zu erlernen. Die Uhrenindustrie florierte und die Graveure gehörten ihren bestbezahlten Arbeitern. Geradezu armselig war der Lohn, den Häuselmann als Lehrer erhielt. Während den Sommerferien bestand er, über 30 Jahre alt, seine Lehrzeit als Graveur. 1853 eröffnete er im Pasquart ein eigenes Atelier mit einem Lehrling. In weniger als 20 Jahren wuchs sein Geschäft auf zirka 60 Angestellte, ein Umfang, wie ihn kein ähnliches Geschäft in La Chaux-de-Fonds oder Genf aufzuweisen hatte. Das leidige Rokoko, welches bis Ende der 60er Jahre die Gravierkunst beherrschte, veranlasste ihn Kunst zu studieren. Dadurch konnte er seine Angestellten stilgerechtes Arbeiten beibringen.  Die daraus entstandenen kunstvollen Produkte erzielten an vielen Ausstellungen Erfolge.[2]
In seinem Atelier im Dachstock des Eckhauses Nidau/Neuengasse, in der sich die Drogerie Winkler befand, hatte Jakob Häuselmann prominente Schüler:
- Von 1870 bis 1874 war es der spätere Nationalrat und Armeekorpskommandant Eduard Will.
- Alfred Lanz, bekannt als Schöpfer der Reiter-Statue von General Dufour in Genf, begann 1861 mit 16 Jahren die Lehre als Graveure. Nach zwei Jahren wurde er Vorarbeiter und später Werkstattleiter bei seinem Chef. Ausserdem überwachte er den Betrieb des 1863 entstandenen Fotoateliers, das Häuselmann gleichzeitig betrieb.
- Niklaus Meyer, der spätere erste Bieler Stadtpräsident, absolvierte die kaufmännische Lehre.
[5]

Auf die lukrativen 70er Jahre kam bald die Krise, da die Uhrenindustrie durch Überproduktion bedeutend herabkam. So trat er 1875 sein Geschäft an Schwiegersohn Fritz Hubacher ab, während sein einziger Sohn sich der Medizin sich zuwandte.

 

Fotograf von Bieler Persönlichkeiten

Häuselmann erstellte als Fotograf an der Seevorstadt 53 zahlreiche Porträtaufnahmen von angesehener Bieler Persönlichkeiten, welche im Museum Schwab (Legat Wartmann) und Online bei der Kunstsammlung Biel zu entdecken sind. Infolge der Jurabahnbauarbeiten war sein fotografisches Atelier lange Zeit unterbrochen und so verkaufte er es 1874 an den Kunstmaler und Fotografen Wilhelm Emil Frehse (1838-1878).

 

1878-

1889



Inserat im Tagblatt der Stadt Biel, 21. 2. 1867

Friedrich Schwab, fotografiert von Jakob Häuselmann. Foto: Wikipedia


 

Ausstellung an der Altstadtchilbi

Leonie Wartmann (1858-1869) war die Donatorin vom Legat Wartmann, das zahlreiche Fotos von Jakob Häuselmann aufweist und welche die Stadt Biel testamentarisch 1971 erhielt. Ein Teil der Sammlung wurde 1974 erstmals in der Alten Krone während der Altsstadtchilbi ausgestellt. Der Altstadtleist verband das Volksfest traditionel mit eine kulturelle Ausstellung. Der Katalog der Ausstellung wurde von der Museumskommission Biel in Zusammenarbeit mit dem Altstadtleist herausgegeben. Dr. Marcus Bourquin schrieb das Vorwort.

Zu den von Häuselmann fotografierten Persönlichkeiten aus dem Fotografiennachlass zählen laut Katalog:


  • Marguerite Mathilde Julie Beljean-Bronner (geb. 1825)
  • Dr. Med. Caesar Adolf Bloesch-Pugnet (1804-1863)
  • Eduard Bloesch-Schnell (1807-1866), Landammann
  • Elisa Bloesch-Pugnet (1809-1863), Frau von Dr. Caesar Adolf Bloesch
  • Ernst Friedrich Emil Bloesch-Wildermeth (1843-1887)
  • Fritz Blösch-Neuhaus (1810-1887), Leiter der Drahtzugwerke in Bözingen
  • Julie Ida Bloesch-Wildermeth (1853-1917), Frau von Ernst Friedrich Emil Bloesch
  • Louise Bloesch-Rohr, Frau von Franz Ludwig Bloesch
  • Georgine Bronner
  • Louise Bronner
  • Georgine Haag-Neuhaus (1823-1891)
  • Louise Mathilde Haag-Bloesch (1814-1869), Frau von Friedrich Emanuel Haag
  • Mathilde Louise Haag (1845-1891)
  • Pauline Haag-Bridel (1829-1859)
  • Caroline Moser (im Bifang)
  • Jenny Moser-Huber, (1804-1872), Frau von Franz Moser im Bifang
  • Marie Moser (im Bifang)
  • Charles Neuhaus Verdan (1796-1849), Schultheiss
  • Eduard Risold (1840-1891), Offizier, Sohn von Karl Emmanuel Niklaus Risold und der Louise Schwab
  • Louise Risold-Schwab, Frau von Karl Emmanuel Risold
  • Dr. Albert Schwab-Boell (1828-1915), Sohn von David Schwab und Joséphine Verdan
  • Alexander August Alfred Schwab (1844-1898), Sohn von David Schwab und Joséphine Verdan
  • Elise Schwab-Boell, Frau von Dr. Albert Schwab
  • Emanuel Schwab (1804-1865), Sohn von David Schwab und Elsbeth Rihs
  • Friedrich Emil Schwab (1862-1928)
  • Friedrich Schwab (1803-1869), Stifter vom Museum Schwab (NMB)
  • Carl Friedrich Gustav Schwab-Bloesch (1830-1867), Ehemann der Maria Elisa Sophie Bloesch
  • Joséphine Schwab-Verdan (1805-1880), Ehefrau von David Schwab
  • Maria Elisa Sophie Schwab-Bloesch (1838-1920), Ehefrau von Carl Friedrich Gustav Bloesch
  • Constance Verdan-Wildermeth, Frau von Albert Verdan
  • Louise Verdan-Grosjean (1831-1880), Frau von François Henri Verdan
  • Martha Joséphine Fanny Wenner-Wildermeth (1854-1910)
  • Laura Ida Wenner (geb. 1878), Tochter von Fanny Wenner-Wildermeth
  • Mathilde Wurstemberger-Haag (geb. 1855), Tochter von Edmund Ludwig Haag und Pauline Julie Elise Bridel
  • Adèle Zaeslein-Schwab (geb. 1859), Tochter von Carl Friedrich Gustav Bloesch und Maria Elisa Sofie Bloesch

Inserat vom Tagblatt der Stadt Biel,  11. Januar 1885.
Inserat vom Tagblatt der Stadt Biel, 11. Januar 1885.

 

Erste Erfolge als Zeichner
Erste Publikationen seines zeichnerischen Könnens erschienen im Selbstverlag 1849, 1856 und 1859. Es waren Ornamente, Perspektive, Landschaften, Tiergruppen, Köpfe. Häuselmann: «Je kunterbunter sie waren, desto besser war ihr Absatz.»
[2]

 

Die Reorganisation der Primarschule Biel
Neben seinen beruflichen Tätigkeiten unterstützte Häuselmann das Schulwesen bis 1873 als Schulinspektor. Als Präsident der Schulkommission verfasste er seinen 1865 gedruckten Bericht über Reformvorschläge des Bieler Schulwesens, der nach 20 Jahren Diskussion zur Verschmelzung der Einwohner- mit der Bürgerschule führte. Biel zählte damals 3 Bildungsanstalten: das Gymnasium, die Burger- und die Einwohner- oder Primärschule. In Häuselmanns Broschüre «Beleuchtung und Reformvorschläge betreffend das Bieler Schulwesen» beschrieb der 1. Teil die drei Bildungsanstalten nach ihren Vorzügen und Mängeln. Im 2. Teil wurden die Grundlagen festgestellt, auf denen die zukünftige Bildung der Jugend in Biel basieren sollte. Das Ziel, eine einzige Bildungsanstalt, «die Stadtschule», die in den untern oder Elementarklassen die Kinder aller Stände vereint unterrichtet und nur in den oberen oder Realklassen sich in eine Primärschule und in eine wissenschaftliche Abteilung, bei den Knaben Realgymnasium (Industrieschule), bei den Mädchen Sekundärschule genannt, teile. Das Erscheinen dieser Broschüre war wegen dieser neuen Idee eine Sensation.
[3]
Auf Häuselmanns Initiative beschloss die Einwohnergemeindeversammlung am 30. April 1866: 1) Die Errichtung einer Mädchen-Elementarklasse; 2) die Errichtung einer höheren Mädchenklasse, wenn möglich als Sekundarklasse, sonst als Primarklasse; 3) Erstellung einer gemischten Elementarklasse an der französischen Schule. Die neuen Klassen sollen im Gymnasialgebäude untergebracht werden. Die Schulkommission wurde zum Zweck der Zweisprachigkeit eingeteilt. Häuselmann übernahm die deutschen, sein Kollege Juillard die französischen Schulen. Häuselmann veröffentlichte dazu einen «Organisationsplan sämtlicher Schulen von Biel», welcher die wesentlichen Bedingungen zur durchgreifenden Umgestaltung des Bieler Schulwesens enthielt. Die Umsetzung dauerte allerdings noch ein Weilchen. 1871 beschloss der Gemeinderat dank Häuselmann einstimmig die Errichtung einer Einwohnermädchensekundarschule mit 2 Klassen mit unentgeltlichem Unterricht. Häuselmann war ebenfalls Präsident der 1867 gegründeten Handwerker und Gewerbeschule, dem späteren Berufsbildungszentrum Biel-Bienne (BBZ) und seit 1880 zudem in der Mädchensekundarschule als provisorischer Zeichnungslehrer tätig.


«Die Beschäftigung mit der Kunstgeschichte ist für den Lehrer eine wahre

Erbauung: steht er inmitten der Zerstreuungen des Alltagslebens, so führt ihn die Kunst

zurück zur Ruhe und stillen Einkehr in sich selbst; fühlt er sich in einsamer Verlassenheit,

erschliesst sich vor seinem Geist eine neue, schöne Welt.»

Jakob Häuselmann, Das Ornament, 1888

Häuselmanns Agenda für Zeichenlehrer.
Häuselmanns Agenda für Zeichenlehrer.

Zeichenlehrer am Progymnasium Biel
1877 hielt Jakob Häuselmann in Biel vor 90 Lehrern einen Vortrag über das Zeichnen. Nachdem ihm das höhere Lehrpatent honoris causa erteilt wurde, unterrichtete er ab 1878 als Zeichenlehrer am Progymnasium Biel. Einer seiner Schüler war der spätere Kunstmaler Karl Walser.  Seine Veröffentlichungen über die Methode des Zeichenunterrichts und des Ornamentes wurden von der Weltausstellung 1889 in Paris mit der Goldenen Medaille ausgezeichnet. 1889 trat Jakob Häuselmann von seinem Lehrerposten zurück um sich literarisch zu betätigen. Robert Lanz wurde sein Nachfolger.
F. Kuhlmann, Zeichenlehrer am Progymnasium in Forbach (Lothringen) und Vorsitzender des Vereins zur Förderung des Zeichenunterrichts in Elsass-Lothringen, 1889: «Unter den Schweizer Autoren auf dem Gebiete des Zeichenunterrichtes ist Häuselmann zweifelsohne der bekannteste und zugleich derjenige, dessen Grundsätze und Lehrmittel auch in der deutschen Schule weiteste Beachtung gefunden haben. In seiner ‹Populären Farbenlehre› bot er Künstlern und Laien, besonders aber den Lehrern, die faktischen Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung dar, welche bisher in teuren, den Lehrern unzugänglichen Werken verschlossen waren. Sein ‹Taschenbuch für das farbige Ornament› bietet eine Übersicht über die Anwendungen der Farbe bei den verschiedenen Völkern und in den verschieden Stilperioden. In einem Büchlein von kleinem Formate, dem ‹Zeichentaschenbuch eines Lehrers›, hat Häuselmann zuerst auf dem geringen Räume von 32 kleinen Seiten seine Methode entwickelt und daneben 400 der trefflichsten Motive für das Wandtafelzeichnen in streng methodischer Folge gegeben. Dieses Büchlein hat einen wahren Triumphzug durch die Schulen gehalten und in kurzer Zeit 6 starke Auflagen erlebt.»
[6]

 

Erstes offizielles Zeichenbuch für den Unterricht

Der Zeichenunterricht an den bernischen Primar- und Sekundärschulen litt von jeher an dem Mangel eines einheitlichen Lehrmittels. Namentlich war der Zeichenunterricht an den Primarschulen wohl der schwächste Punkt im ganzen Unterrichtsplan. Die 1888 im Zeichnungskurs für Lehrer am Progymnasium in Biel gefassten Beschlüsse, den Zeichenunterricht obligatorisch in den Berner Schulen einzuführen, blieben erfolglos, da die Erziehungsdirektion kein obligatorisches Lehrmittel für dieses Fach erstellen konnte. Die Berner Firma W. Kaiser gründeten darum eine Kommission, in der Häuselmann und andere Zeichnungslehrer sich entschlossen, solch ein Lehrmittel zu erstellen. Das Resultat war das 1890 erschienene «Tabellenwerk für das Kunstzeichnen an allgemein bildenden Lehranstalten und gewerblichen Fortbildungsschulen». Es war Häuselmanns letztes und verdienstvollstes Werk und gab in methodischer Stufenfolge den Gesamtstoff für das geometrische und frei-ornamentale Zeichnen im Klassenunterricht.[7] Er starb in Biel am 18. März 1891.

 



Des Lehrers Zeichentaschenbuch

Jakob Häuselmann,

Verlag Orel Füssli, Zürich, 1885.

 

 

Das farbige Ornament,

Jakob Häuselmann,

Verlag Orell Füssli, Zürich, 1881.

 

Häuselmanns Agenda für Zeichenlehrer Jakob Häuselmann,

Verlag Orell Füssli, Zürich, 1887.

 


Veröffentlichungen (Auswahl)

Der rationelle Zeichenunterricht in Primar- und Mittelschulen (Biel, 1877); Die Ornamentik der Kunstepochen mit besonderer Bezugnahme auf Kunstzeichnen für Volks- und Mittelschulen (Biel, 1880); Das farbige Ornament (Zürich, 1881); Populäre Farbenlehre für den Gebrauch in Mittelschulen, Gymnasien, Seminarien, Fortbildungs- und Gewerbeschulen (Zürich, 1882);  Anleitung zum Studium der dekorativen Künste für Kunstfreunde (Zürich, 1885); Häuselmanns Agenda für Zeichenlehrer (Zürich, 1887);  Das Ornament, sein Ursprung, Wesen und Stil und seine Bedeutung im Kunstgewerbe und Zeichenunterricht (Biel, 1888); Kleine Farbenlehre für Volks- und kunstgewerbliche Fortbildungsschulen (Zürich, 1889); Studien und Ideen über Ursprung, Wesen und Stil des Ornaments für Zeichenlehrer, Kunsthandwerker, Kunstfreunde und Künstler (Zürich, 1889); Tabellenwerk für das Kunstzeichnen (Bern, 1890)

 

Philipp Wilhelm K

   



Quellen/Sources: 1) Jakob Wyss, Das Bieler Schulwesen während der ersten hundert Jahre bernischer Zugehörigkeit 1815-1915, Biel, 1926, S. 3ff; - 2) Th. Wunderlich, Illustrierter Grundriss der geschichtlichen Entwicklung des Unterrichts im Freien Zeichnen (aus der Zeitschrift Ornament), Stuttgart, 1892, 153ff; - 3) Neue Berner Schulzeitung, Nr. 40, Bern, 1866, S. 160f; - 4) Pietro Scandola, Häuser erzählen ... die Geschichte Biels vom Mittelalter bis heute, Biel: Museum Neuhaus, 2010, S. 6ff; - 5) Werner und Marcus Bourquin, Biel Stadtgeschichtliches Lexikon, Büro Cortesi, Biel 1999;  - 6) Fritz Kuhlmann, Der Zeichenunterricht in der Schweiz, Hannover, 1889, S. 50ff; - 7) Täglicher Anzeiger für Thun und das Berner Oberland, Thun 9. 10. 1890, S. 4; - 8) Marcus Bourquin, Katalog der Sammlung Wartmann, Biel, 1974, S. 1ff; - 9) Gottfried Ischer,  Jahrbuch des Schweizer Alpenclub, 1877-78, Band 13, Bern, 1878, S. 473; - 10) d.: «Kreiskommandant Albert Steiner» in Bieler Tagblatt, Biel, 7. 2. 1927, S. 2f; - 11) Berner Schulblatt, Nr. 51, Bern 1896, S. 927; - 12) «Cäsar Türler Alt-Finanzdirektor» in Bieler Tagblatt, Biel, 27. 9. 1949, S. 3; - 13) «Verkündungen» in Thuner Wochenblatt, Thun, 30. 4. 1892, S. 4; - 13) Geschäftsbericht der Stadt Biel 1915, S.37ff; - 14) Geschäftsbericht der Stadt Biel 1919, S. 101; - 15) Geschäftsbericht der Stadt Biel 1924, S. 192; - 16) «Die Feier des Jahrgangs 1862-64 des Progymnasiums Biel» in Bieler Tagblatt, Biel, 13. 9. 1937, S. 3; - 17) «Wilhelm Römer» in Bieler Tagblatt, Biel, 14. 1. 1938, S. 3: - 18) Werner Bourquin, «Dr. Hans Rummel» in Bieler Tagblatt, Biel, 27. 4. 1943, S. 3; - 19) «Médaillon de Hans Rummel» in Journal du Jura, Biel, 19. 9. 1944, S. 2; - 20) «Wohnungs-Enquête» in Bieler Tagblatt, Biel, 7. 2. 1908, S. 1; - 21) «Seltene Klassenzusammenkunft» in Bieler Tagblatt, 27. 8. 1935, S. 3; - 22) Werner Bourquin, «Louis Müller-Grunau» in Bieler Tagblatt, Biel, 1. 5. 1943, S. 3; - 23) René Fell, «La Champagne SA» in Biel/Bienne, Zürich 1948, S. 261 ; - 24) «Ein neues Uhrwerk»  in Die Uhrmacher-Woche, Nr. 29, Leipzig, 1930, S. 545; - 25) Louis Müller & Cie. in Watch Wiki, abgerufen 2024; - 26) J. Schmid, «Fünfzehn Jahre automatische Telephonie in der Schweiz mit besonderer Berücksichtigung der Nebenstellenanlage: 1912 bis 1926» in Technische Mitteilung, Nr. 5, 1941, Bern, S. 191; - 27) «Die Kollektivausstellung der deutschen Bernsteinindustrie» in Stenographische Berichte über die Verhandlungen des Reichtages, 11. Legislaturperiode, 2. Session, Berlin, 1906, S. 310; - 28) «Die Uhrenindustrie an der Landesausstellung» in Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 31. 10. 1914, S. 2; - 29) «Nécrologie Louis Müller» in La Fédération Horlogère Suisse, 13. 8. 1890, S. 310 ; - 30) «Louis Muller, industriel, Bienne» in La Fédération Horlogère Suisse, 13. 5. 1943, S. 321; - 31) «Taschenuhren mit Bernstein-Gehäusen» in Deutsche Uhrmacherzeitung, Berlin, 1. 9. 1904, S. 270; - 32) «Ein Besuch in der Uhrenausstellung in Thun» Handels-Zeitung für die gesamte Uhren-Industrie, Leipzig, 1. 9. 1899, S. 203; - 33) «Neue Schiffsländte bei der Bieler Badanstalt» in Bieler Tagblatt, 28. 4. 1916, S. 3