Das Dufour-Schulhaus / L' école Dufour 1818

Jean Louis Rodolphe Agassiz (1807-1833), Naturforscher, einer der ersten Bieler Gymnasiasten

Schüler des Gymnasiums von 1818 bis 1822 [12]

Louis Agassiz wurde am 28. Mai 1807 in Môtier-Vully  am Murtensee geboren. Sein Vater Louis war dort Pfarrer, seine Mutter Rose die Tochter eines Arztes. Der Vater, ein leidenschaftlicher Fischer, nahm Louis und sein Bruder Auguste oft mit sich aufs Boot, und machte aus den Brüdern perfekte Angler. Keine sieben Jahre alt, hatte Louis im Brunnentrog des Gartens sein Aquarium. Um hübsch präparierte Skelette zu erhalten, grub der kleine Forscher die Fische in Ameisenhaufen ein. Wenn er sie dann nach einigen Tagen wieder herauszog, so waren die Gräte aufs sauberste abgenagt, und er konnte ihre Zusammensetzung genau erkennen.[32]

Während der Badesaison und in grosser Entfernung vom Seeufer, entweder in Môtier oder in Cudrefin, wurde jeder Stein, unter dem ein Fisch Schutz finden konnte, jedes Mauerloch, das vom Wasser umspült wurde, von den Agassiz-Brüdern durchsucht. Sie wurden so geschickt, dass sie kein Fanggerät mehr benötigten, um Fische zu fangen. Es gelang ihnen sogar, einige Arten im offenen Wasser mit der Hand zu greifen, indem sie sich nur kleiner Hilfsmittel bedienten. Dies war sicherlich der Ursprung der bemerkenswerten Veröffentlichung von Louis Agassiz‘ «Histoire naturelle des poissons d'eau douce de l'Europe centrale.» [1] 


Am Bieler Gymnasium

Nachdem der junge Agassiz sein Elternhaus verliess, trat er als 11-jähriger Pensionär von 1818 bis 1822 ins Bieler Gymnasium ein. Zu seinen Mitschülern zählten laut «Schülerverzeichnis vom Gymnasium Biel 1817-1834» [12] vom Stadtarchiv Biel u.a.: 

1818-

1822


1817-18 Alexander Schweizer (1808-1888), Theologe
1817-19 Emanuel Schwab (1804-1865), Politiker
1817-19 Jules Albert Morel (*1804)
1817-21 Cäsar Adolf Bloesch (1804-1863), Arzt

1817-21 Friedrich Schwab (1803-1869), Archäologe, Oberst
  

1817-23 Eduard Eugen Bloesch (1807-1866), Landammann
1818-19 Charles-Louis Verdan (1808-1863), Indienne-Fabrikant
1818-20 Alfred Emile Schaffter (1804-1884)
1818-21 Charles Amédée Schaffter (1802-1860), Arzt
1819-22 Auguste Agassiz (1809-1877), Uhrenfabrikant
   


Schüler erzählen
- Alexander Schweizer: «Eine Bekanntschaft verdanke ich dem gastlichen Umgang meiner Grosseltern mit einer waadtländischen Pfarrersfamilie, welche bisweilen bei uns, oder wir, besonders zur Weinlese, bei ihr zu Besuch waren. Von den beiden Knaben, die damals meine Spielgenossen waren, hat der ältere, Louis, den Namen Agassiz berühmt gemacht. In Biel wurde für den Kantonsteil sofort ein Gymnasium gegründet, dessen Direktion samt der ersten Pfarrstelle dem schriftstellerisch bekannten Johann Konrad Appenzeller, spezieller Freund meines Vaters, zufiel.  1818 trat ich als 10-jähriger Knabe ins Bieler Gymnasium und in die Pension von Frau Bloesch. Dort traf ich Agassiz wieder. Ihn nahm ich gewöhnlich des Sonntags zum Mittagessen ins elterliche Pfarrhaus mit. Nicht ohne Stolz sind wir in der graublauen Uniform der Bieler Gymnasiasten zu Nidau eingezogen, ich ohne zu ahnen, welche spätere Berühmtheit neben mir einherging. Zuletzt hatte ich Agassiz in Zürich wiedergetroffen, wo er mit seinem früh verstorbenen Bruder August Medizin und Naturwissenschaften studierte.»[74]

Die Theologie und die Evolutionstheorie

Man kann unmöglich über Agassiz schreiben, wenn man seine tiefe Religiosität nicht einbezieht, die er mit seinen Forschungen verband und mit der er später in Amerika als «naturwissenschaftlicher Prediger» bekannt wurde.
Die Naturwissenschaft hatte mit grossem Interesse begonnen, über die Schöpfungsgeschichte zu debattieren, es gab dazu um die 50 Theorien. Die einen glaubten an eine zusammenhängende und ununterbrochene Erdgeschichte. Andere dachten, die bestehenden Arten seien die veränderten Nachfolger der letzteren, die der Schöpfer jedesmal durch eine planmässige Katastrophe vernichtete. Vertreter der letzteren Theorie und Gegner Darwins waren in der Zeit als Agassiz das Bieler Gymnasium besuchte Direktor Johann Conrad Appenzeller. Ob Louis Agassiz und sein Mitschüler Cäsar Adolf Bloesch, die später an die gleiche Theorie glaubten, von Appenzeller im Gymnasium beeinflusst wurden, ist möglich, aber nicht ersichtlich.

- Johann Conrad Appenzeller (1775-1850) amtete in Biel als erster Prediger an der deutschen Kirche und als erster Direktor vom Gymnasium. Bei der Taufe erhielt er den Vornamen Johann Conrad, damit er durch seine Initialen J. C. A. stets an «Jesus Christus, Amen» erinnert werde.[72] Zu seinen Schüler zählte der ebenso fromme Louis Agassiz. Appenzeller interessierte sich für Geologie und war Mitglied der Naturforschenden Gesellschaft. Der verstorbene Naturforscher Max Antennen berichtete im Bieler Jahrbuch 2008 über Appenzeller und zitierte ihn: «Appenzeller erzählte:  ‹Ich erblicke jene seit Jahrtausenden hier (in Biel) thronenden Granitblöcke, als Ruinen eines früheren Weltalters. Sie, diese Denkmäler einer ungeheuren Erdrevolution, sollen zu einer Zeit hierher geflutet worden sein, wo sich aus der Nacht einer zertrümmerten Weltordnung, eine neue Erde gestaltete. Wo diese Bergwelle, der Jura selbst, zu einer mit der hohen Alpenmauer gleichlaufenden hundert Stunden langen Schanze gerann.›  Was Agassiz über die Bieler Erratiker etwa 20 Jahre später schrieb, erinnert an Appenzeller, welcher am Bieler Gymnasium auch Religion unterrichtete. Beide, der Lehrer und der Student, denken an machtvolle Wasserwellen, hervor gerufen durch Erdkräfte, als sich aus den Trümmern einer zerstörten Weltordnung eine neue geformt habe.»[71]

-  Der Arzt Cäsar Adolf Bloesch war wie Agassiz ein Gegner Darwins. In seinem Buch «Unglaube und Aberglaube» erklärt Bloesch: «Durch die langen Nachforschungen eines Cuvier, Agassiz und Buckland beweisen die naturhistorischen Tatsachen: dass die Erde nicht immer von lebenden Wesen bewohnt sei; dass verschiedene Schöpfungen vor der gegenwärtigen existiert habe; dass mehrere Schöpfungen durch ausserordentliche Naturereignisse plötzlich zu Grunde gegangen seien; dass jede spätere Schöpfung eine grössere Vollkommenheit der organischen Wesen darbiete; dass die organischen Wesen erst bei der letzten Schöpfung im Menschen die höchste Vollkommenheit gefunden habe. Durch die vergleichende Anatomie wird der Beweis geleitet, dass keine Übergänge von den vorsintflutlichen versteinerten Geschöpfen in die jetzt noch lebenden Arten stattfinden; dass die untergegangenen, als die jetzt noch lebenden Arten als etwas gänzlich Abgeschlossenes und Vollendetes betrachtet werden müssen; dass die Erschaffung aller Wesen kein Zufall, sondern ein und derselbe Geist mit dem höchsten Stand von Weisheit stets nach den gleichen Grundsätzen gewaltet habe.»[76]

   


Ein talentierter Schüler

Im Schulunterricht galt Agassiz als besonders fleissig und sehr talentiert. Eine hübsche Zeichnung, die er in dieser Zeit anfertigte und seinen Eltern am Neujahrstag schickte, beweist seine genaue Beobachtungsgabe. 1818 gehört er zu den 23 Preisträgern an der Solennität: Für seine ausgezeichneten Leistungen erhielt er das Buch «Beauté de l’Histoire Sainte». Auch 1820 und 1821 wurde Agassiz als Preisträger aufgeführt. 1821 durfte er die Solennitätsrede halten. 

Elisabeth Cary Agassiz berichtete im Buch «Louis Agassiz - Leben und Briefwechsel» über den Aufenthalt im Bieler Gymnasium: Die Schulbücher und die kleine Hausbibliothek genügen dem wissenddurstigen Gymnasiasten bald nicht mehr. In einem Brief an den Vater bittet der 14-jährige Gymeler: «Ich wünsche in den Wissenschaften vorwärts zu kommen und dazu bedarf ich d’Anville, Ritter, ein italienisches Wörterbuch, einen griechischen Strabo, Mannert und Thiersch und ausserdem die Schriften von Malte-Brun und Senfert. Ich habe beschlossen, sofern es mir gestattet wird, ein Schriftsteller zu werden und gegenwärtig kann ich in folgenden Fächern nicht vorwärts kommen: 1) Zu alter Geografie, denn ich kann schon alle meine Notizbücher auswendig und habe keine anderen Bücher, als die, welche Rickly mir leiht; ich muss d’Anville oder Mannert haben; 2) in neuer Geografie habe ich nur den Osterwalde, welcher nicht mit den neuen Einteilungen stimmt; dafür müsste ich Ritter oder Malte-Brun haben; 3) für das Griechische brauche ich eine neue Grammatik und werde den Thiersch wählen; 4) fehlt mir ein italienischen Wörterbuch; 5) brauche ich für das Lateinische eine grössere Grammatik als meine bisherige und ich möchte gern die von Seyfert haben; 6) sagt mir Herr Rickly, dass er mir, da ich Geschmack an Geografie habe, eine griechische Stunde geben wolle (gratis), in der wir den Strabo übersetzen könnten, vorausgesetzt, dass ich mir einen verschaffen kann. Für alle diese Einkäufe müsste ich ungefähr 12 Louis’dor haben.»

Agassiz beeindruckte durch seine grosse Sprachbegabung, neben seiner französischen Muttersprache sprach er Deutsch, Englisch, Italienisch, Latein und Griechisch. Im Zentrum seiner Interessen stehen allerdings die Naturwissenschaften. Diese Faszination teilte er mit seinem Mitschüler Cäsar Adolf Blösch, den er später als Medizinstudent in Zürich wieder traf.[9]

Beim Rückblick auf sein Schulleben fragte sich Agassiz oft, ob es in dem Klima oder an der Lehrmethode liege, dass das Leben in den öffentlichen Schulen in den Vereinigten Staaten so viel angreifender für die Gesundheit der Kinder sei, als dasjenige, in dem er aufgewachsen war. In den öffentlichen Schulen von Amerika hält man die Knaben und Mädchen bei einer Unterrichtsdauer von fünf Stunden und ein- bis zweistündiger häuslicher Arbeit für überbürdet. In der Schule von Biel mussten die Knaben neun Stunden arbeiten und waren dabei gesund und vergnügt. Vielleicht liegt das Geheimnis in der häufigen Unterbrechung des Unterrichts; nach zwei bis drei Lernstunden wurde immer eine  Zwischenzeit zum Spielen oder Arbeiten eingeschoben. Agassiz behielt sein Leben lang eine angenehme Erinnerung von der Bieler Schule und ihren Lehrern. Neben seinen Studien beschäftigte er sich mit Fischfangen und legte damit den Grund zu seinen späteren Arbeiten.

  


Studien
Die 4 Jahre, welche Agassiz dem Wunsch seiner Eltern gemäss in Biel zubringen sollte, gingen rasch zu Ende.  Nach seinem Abgang aus Biel besuchte Agassiz das Kollegium in Orbe, wo sein Vater damals Pastor war. C.-F. Girard, in seinem Tagebuch: «Das Collège in Orbe wurde nur von sechs bis acht Schülern besucht, die alle in einer Klasse zusammengefasst waren. Die einen übersetzten bereits ‹Cäsar› oder ‹Cornelius Nepos›, während die Jüngeren ‹Mensa› deklinierten. Mein älterer Bruder und Agassiz waren im selben Alter und bereiteten sich zusammen auf ihre Aufnahmeprüfungen an der Akademie in Lausanne vor. Das Studierzimmer befand sich im oberen Teil des Pfarrhauses. Wenn Agassiz zu Bett ging, befestigte er eine Schnur an seinem rechten Bein, die durch ein kleines Loch im Fenster bis auf einige Fuss über den Boden führte. Mein Bruder weckte ihn, indem er an der Schnur zog. Manchmal waren mehrere Anläufe nötig, weil die Mechanik nicht richtig funktionierte oder der Schläfer auf taube Ohren stiess.»[70]

Agassiz konnte ab 1822 seine Studien an der Akademie von Lausanne fortsetzen. Er freundete sich bald mit Daniel-Alexandre Chavannes (1765-1848) an, dem Direktor des kantonalen Naturhistorischen Museums, der einen grossen Einfluss auf die zukünftige Ausrichtung der Karriere des jungen Agassiz ausübte. Dieser fühlte sich immer mehr zum Studium der Naturwissenschaften hingezogen.

Der junge Student sollte eine kaufmännische Lehre absolvieren, aber er konnte sich beim besten Willen nicht dazu entschliessen. Agassiz flehte seine Eltern an, den Beginn der Lehre noch weiter hinauszuzögern und rief seinen Direktor und seine Lehrer zu Hilfe. Dank der Intervention von seinem Onkel Mayor, einem bekannten Lausanner Arzt, verzichteten die Eltern auf eine kaufmännische Laufbahn und erlaubten Agassiz, ein Medizinstudium zu beginnen.

Doch schon wartete eine erste Enttäuschung auf ihn: Im Protokoll der Sitzung des akademischen Rates vom 10. Juni 1823 hiess es: «Der junge Agassiz bittet darum, die Prüfungen für die Promotion in Philosophie ablegen zu dürfen, obwohl er nicht das erforderliche Alter hat, und gibt als Grund an, dass er vorhat, Medizin zu studieren und nicht das Studium des Heiligen Ministeriums zu absolvieren. Wir glauben nicht, dass wir ihm diese Gunst gewähren müssen, aber wir erlauben ihm, die Prüfungen für beide Studiengänge abzulegen und als Externer den Philosophieunterricht zu besuchen.»[1]

Im folgenden Jahr verliess der zukünftige Naturforscher die Akademie in Lausanne. Er verbrachte als Medizinstudent ab 1824 zwei Jahre in Zürich. Dann ging er im Frühjahr 1826 an die Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, wo der berühmte Anatom Friedrich Tiedemann (1781-1861) wirkte und studierte weiter an der kürzlich eröffneten Ludwig-Maximilians-Universität in München.[1] Hier wirkten Schelling, Oken, Martius, Döllinger, Wagler, Zuccarini, Fuchs, von Kobell u.a., die nicht nur seine Lehrer, sondern auch seine Freunde wurden. Agassiz richtete in einem Zimmer des Hauses Döllinger einen Studenten-Treffpunkt ein, in dem regelmässig wissenschaftliche Debatten stattfanden. Er nannte diesen Treffpunkt «Kleine Akademie» und war dessen Präsident. Agassiz‘ Zimmer war gleichzeitig Schlafzimmer, Studierzimmer, Museum, Bibliothek, Lesezimmer und Fechtsaal. Döllinger demonstrierte hier seine embryologischen Untersuchungen, ehe er sie der wissenschaftlichen Welt bekannt gab und lehrte Agassiz den Gebrauch des Mikroskops zu embryologischen Studien. Der Anatom Meckel kam hierher, um Agassiz‘ Sammlung von Fisch-Skeletten zu bestaunen, wovon ihm Döllinger erzählt hatte.  Michaelis legte die Resultate seiner Forschungen im Adriatischen Meere vor, Born zeigte seine schönen Präparate über die Anatomie der Lampreten, Rudolphi hielt Vorträge über die bayerischen Alpen und die Küsten der Ostsee. Die Botaniker Karl Friedrich Schimper (1803-1867) und Alexander Braun (1805-1877) besprachen die Gesetze der Blattstellung. Während Braun von Agassiz Zoologie lernte, lernte Agassiz von Braun Botanik. Zwischen den beiden entstand eine lang andauernde Freundschaft. In den Ferien besuchte Agassiz die Familie Braun in Karlsruhe.

Das Medizinstudium wurde für Agassiz nur noch ein Vorwand, um noch einige Semester in akademischen Kreisen zu verbringen, wo er sich seinen Lieblingsforschungen widmen konnte. Dennoch promovierte er 1829 in einem Abstecher in Erlangen zum Doktor der Philosophie. Schon seit langem dachte der Louis Agassiz nur noch daran, seine naturwissenschaftlichen Studien fortzusetzen, seine Sammlungen zu erweitern und zu diesem Zweck ferne Expeditionen zu unternehmen. Besonderes Interesse wendete er der bevorstehenden Reise Alexander von Humboldt’s nach Asien zu. Er liess durch General Laharpe, Erzieher von Kaiser Alexander und Nikolaus, mit dem seine Familie befreundet war, bei Humboldt anfragen, ob er als Assistent die Expedition mitmachen dürfe. Leider ohne Erfolg.

Während seines Aufenthaltes in München wurde Agassiz vom Botaniker Carl Friedrich von Martius (1794-1868), welcher drei Jahre in Brasilien verbrachte, eingeladen, zusammen mit dem Zoologen Johann Baptist Spix (1781-1826), die während dieser Expedition gesammelten Fische zu beschreiben. Agassiz schrieb sein Erstlingswerk «Die Fische von Brasilien» nach dem Tod von Spix allein zu Ende. Es erschien 1829 in lateinischer Sprache. In München beschäftigte sich Agassiz nachhaltig mit den fossilen Fischen, wozu ihn Rudolf Wagner (1805-1864), der spätere Göttinger Anatom, ermunterte und wobei ihm Schubert und Wagner die Fischsammlung der Universität zur Verfügung stellten. Es entstanden die Werke über die «Süsswasserfische Europas»  und die «Fossilen Fische». Wagner, der übrigens die gleichen theologisch-wissenschaftlichen Ansichten teilte wie Agassiz, schrieb 1860 «Louis Agassiz‘ Prinzipien der Klassifikation der organischen Körper, insbesondere der Tiere, mit Rücksicht auf Darwins Ansichten». In der Freizeit unternahm er kleine Reisen zu den Museen der grösseren Städte Mitteldeutschlands, um deren paläontologische Vorräte zu untersuchen. 1830 erhielt Louis Agassiz in München die Urkunde zum Doktor der Medizin.

Anschliessend hielt er sich längere Zeit in Wien auf, um in den kaiserlichen Museen die Sammlung der Störe des Donaugebietes, sowie der fossilen Fische des Monte Bolca zu studieren. Daneben interessierten besonders die Cyprinoiden der Donau, dass er die Herausgabe eines Werkes über die Süsswasserfische von Mitteleuropa beschloss. Allerdings wurden davon nur einige Probetafeln an verschiedene Freunde versendet. Wegen der Juli-Revolution 1830 unterblieb die Publikation des Druckes, welchen Cotta, ein Gönner Agassiz', besorgen wollte.

Louis Agassiz: «Ich war Doktor der Philosophie und der Medizin, Autor eines Bandes über die Fische Brasiliens. Ich war zu Fuss durch ganz Süddeutschland gereist, hatte Wien besucht und grosse Gebiete in den Alpen erkundet. Ich kannte jedes lebende und fossile Tier in den Museen von München, Stuttgart, Tübingen, Erlangen, Würzburg, Karlsruhe und Frankfurt, aber meine Zukunft war düster, mir fehlten die finanziellen Mittel, um meinen Weg in der Welt zu gehen, ausser in der praktischen Laufbahn der Medizin.»[2]

 

Ferien in Orbe
1821 verliess sein Vater Môtier und wurde zum zweiten Pastordes des kleinen Städtchens Orbe am Jurafuss berufen. Von 1821 bis 1830 verbrachte Louis Agassiz seine Ferien in Orbe. 1820 beschloss die Gemeinde Orbe, Versuche zur Gewinnung von Torf aus den Mooren zu unternehmen. Es ist daher anzunehmen, dass Agassiz die Idee hatte, die Torfgewinnung aus den Orbe-Mooren mit der in der Region Vully angewandten Methode zu versuchen. Louis Agassiz nutzte seine Ferien, um in Orbe die lokale Fauna und Flora zu studieren. Seine Anfänge in dieser Richtung wurden durch einige Männer gefördert, die sich neben ihren üblichen Beschäftigungen dem Studium der Naturwissenschaften widmeten und mit denen der junge Agassiz in Verbindung trat. Dies waren unter anderem Marc-Louis Fivaz, Minister des Heiligen Evangeliums, war von 1816 bis zum 1824 Suffragan des ersten Pastors von Orbe. Er war ein begeisterter Botaniker. Als er Agassiz kennenlernte, war dieser erst 15 Jahre alt. Fivaz war also der erste Botaniklehrer des zukünftigen Naturforschers. Gemeinsam durchstreiften sie das Mittelland und den Jura und sammelten viele Pflanzen. Agassiz pflegte von jeder Art zwanzig Exemplare mitzunehmen, und zurück im Pfarrhaus von Orbe begannen sie mit der langwierigen Arbeit, die Pflanzen in eine Sammlung einzuordnen. Unter der Leitung von Minister Fivaz begann Louis Agassiz mit dem Herbarium, das er später in Lausanne, Zürich und dann in Deutschland vervollständigte. Zwischen dem Suffragan und Agassiz entstanden eine starke Freundschaft, und so war es für beide ein grosser Kummer, als Fivaz 1824 Orbe verlassen musste, weil man ihn beschuldigte, einer Sekte anzugehören, die der nationalen Religion widersprach. Er wurde zwei Jahre lang ausserhalb des Kantons verbannt. Man findet ihn 1845 als ausserordentlichen Professor für Botanik an der Akademie von Lausanne wieder.
Der zweite war Pastor Mellet, der damals in Vallorbe lebte und ein Freund von Pastor Agassiz war. Er beschäftigte sich ebenfalls mit Botanik, war aber vor allem ein ausgezeichneter Entomologe. Agassiz und Mellet gingen jeden Tag auf Insektensuche und sammelte vor allem Käfer und Schmetterlinge. Die wissenschaftliche Zusammenarbeit der beiden Freunde wurde auch nicht dadurch unterbrochen, dass Mellet am Ende der Ferien abreiste. Sie führten einen regen Briefwechsel, in dem sie kaum etwas anderes als wissenschaftliche Fragen ansprachen. Pastor Agassiz teilte seinem Freund und Kollegen in Vallorbe häufig die Sorgen mit, die er sich um die Zukunft seines Sohnes Louis machte: «Man kann ihn auf nichts festlegen», sagte er ihm, «er träumt nur von Naturgeschichte und hässlichen, ekelhaften Tieren.» Pastor Mellet verteidigte daraufhin seinen jungen Freund und versuchte, seinem Vater zu zeigen, dass es Louis Agassiz dank der von Cuvier gegebenen Entwicklung des Studiums der Naturwissenschaften möglich sein würde, sich eine Stellung als Lehrer zu erobern. Die Zeit, die Agassiz zwischen den Ausflügen mit seinen Freunden zur Verfügung stand, verbrachte er damit, alle Arten von Tieren zu sezieren, die er sich beschaffen konnte. Von Zeit zu Zeit fuhr er an den Neuenburgersee, um dort seine Beobachtungen an Fischen fortzusetzen. So verging die Zeit in den Ferien. Einer dieser Aufenthalte muss jedoch weniger angenehm gewesen sein, nämlich der von 1827. Im Frühjahr dieses Jahres erkrankte Agassiz in Heidelberg an Typhus und wurde in Karlsruhe bei seinem Freund Braun behandelt, dessen Schwester er sechs Jahre später heiratete. Auf Anweisung der Ärzte verbrachte er den Sommer in Orbe. Nun kann man im Protokoll der Sitzung der Gemeindevertretung dieser Stadt vom 17. August 1827 lesen:  «In einem Brief teilt der Friedensrichter mit, dass der Sohn von Pastor Agassiz an den Pocken erkrankt ist und ordnet die Beschlagnahmung des Kranken und derjenigen, die ihn pflegen sollen, sowie eine Veröffentlichung in der Stadt an, die das Verbot enthält, mit ihnen zu kommunizieren.» Die Beschlagnahmung war nicht von allzu langer Dauer, denn im November konnte Louis Agassiz an der Universität München weiterstudieren.
[1]

 

Studieren im Pfarrhaus von Concise
Mittlerweilen war sein Vater von Orbe nach Concise am Neuenburger See versetzt worden. Am 30. Dezember 1830 traf Louis Agassiz bei seinen Eltern ein. In deren Pfarrhaus verbrachte er ein Jahr mit ichthyologischen Studien, insbesondere mit der Fortsetzung seiner Arbeit über die fossilen Fische.

 

Aufenthalt in Paris von 1831-1832

In Paris lockte ihn vor allem das Museum, dessen zoologischen, paläontologischen und anatomischen Sammlungen zu den reichhaltigsten und berühmtesten Europas gehörten und der Botanische Garten «Jardin des Plantes», der nicht nur die bedeutendste damalige Sammlung an lebendigen Fischen enthielt, sondern  auch die berühmteste Sammlung des Grafen Gazzola von fossilen Fischen des Monte Bolea. Agassiz wohnte in der Nähe in einem kleinen Zimmer vom «Hôtel du Jardin des Plantes». Er trat in Kontakt mit dem berühmten Naturforscher Georges Cuvier (1769-1832) und Alexander von Humboldt (1769-1859), Gesandter des auswärtigen Hofs und europäische Berühmtheit.

Cuvier gab damals eine Reihe von Vorlesungen über die Geschichte der Naturwissenschaften und bekämpfte die auf die Veränderlichkeit der Arten basierte Entwicklungstheorie Geoffroy's, welche dieser in den Sitzungen der Pariser Akademie verteidigte. Agassiz folgte von diesem Zeitpunkte an Cuvier's Ideen über die Klassifikation des Tierreiches und über die Schöpfungskatastrophen insbesondere mit wenigen Abänderungen, und rechtfertigte sie in Lehre und Schrift bis an sein Lebensende.

Von Cuvier erhielt er die Erlaubnis, sich regelmässig in dessen Laboratorium zu beschäftigen. Nach einiger Zeit übergab ihm Cuvier sämtliche Notizen und Zeichnungen, welche er über fossile Fische gesammelt hatte und bat Agassiz, das Werk zu vollenden. Das ihm anvertraute Material erwies sich als ein Legat für Agassiz, denn wenige Tage später starb Cuvier. Finanzielle Probleme erschwerten es Agassiz jedoch, die Bitte Curviers umzusetzen, bis ihm Alexander von Humboldt unter die Arme griff. In Humboldt endlich erwarb sich Agassiz einen mächtigen Gönner, dessen Unterstützung ihm später die Veröffentlichung mancher seiner kostspieligen Publikationen wesentlich erleichterte. Agassiz konnte in Paris weiterarbeiten, wo er mit seinem Freund Braun gemeinsam die Forschungen betrieb.

In einem Brief vom März 1832 schlägt seine Mutter vor, Louis Agassiz solle seine reichhaltige Sammlung im zukünftigen  naturhistorischen Museum in Neuchâtel unterzubringen. Zu diesem Zweck müsse er Kontakt mit Louis Coulon aufnehmen.[8] Kurze Zeit später erhielt er von Coulon die Nachricht, dass er eine Lehrerstelle an der vom preussischen König Friedrich Wilhelm III. gegründeten Akademie von Neuchâtel erhalten könne. In Neuchâtel wurde eine Subskription eröffnet, und die Gemeinde und Privatpersonen boten Agassiz die Summe von 80 Louis an. Coulon schrieb ihm: «Sie können nicht daran zweifeln, wie sehr uns die Aussicht, Sie in Neuchâtel zu haben, freut, nicht nur wegen der Freundschaft, die viele Menschen hier für Sie empfinden, sondern wegen des Glanzes, den ein von Ihnen besetzter Lehrstuhl für Naturgeschichte für unsere Institution haben wird.»[63] Louis Agassiz: «In Neuchâtel ist man bereit, mich als eine Art Phänomen zu betrachten, und ich muss alle Anstrengungen unternehmen, damit die Wirklichkeit meinen Ruf nicht Lügen straft.»[63]

 

Neuchâtel wird Stadt der Wissenschaft
Von 1832 bis 1846 wirkte Louis Agassiz als Professor der Naturgeschichte in Neuchâtel. 1832 wurden die «Auditoriums» um einen Lehrstuhl für Naturwissenschaften erweitert. Agassiz fand im «Lyceum» eine Stelle und einen Ort, an dem er ungestört an seinem Werk über die Beschreibung der fossilen Fische arbeiten konnte.[2] Er musste für seine Schüler das Lehrmaterial selbst organisieren. Er unterrichtete untypisch, in dem er mit den Schülern Exkursionen unternahm. Agassiz zeigte ihnen im Jura die Bodenformen und an Seen, Flüssen und Bächen die Bedeutung des Wassers als ein geografisches Element.

Am 12. November 1832 eröffnete Louis Agassiz im Hôtel-de-Ville von Neuchâtel, in Gegenwart der Erziehungskommission und einer grossen Anzahl Zuhörer, seinen naturhistorischen Kurs. Er sprach über die Beziehungen zwischen den verschiedenen Zweigen der Naturgeschichte und über die aktuellen Tendenzen in allen Wissenschaften. Der Erfolg war überwältigend. Unter den Zuhörern war auch sein Vater.[63]

Am 6. Dezember 1832 gründete Louis Agassiz zusammen mit Louis Coulon und einigen anderen die «Naturforschende Gesellschaft von Neuenburg» (Société des Sciences Naturelles de Neuchâtel). Ihr Zweck es sein sollte, dem Studium der Wissenschaften ein aktiveres Leben zu verleihen. In der ersten Sitzung wurde Louis Coulon, sen. zum Präsidenten und Louis Agassiz zum Sekretär der Sektion für Naturgeschichte ernannt. Eine weitere Sektion umfasste mathematische Wissenschaften, Physik, Chemie etc. Die Sitzungen fanden bis Januar 1837 alle 14 Tage im Haus des Präsidenten statt (Coulon sen., später jun.), danach im neuen Gymnasium.
Ende 1832 erhielt Agassiz einen Ruf von der Universität Heidelberg, wo er einen Teil seines Studiums absolviert hatte. Er lehnte ab. Neuchâtel bot ihm unerwartete Ressourcen: «Zu meinem grossen Erstaunen habe ich hier alles gefunden, was für die Veröffentlichung eines Werkes über fossile Fische notwendig ist, zwei gute Lithografen und zwei Drucker. Unsere Magistrate, wie auch Privatpersonen, interessieren sich sehr für die öffentliche Bildung und ich bin überzeugt, dass man früher oder später meine Sammlung kaufen wird». In der Tat war das Geschäft einige Monate später abgeschlossen. Der preussische König stellte einen Teil der benötigten Summe bereit.[63]

Ab Januar 1833 hält Agassiz einen Kurs in allgemeiner Naturgeschichte, in dem er die wichtigsten Züge der Entwicklung, der Organisation, der Klassifikation und der Geschichte der Tiere und Pflanzen darlegte und den er mit einer Skizze der Revolutionen abschloss, die nacheinander die Oberfläche der Erde und ihre Bewohner verändert haben. Dieser Kurs bestand aus 25 bis 30 Lektionen und fand zweimal pro Woche statt. Der Preis betrug einen Louis.

Provisorisches Museum und Hochzeit
In einem Raum des Waisenhauses (später Rathaus) wurde ein provisorisches Museum eingerichtet und die umfangreichen Sammlungen, die Louis Agassiz aus Deutschland mitbrachte, so gut es ging untergebracht. 1833 heiratete er Cecilie Braun, die Schwester des langjährigen Freundes Alexander Braun, Direktor des botanischen Gartens in Berlin. Sie schenkte ihm 1835 den Sohn Alexander und später die Töchter Ida und Pauline. Als Künstlerin fertigte sie für Agassiz mehrere Zeichnungen von fossilen- und Süsswasserfischen.[8]
1834 besuchte Agassiz England, wo er in Museen und Privatsammlungen 300 neue Arten fossiler Fische fand. Dann dehnte er seine Reise nach Wales, Schottland und Irland aus.

   


Porträt von Mary Anning, Natural History Museum, London, Foto: Wikipedia.org
Porträt von Mary Anning, Natural History Museum, London, Foto: Wikipedia.org

Mary Anning
Mary Anning (1799-1847) war eine englische Fossiliensammlerin, -händlerin und Paläontologin, die durch ihre Entdeckungen von Meeresfossilien aus dem Jura in den Klippen entlang des Ärmelkanals bei Lyme Regis in der Grafschaft Dorset im Südwesten Englands weltweit bekannt wurde. Annings Entdeckungen trugen dazu bei, das wissenschaftliche Denken über prähistorisches Leben und die Geschichte der Erde zu verändern. 1834 besuchte Louis Agassiz Lyme Regis und arbeitete mit Anning zusammen, um die in der Region gefundenen Fischfossilien zu sammeln und zu untersuchen. Er war von Anning und ihrer Freundin Elizabeth Philpot so beeindruckt, dass er in sein Tagebuch schrieb: «Miss Philpot und Mary Anning waren in der Lage, mir mit absoluter Sicherheit zu zeigen, welche der Ichthyodorulit-Rückenflossen von Haien den verschiedenen Arten entsprechen.» Er dankte beiden für ihre Hilfe in seinem Buch «Studies of Fossil Fish». Agassiz war auch die einzige Person, die zu Annings Lebzeiten zwei fossile Fischarten nach ihr benannte,  «Anning - Acrodus anningiae» und «Belenostomus anningiae»  und eine weitere Art nach Elizabeth Philpot.[14]  

 

1835 erfolgte in Neuchâtel die Einweihung des Gebäudes des Gymnasiums (Collège latin) und endgültige Einrichtung des Museums. Die Stadt erweitere ihre wissenschaftlichen Interessen 1837 mit dem  Zusammenschluss der Helvetischen Naturforschenden Gesellschaft.[17]

Das naturhistorische Museum wurde 1837 von Louis Coulon eröffnet, der die Sammlung seines Vaters zusammen mit der von Agassiz darin unterbringen konnte.

 

   



An der Universität Neuchâtel , damals zweite Akademie genannt, war Agassiz Lehrer und Direktor.

 

Ehrentafel der Uni Neuchâtel.
Ehrentafel der Uni Neuchâtel.

1838 erklärte sich Friedrich Wilhelm IV. (ab 1840 König von Preussen) auf Drängen von Alexander von Humboldt bereit, in Neuchâtel eine Akademie zu gründen.  Diese bestand von 1841 bis 1848. Agassiz amtete als Lehrer und Rektor. In der Akademie unterrichtete auch Arnold Guyot, der Agassiz in Deutschland 1825 kennengelernt hatte.

Genf versuchte Agassiz anzuwerben und bot ihm ein Gehalt von etwa 4000 Fr. an. Einige Monate kam ein Angebot von Lausanne. Doch er blieb seinem Posten treu, und die Neuenburger wussten ihm ihre Dankbarkeit auszudrücken. Louis Coulon schrieb ihm in ihrem Namen einen Brief, in dem er ihm mitteilte, dass die Stadtverwaltung ihm als Zeichen ihrer Wertschätzung und Dankbarkeit jährlich 2.000 Francs aus Frankreich zusichern würde.[63] Agassiz erhielt das Ehrenbürgerrecht.

Durch die intensive wissenschaftliche Tätigkeit von Louis Agassiz wurde Neuchâtel innert kürzester Zeit zur Stadt der Wissenschaft. Um Agassiz herum hatte sich ein beachtlicher wissenschaftlicher Stab gruppiert: Die Lehrer der ersten Akademie Arnold Guyot (Glaziologe), Léo Lesquereux (Bryologe), Henri Ladame (Chemiker und Mathematiker), Henri de Joannis, (Mathematiker), Frédéric DuBois de Montperreux (Geograf). Desweiteren die Coulons Vater und Sohn,  Auguste de Montmollin (Geologe), F. de Rougemont senior und Ch.-Ph. deBosset (Archäologen), Jean-Frédéric d’Ostervald (Kartograph); Louis Favre (Schriftsteller) und die bekannte Ärzte Jacques-Louis Borel, de Castella,  H. de Purry und Léopold de Reynier.[17]

Die reichhaltige Sammlung fossiler Conchylien der Schweiz, welche der Geologe Gressly von seinen Reisen zurückgebracht hatte, veranlasste Agassiz zu einer Bearbeitung der fossilen Conchylien des Jura und der Kreide, welche unter dem Titel «Études critiques sur les Mollusques fossiles du Jura et de la Craie» in 4 Lieferungen mit 100 Tafeln erschien, welchem Werke er noch mehrere ähnliche ergänzende Publikationen über fossile Conchylien folgen liess, von denen die «Iconographie des Coquilles tertiaires, reputées identiques avec les espèces vivantes ou dans différens terrains de l'époque tertiaire» und ,«Mémoire sur les moules de Mollusques vivans et fossiles» die bedeutendsten sind.
1839 begann er in Verbindung mit Carl Vogt ein grosses Werkeüber die Naturgeschichte der Flusswasserfische vom mittleren Europa vorzubereiten, welches sich auch über die Anatomie und Embryologie der Fische ausdehnen sollte. Es wurde aber später aufgegeben. Die erste Lieferung enthielt auf 24 Tafeln in Farben die Abbildungen der Gattungen Salmo und Thymallus mit kurzem erläuterndem Texte. In der zweiten Lieferung gab Carl Vogt unter Mitwirkung von Agassiz die Entwicklungsgeschichte der Salmonen. Als dritte Lieferung schloss sich an dieses Werk eine Abhandlung über die Anatomie der Lachse an, welche Agassiz und Vogt 1845 in dem 3. Band der Mémoires de la Société des Sciences Naturelles de Neuchatel abdruckten.
Um Agassiz in seinen Forschungen zu unterstützen, kaufte 1841 Lord Francis Egerton die Originalzeichnungen zu Agassi‘z Werke über die Fische ab. Der Naturforscher konnte die Zeichnungen in Neuchâtel behalten, so lange er sie brauchte.
Ab März 1842 erhielt Agassiz eine jährliche Summe von 3000 Franken vom König von Preussen, «als Entschädigung für die bedeutenden Opfer, welcher dieser Gelehrte auf seine wissenschaftlichen Forschungen verwendet.» Das fürstliche Geschenk soll auf den Vorschlag von Alexander von Humboldt erfolgt sein.
Am Juli 1842 ernannte die Akademie von Neuchâtel Louis Agassiz zu ihrem Rektor und beschloss, dass der Lehrkurs alljährlich mit einer öffentlichen Sitzung begonnen werden solle, in welcher der Rektor eine Rede zu halten und ein Professor eine wissenschaftliche Abhandlung zu lesen habe.

Königlicher Besuch in Neuchâtel
Am 25. September 1842 besuchte das Königspaar von Preussen, Friedrich Wilhelm IV (1795-1861) Elisabeth Ludovika von Bayern (1801-1873), zuerst den Gottesdienst in der Kirche Notre-Dame. Danach gab der König, welcher die neuchâtelische Medaille trug, Audienz und besuchte das Kollegium und die Lehrerschaft. Agassiz und Coulon, die auch dort waren, erhielten grosse Anerkennung und begleiteten seine Majestät durch die Säle des Museums für Naturgeschichte. Die Schüler/innen waren ebenfalls versammelt und empfingen den König mit einem «Dieu sauve le roi!». Was die Dekoration in der Stadt betraf, sei erwähnt, dass Agassiz ein Haus mit dem Transparent vom Hotel des Neuchâtelois auf dem Aaregletscher, mit dem eidgenössischen Banner auf dem Felsen, schmückte. Darauf stand die Inschrift: «Unter seinem Schutz blühen die Wissenschaften.» Agassiz erhielt für seine künstlerische und wissenschaftliche Verdienste, vom König eine grosse, goldene Medaille.

1844 schloss Agassiz die Publikation seines Riesenwerkes über die fossilen Fische, welches in 5 Quartbänden mit 311 Tafeln in Folio in Neuchâtel erschienen war. 80 der grössten Museen Europas hatten das Material zu demselben geliefert und die Zahl der beschriebenen und angeführten Arten beläuft sich auf 1700 in etwa 20.000 Exemplaren. Diese ,«Recherches sur les poissons fossiles» (1833-1844) war unbestritten Agassiz' bedeutendstes Werk und bildeten mit Cuvier's und Valenciennes' «Histoire naturelle des poissons» (1828) und Johann Müller's anatomischen Abhandlungen die Grundlage der Kenntnisse im Reiche der Fische (1844), indem sie sich nicht allein auf das Gebiet der Ichthyolithen beschränken, sondern über das ganze Feld der Anatomie und Systematik der Fische ausdehnen und insbesondere den letzteren Zweig wesentlich umgestalteten. Die weiteren Forschungen führten den Gelehrten nacheinander zur Herausgabe der «Beschreibung der schweizerischen fossilen Echinodermen», «Monographie der lebenden und fossilen Echinodermen» (Seetierformen), «Kritischen Studien über die fossilen Mollusken» und der «Monographie der fossilen Fische im roten Sandstein».

 

Literaturverzeichnis für Naturgeschichte

Agassiz‘ erstellte mehrere bibliographische Werke, wie die «Matériaux pour servir à une Bibliothèque zoologique et paléontologiue», ein beeindruckender Folioband, 1842 bis 1845, ein Literaturverzeichnis für Naturgeschichte. Der Nomenclatur «Zoologicus» (1842 bis 1846) ist ein systematisches Verzeichnis der Genera sämtlicher Tiere, an welchem sich die bedeutendsten Fachleute der Zeit beteiligten, wie H. von Meyer, A. Wagner, Q. Waterhouse, Strickland, Duméril, C. L. Bonaparte, Kaup und viele andere.

 

Forschungen über die Eiszeit

Nachdem Louis Agassiz durch seine Veröffentlichungen über die fossilen Fische und Seeigel berühmt wurde, setzte er sich in Neuchâtel intensiv mit der Eiszeit auseinander. Er war der eifrigste Vertreter der Theorie Charpentiers über die frühere Ausdehnung der Gletscher und den Transport erratischer Blöcke durch Gletschereis.

 

«Wo Menschen schweigen, müssen Steine reden. Und sie reden zu uns, die Steine und Felsen, die Berge und

Täler, aber ein Jedes hat seine besondere Sprache. Es kam eine Zeit, wo der grösste Teil der Erde plötzlich

bedeckt war von einer ungeheuren Masse gefrorenen Wassers, die alles Leben vernichtete: die Eiszeit. Der

Rückzug der Eiskruste erfolgte durch die Wärme der Sonne und des Erdinneren, nach dem Norden und den

Alpen hin. Von dort wurden die (erratischen) Blöcke nach ihren jetzigen Lagerstätten bewegt. Es entstanden

einzelne Gletscherzüge, welche nicht mehr ein zusammenhängendes Ganzes bildeten.»

Louis Agassiz in «Eine Periode der Geschichte unseres Erdballs», 1841, S. 1ff

   


Luzern zur Eiszeit. Gemälde von E. Hodel, 1927, im Gletschergarten Luzern.

Nach einer wissenschaftlichen Skizze von Professor A. Heim.

 

Die ersten Pioniere

Der Gedanke war nicht neu. Bereits 1802 hatte der schottische Gelehrte John Playfair die Vorstellung, die erratischen Blöcke könnten durch Gletscher verfrachtet worden sein. Der Bergführer Jean-Pierre Perraudin (1767-1858) lieferte den Anstoss zu dieser Theorie 1815. Der Walliser Strasseninspektor Ignaz Venetz (1788-1859) erläuterte seine Forschungen zur Gletscherlehre 1821 in seinem Werk über die Wanderungen der Gletscher   «Mémoire sur lés Variations de la Température dans les Alpes de la Suisse». 1829 stellte er dazu eine eigentliche Eiszeit-Theorie auf die ihn zum Begründer der Eiszeit-Theorie machte. Die Alpenklubsektion Monte Rosa, weihte 1869 den Ignaz Venetz-Findling auf dem Hügel von Valère in Sitten mit der Jahreszahl „«1821» ein.  Sie hält Venetz ebenfalls für den ersten Begründer der Glaziologie. Die Ansichten von Venetz überzeugten auch Jean de Charpentier (1786-1855), Direktor der Saline von Bex. Sie wurden danach von Charpentier und Agassiz weiter entwickelt.
Auch Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)  sollte hier noch erwähnt werden. Er machte am 7. November 1779 in seinen Briefen aus der Schweiz die Bemerkung: «An dem Weg (bei St. Maurice) betrachten wir die vielen Granit- und Gneisstücke, die bei ihrer Verschiedenheit doch alle eines Ursprungs zu sein scheinen.» In «Wilhelm Meister’s Wanderjahre» kommt Goethe darauf in folgenden, in den früheren Auflagen nicht erhaltenen Worten zurück: «Zuletzt wollten zwei oder drei stille Gäste sogar einen Zeitraum grimmiger Kälte zu Hilfe rufen und aus dem höchsten Gebirgszügen, auf weit in Land hingesenkten Gletschern, gleichsam Rutschwege für schwere Ursteinmassen bereitet und diese auf glatter Bahn, fern und ferner hinausgeschoben im Geiste sehen. Sie sollten sich bei eintretenden Epochen des Auftauens niedersenken und für ewig in fremdem Boden liegen bleiben.» [73]
Die wissenschaftlichen Aspekte der Eiszeit-Theorie untersuchte später eingehend Karl Schimper (1803-1867), Naturforscher und gleichzeitig Poet. Er war Agassiz‘ Freund aus der Studienzeit von Heidelberg und München und weilte von Dezember 1836 bis Mai 1837 in Neuchâtel.  1836 waren Agassiz und Schimper im Haus Charpentiers eingekehrt, hatten von dessen Beobachtungen genauere Kenntnis genommen, und bald darauf besang Schimper die Eiszeit in einem Gedicht. Schimper war ein Kenner des Eises und seiner bewegenden Kräfte, der schon in seinen Münchener Vorträgen von 1835/36 diese Kräfte erklärt hatte. Er stand in regem Kontakt mit Agassiz und übermittelte diesem auch das Heft über seine dazu gehörigen Münchener Vorträge, worauf dieser sich eingehender mit der Sache befasste. Agassiz der sein Schüler wurde, hatte anfänglich gewisse Anregungen von Schimper falsch interpretiert und sie in der Öffentlichkeit verbreitet. Agassiz war das Wesen der Blockverschleppung durch die Gletscher noch fremd, so dass er dieselbe durch eine gleitende Bewegung erklärte, in welche bei der Hebung der Alpen die Blöcke auf der glatten Oberfläche der nun in geneigte Lage gelangten Eismassen geraten seien. Am 15. Februar 1837 verfasste Schimper in Neuchâtel seine Ode: «Die Eiszeit», die er an die Zuhörer der öffentlichen Vorträge von Agassiz in
Neuchâtel verteilen. Damit erschien das Wort «Eiszeit» erstmals in gedruckter Form (Die Eiszeit, wissenschaftliches Document, zum erstenmal abgedruckt und in fliegenden Blättern aufgeteilt in Neuchâtel am Geburtstag Galilei's, 15. Febr. 1837.).[66]

 

Agassiz macht Gletscherkunde weltweit bekannt
Agassiz machte die neu gewonnen Erkenntnisse über die Gletscherforschung von einem grossen Publikum bekannt, als er am 24. Juli 1837 in Neuchâtel vor der Versammlung der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft den Vortrag «Discours sur les glaciers» hielt. Er erzählte, dass Eismassen den Grundstock der Alpen bedeckt hatten, und dass es daher in Europa eine Eiszeitepoche gegeben habe, in welchem Mammuts gelebt haben. Zum ersten Mal wurde eine Eiszeit in Europa wissenschaftlich diskutiert. Dabei rief er den Zorn von Leopold von Buch, dem berühmtesten Geologen seiner Zeit, hervor, der den Saal mit dem Ausruf verliess: «O ehrwürdiger de Saussure, bete für uns!». De Saussure, Begründer der rationellen Geologie, war der Meinung, dass die erratischen Blöcke durch die Stoss- und Fallkraft der Wasserströme transportiert wurden. Dieser Meinung schlossen sich damals die meisten Gelehrten an.[17] Alexander von Humboldt hatte die Eiszeittheorie überhaupt nicht verstanden.

  


Agassiz im Inneren vom Hôtel Neuchâtelois auf einer Zeichnung von Burckhardt, 1842, Museum Neuchâtel.
Agassiz im Inneren vom Hôtel Neuchâtelois auf einer Zeichnung von Burckhardt, 1842, Museum Neuchâtel.

Expeditionen in den Schweizer Alpen

Um weiteres Beweismaterial über die Gletschertheorie zu sammeln, unternahm Agassiz im Sommer 1838 Reisen ins Haslithal und zu den Montblanc-Gletschern. Dabei wurde er von Edouard Desor (1811-1882), dem Zeichner Dinkel und einigen Schülern begleitet. Die Gletscher wurden dann zum Hauptgegenstand seiner Forschungen, die nun weltweit beachtet wurden.[8]

Louis Agassiz beteiligte sich mit Arnold Guyot, dem politischen Flüchtling Edouard Desor und Carl Vogt an den Untersuchungen über die Alpen und deren Gletschererscheinungen. Vogt beschrieb das Verhältnis so: «Es war eine wissenschaftliche Fabrik mit Gütergemeinschaft. Unten in dem an der Promenade am See gelegenen Haus waren zwei Magazinräume, vollgestopft mit Fossilien und sonstigen Materialien. Später stiess dann der Forscher Amanz Gressly (1814-1865) zu uns.»


Im Aaregletscher verweilte sein Expedition-Team ab 1840 längere Zeit in dem berühmt gewordenen, selbst errichteten «Hôtel des Neuchâtelois». Es war ein mächtiger Felsblock, der von den Höhen des Schreckhorns niederfiel und eine Vertiefung im Gletscher bildete. Der mit Steinen ausgelegte Boden wurde mit Heu und einem Wachstuch überdeckt und diente nebst einigen Decken als Lager. Die Küche befand sich ausserhalb dieses höhlenartigen Baues, Lebensmittel wurden vom Grimselhospiz bezogen. Der Zugang zu dieser Naturforscherwohnung war so eng, dass man knapp durchschlüpfen konnte.[33] Die ersten Bewohner des Hotels waren Louis Agassiz, Edouard Dessor, Karl Vogt, Francois von Poutalès, Celestine Nicolet und Henri de Coulon.[8]

Agassiz als Leiter der Arbeiten führte die physikalischen Untersuchungen aus und machte thermometrische, hydrometrische, psychometrische und barometrische Beobachtungen, Desor untersuchte die feinere Struktur des Eises und ihre Veränderungen unter verschiedenen Bedingungen, die Moränen und ihren Ursprung, Vogt beobachtete die Tierwelt, Nicolet die Pflanzenwelt der hohen Regionen.
Die Naturforscher des Aaregletschers sorgten nicht nur für Literatur, welche die Grundlage der Glaziologie bilden, sondern wurden auch zu Pionieren des Alpinismus: Erstbesteigung des Grossen Lauteraarhorns (das sie für das Schreckhorn gehalten hatten), Erstbesteigung des Rosenhorns, Erstbesteigung des Galenstocks, Zweitbesteigung des Wetterhorns, Viertbesteigung der Jungfrau usw.[17]

 

Das Benennen von Berggipfeln

Von den Gipfeln, die sich südöstlich vom Finsteraarhorn hinziehen, war ein einziger mit Oberaarhorn benannt, und so schlug Agassiz vor, die andern Spitzen Studerhorn, Scheuchzerhorn, Altmann, Grunerhorn und Escherhorn, zu Ehren dieser Naturforscher zu nennen.  Desor schlug seinerseits vor, den 3956 Meter hohen Gipfel nördlich vom Finsteraarhorn Agassizhorn zu taufen. Vorschläge, welche von der damaligen Landestopographie angenommen wurden.[20]

 

Publikationen

Die Gletscher-Aufenthalte von 1840 bis 1846 wurden in mehreren Publikationen veröffentlicht.[34] Ein erfolgreiches Werk schrieb Agassiz 1841 unter dem Titel «Etudes sur les Glaciers», wo er aber in kein Wort von Karl Schimper, den Namensgeber der Eiszeit, erwähnte. Das «Hôtel de Neuchâtelois» diente noch viele Jahre als Touristenattraktion. Agassiz beabsichtigte, die Ergebnisse der vereinigten Arbeiten der Gletscherforschung der Aare, am Schreckhorn, Finsteraarhorn, Jungfrau etc. in einem grossen, dreibändigen Werke zu sammeln. Der erste Band, bearbeitet von Agassiz, sollte die Gletscher, der zweite, bearbeitet von Guyot, die erratischen Blöcke in den Alpen, der dritte, bearbeitet von Desor, die erratischen Blöcke ausser der Schweiz, in Europa und Amerika, behandeln. Nur der erste Band des gross angelegten Werkes erschien in Paris 1847 unter dem Titel: «Nouvelles recherches sur les glaciers». Das weitere Erscheinen unterbrach das stürmische Jahr 1848, in welchem der revolutionäre Grossrat Neuchâtels die Akademie am 13. Juni aufhob und die Professoren auf 30. Juni ohne irgendwelche Entschädigung auf die Strasse setzte.[18]
     


Das Uhrenmuseum (MIH) von La Chaux-de-Fonds.
Das Uhrenmuseum (MIH) von La Chaux-de-Fonds.

Initiant vom Uhrenmuseum (MIH) La Chaux-de-Fonds
Louis Agassiz war von 1837 bis 1847 Mitglied der «Société d'Emulation patriotique de la Principauté de Neuchâtel et Valangin» (die patriotische Emulationsgesellschaft). Er zeigte bei den Versammlungen dieser Gesellschaft eine ausgeprägte Vorliebe für Fragen, die die Uhrenindustrie betrafen. Dort griff er 1839 einen Vorschlag auf, den er bereits mehrmals gemacht hatte, der aber in der Öffentlichkeit kein Gehör gefunden hatte: die Abfassung spezieller Schriften über den Zustand der Uhrenindustrie vom Jura und ihre Fortschritte. Bald vervollständigte Agassiz seine Gedanken und begab sich auf ein neues Terrain, indem er seine Kollegen aufforderte, sich mit ihm zusammenzuschliessen, um einen allgemeinen Studienplan zu verwirklichen, den er entworfen hatte. Dieser sah vor:[80]

 

1) Die Einrichtung von Bibliotheken, die alles enthalten, was sich auf die Uhrmacherei und die Wissenschaften bezieht, die das Erlernen dieser Kunst erleichtern können.
2) Die Einrichtung von Uhrenmuseen, welche die verschiedenen Arten der Uhrenteile und die Instrumente, mit denen diese Gegenstände hergestellt werden, ausstellt. Objekte von heute und aus anderen Epochen zu beschaffen und vollständige Stücke verschiedener Arten auszustellen. Diese Sammlungen würden dazu dienen, die Entdeckungen unserer Industrie zu dokumentieren und die Erinnerung daran aufrechtzuerhalten.
3) Die Bildung von Gesellschaften, die sich mit allem, was die Uhrmacherei betrifft, sowie mit der Erhaltung und Vermehrung dieser Sammlungen befassen sollen.
4) Die Einrichtung einer jährlichen Ausstellung der Produkte der Uhrmacherei und die Verteilung von Preisen zur Ermutigung.
5) Die Bildung eines allgemeinen Komitees, das seine Untersuchungen fortsetzt, Verbesserungen vorschlägt und seine Ermittlungen nach aussen ausdehnt.
6) Die Einrichtung einer Uhrmacherschule als aktivstes Mittel.
7) Das Projekt könnte mit Spenden verwirklicht werden.

 

Die Société d'Emulation wollte ihren Teil dazu beitragen und stimmte für diesen Zweck für eine Summe von 100 Louis d'or (1839). Und da man die baldigen Gründung einer Gesellschaft in den Bergen ankündigte, um den Fortschritt der Uhrmacherei zu fördern, wurde Louis Agassiz spontan auch damit beauftragt, sich mit dieser Gesellschaft über die Verwendung der Spende zu einigen. 1841 bezweifelte Bürgermeister Nicolet den Erfolg des Projekts der Uhrengesellschaft und riet sogar, es fallen zu lassen. [80] Die Uhrmacherei in den Neuchâteler Bergen war weit verstreut. Die Werkstatt war eine Familienwerkstatt und der Lehrling konnte, wenn er sich auf einen bestimmten Teil der Uhrmacherei beschränkt, leicht bei seinem Meister Pension und eine Lehre finden. Er hatte die Möglichkeit sich weiterzuentwickeln, indem er von einer Werkstatt zur anderen zog. Da die Arbeitsteilung jedoch zunahm, wurde eine vollständige Lehre für Jugendliche, die zwar Vorliebe für die Uhrmacherei hatten, aber nicht aus einer Uhrmacherfamilie stammten, immer schwieriger zugänglich. Dadurch nahmen vor allem in La Chaux-de-Fonds die Vorschläge von Agassiz konkrete Gestalt an. Es dauerte nicht mehr lange, bis sie verwirklicht wurden. Ein grosszügiger Bürger, Philippe-Henri Matthey, schenkte der Stadtverwaltung von La Chaux-de-Fonds ein Grundstück unter der Bedingung, dass die Einnahmen für die Ausbildung armer Kinder verwendet würden.
Dank dieser Schenkung konnte 1865 in der Rue du Progrès 40 die Uhrmacherschule eröffnet werden. Bei der Eröffnung beinhaltete der Lehrauftrag auch, Uhren mit der Verfolgung eines didaktischen Ziels zu sammeln. Die Uhrensammlung vergrösserte sich mit den Jahren stetig. 1883 schuf die Schule eine Unterkommission, um die Kollektion zu präsentieren. Der Umfang und Reichtum der gesammelten Objekte brachte eine kleine Gruppe von Uhrenliebhabern dazu, die Eröffnung eines offiziellen Museums vorzuschlagen. [78] Paul Berner, Lehrer der Uhrmacherschule Biel, übernahm am 1. Juli 1884 die Leitung der Uhrmacherschule von La Chaux-de-Fonds und amtete dort 44 Jahre.
Für die Bedürfnisse der Stadt genügte das bescheidene Museum nicht mehr. Die Kommission wollte die Uhren von Jean Richard, Berthoud, Courvoisier, Perrelet, Breguet und anderer Uhrenpionieren aufnehmen,  ebenso Werkzeuge, Bücher, Schriften und geschichtliche Urkunden. Eben alles, was der ehemalige Entwurf von Louis Agassiz beinhaltete. Dank eines weiteren Planes von Maurice Picard und der Zustimmung vom Gemeinderat konnte das «Uhrenmuseum von La Chaux-de-Fonds» am 24. März 1902 in den bescheidenen Räumen der Uhrmacherschule eingeweiht werden.[79] Erster Präsident der Museumskommission war Maurice Picard, der im Museum Objekte aus zwei Sammlungen präsentierte. Es waren Werke vom Historischen Museum und der Uhrmacherschule. Am Eröffnungstag waren 600 Ausstellungsstücke vertreten, die in ihrer Gesamtheit ein deutliches Bild der Geschichte der Uhrmacherei abgaben. Unter den Ausstellungsstücken befanden sich sowohl ganz alte Uhren aus den Anfängen der Uhrmacherei, als auch Werke berühmter Meister und die neuesten Erzeugnisse der Uhrmacherei, darunter hervorragende Präzisionsarbeiten. Ausgestellt waren auch die bei der Fabrikation der Taschen- und Grossuhren verwendeten Maschinen sowie Bücher und Zeichnungen. Finanzielle Unterstützung erhielt das Museum durch die Uhrenhersteller. Das Museum wurde 1907, 1952 und 1967 erweitert und 1968 in «Musée international d'horlogerie» (MIH) unbenannt. Nachdem die Räumlichkeiten in der Uhrmacherschule nicht mehr genügt hatten, wurde es 1974 in den heute bekannten Bau verlegt. [77]

  


Die Finanzen werden knapp
Agassiz‘ Einkommen in Neuchâtel konnten die Kosten, welche seine wissenschaftlichen Beschäftigungen für die Gletcherforschungen beanspruchten, nicht decken. Sein Werk über die fossilen Fische kostete ihn hohe Ausgaben. Seinem Bruder Auguste Agassiz soll er deshalb 100‘000 Franken geschuldet haben.

Der König von Preussen stellte durch Kabinetts-Befehl vom 4. März 1845 Louis Agassiz während 2 Jahren eine jährliche Summe von 8000 Neuchâteler Liv. zur Verfügung. Damit soll er eine wissenschaftliche Reise in die Vereinigten Staaten von Nordamerika unternehmen. Daher entschloss Louis Agassiz  sich 1846 in die Vereinigten Staaten zu ziehen, wo er seine Schulden innerhalb von zwei Jahren abtragen konnte. Seine Reise wurde von König von Preussen mit Fr. 15.000.- unterstützt.[5] Die Aufregung in Neuchâtel war gross. Um 2 Uhr morgens, im März 1846, verliess er Neuchâtel. Die Studenten kamen in einer Fackelprozession, um ihm ein Abschiedsständchen zu bringen.[63] Agassiz' Abreise war der Auftakt zu einer Reihe von Auswanderungen, die der Neuchâteler Wissenschaft einen Rückschlag versetzten, aber auch bewiesen, wie sehr das junge Amerika die Naturforscher schätzte. Sowohl vor als auch nach der Revolution überquerten Arnold Henry Guyot, Edouard Desor, George Auguste Matile (1807-1881) und Léo Lesquereux (1849-1853) das Meer.

 

Kritische Stimmen
Louis Agassiz war in erster Linie ein Unternehmer und Organisator, mit einem unwiderstehlichen Drang zum Sammeln. Dazu liebte er es, vor einem Publikum Vorträge zu halten und im Mittelpunkt zu stehen, was besonders in Neuchâtel der Fall war. Er eignete sich zu diesem Zweck oft Arbeiten an, die von seinen Gehilfen und Freunden erstellt wurden. J. Marcou schrieb in seiner 1896 erschienenen Agassiz-Biografie: «after 1837 he always made too much use of others in the work of writing and too often of observation.»  (Band 1, S. 115). Dies führte zu Streitigkeiten mit den Mitarbeitern und über die Ansprüche der Einzelnen.
[67]  
Auf die Bitte von Agassiz hatte Naturforscher Karl Schimper ihm beim Antritt seines Lehramts seine systematisch geordnete Mineraliensammlung geliehen. Agassiz benütze sie sechs Jahre lang für seine Vorträge. Von Schimper daran gemahnt, an die Rücksendung zu denken, leugnete er zuerst den Empfang derselben. Eine Kiste mit dem Frachtbrief, von Agassiz' Handschrift mit «Minéraux» bezeichnet, kam dann doch in München 1838 an. Schimper öffnete dieselbe im Beisein seiner gelehrten Freunde. Man fand Papierschnitzel, Moosklumpen, Rindenstücke und sonstiges Allerlei in derselben, nur keine Mineralien. Die Sammlung von Schimper blieb im naturhistorischen Museum von Neuchâtel. Diese Begebenheit sorgte, als sie 1842 auf der grossen Naturforscher-Versammlung von Mainz bekannt wurde, für gewaltiges Aufsehen. Die Mineralien bekam Schimper nicht wieder; sie verblieben im Naturhistorischen Museum zu Neuenburg.[68]  
Auch der Jura-Geologe Amanz Gressly wurde von Agassiz überredet, seine Funde dem Museum von
Neuchâtel zur Verfügung zu stellen, wo das Material systematisch geordnet, Gressly jederzeit zugänglich sein sollte. Agassiz stellte ihm in Aussicht, ihn nach Amerika mitzunehmen. Aber als Gressly eines Tages von seiner Exkursion zurückkehrte, war Agassiz bereits abgereist. Die geologischen Funde von Gressly hatte er mitgenommen und später für viel Geld in England verkauft.[69] 

   


Coming to America

Agassiz lebte ab 1846 in Nordamerika. Louis Agassis: «Als ich 1846 in dieses Land kam, hatte ich nicht vor, hier zu bleiben. Ich war auf Einladung von John A. Lowell gekommen, um vor dem Lowell Institut eine Vorlesung zu halten. Ich hatte mich für anderthalb Jahre von der Hochschule in Neuchâtel beurlauben lassen, mit der ich damals verbunden war, und es hatte dem König von Preussen gefallen, mir die Mittel für eine wissenschaftliche Erkundung einiger Teile dieses Kontinents zu gewähren.» [86]

Im Sommer 1847 liess er sich in einem kleinen Haus östlich von Boston nahe am See nieder, wo er einen idealen Platz zum Sammeln von Seetieren gefunden hatte. Bald besuchten ihn seine früheren Kollegen Francois von Poutalès, Edouard Desor und Jakob Burkhardt. Sein Zuhause nahm die Form eines Laboratoriums an. Die Zimmer dienten entweder als Aquarium oder Arbeitsraum, während Speicher und Keller als Arbeitsraum genutzt wurde.[8] 

  


Louis Agassiz im Hörsaal einer Schule. Reproduktion aus Frank Leslie’s Illustrierte Zeitung, New York, 24. 8. 1873, S. 69
Louis Agassiz im Hörsaal einer Schule. Reproduktion aus Frank Leslie’s Illustrierte Zeitung, New York, 24. 8. 1873, S. 69

Erste Erfolge mit Vorlesungen

Auch in den Vereinigten Staaten trug Agassiz zur Förderung des Studiums der Naturwissenschaften bei. Von 1847 an konzentrierte er sich auf Vorträge, mit denen er ein Einkommen erzielen konnte.  Seine ersten Erfolge erzielte er im Lowell-Institut in Boston, wo Agassiz seine ersten Vorträge hielt: Ein riesiger Saal des früheren Theaters diente als Auditorium, in welchem über 2000 Menschen Platz hatten. Die Gelehrten erhielten für ihre Vorträge ein Honorar von 1200 bis 2000 Dollar. Es kam vor, dass der Raum zu eng war und der Vortrag im folgenden Abend wiederholt wurde. Bei Agassiz hatten sich für einen Vortrag bis zu 7000 Personen einschreiben lassen. Er verstand es, seine streng wissenschaftlichen Vorlesungen mit verständlichen Worten Leuten aus allen Volksklassen herüberzubringen. Eine vornehme Dame sprach zu Agassiz: «Wissen Sie, dass ich ihretwegen seit zwei Monaten jede Woche zweimal Hausarrest habe?». Als Agassiz sein Erstaunen darüber ausdrückte, erzählte sie ihm, dass ihre zwei Kammerfrauen unbedingt seine Vorlesungen über Naturgeschichte anhören wollten.[7]  

 

Ein «Hum-bug»
In Amerika wurde das altenglische Wort «bug» für alle Käfer gebraucht. Einmal wurden seine Kenntnisse der Insekten auf die Probe gestellt. Einige Spassvögel von Studenten, übergaben ihm einen sonderbaren Käfer, welcher aus dem Körper, den Flügeln und den Beinen von verschiedenen Arten zusammengesetzt war. Der Professor betrachtete den Fremdling ernsthaft und sprach: «Meine Herrn, diese Spezies wird in Europa und andern Teilen der Welt nicht gefunden. Es gehört ausschliesslich Amerika an. Es ist ein Hum-bug!»

 

Agassiz‘ Tafelzeichnungen erscheinen in der Presse

1848 hielt er in den Grossstädten New York, Albany, Philadelphia und Charleston zoologische Vorlesungen.  Die Zeitung «Tribune» reproduzierte seine Figuren, die er an die Tafel zeichnete. In den Strassen wurde ausgerufen: «Professor Agassiz 6th Lecture with fine drawings, only two Cents.» Ausser seinen zoologischen Vorlesungen, gab er in der medizinischen Schule spezielle Vorlesungen über Entwicklungsgeschichte, die von einer grossen Anzahl von Ärzten angehört wurden. Insbesondere ging es um die Embryologie, über die Amerikaner nur wenig wussten.[13]  Nebenbei beschäftigte Louis Agassiz neben faunistischen Studien und Forschungen vorzugsweise mit Gletscheruntersuchungen.

  


Neues Eheglück

Nachdem Agassiz Ehefrau Cecile Braun Agassiz, 1848 in Deutschland an Schwindsucht verstarb, heiratete er Elisabeth Cabot Cary am 25. April 1850 in Boston, Massachusetts, in der King's Chapel. Agassiz organisierte den Haushalt und kümmerte sich um die Finanzen und die Kinder. Elisabeth entwickelte enge Beziehungen zu ihren Stiefkindern Alexander, Ida und Pauline sowie zu ihren Enkelkindern. Eigene Kinder hatte sie nie. [89]

   


Das damalige Schulsystem der Vereinigten Staaten

Um Agassiz' Umfeld besser zu verstehen, werfen wir zuerst einen Blick auf das damalige amerikanische Schulsystem: Nur eine kleine Anzahl Schulen wurden damals in Amerika vom Staat getragen. Die Schüler erhielten darin keinen Religionsunterricht und es herrschte in fast allen Staaten eine vollständige Rassentrennung. Bei Staaten mit Unterrichtszwang konnten die Eltern auswählen, ob sie ihre Kinder in eine öffentliche Schule oder in eine Privatschule schicken wollten. Die meisten Mittel- und Hochschulen wurden durch Privatpersonen gegründet und waren religiös geprägt.

1868 bestanden in den USA 200 Colleges und Universitäten. 80 wurden durch den Staat gegründet und waren konfessionslos. 59 gehörten den Methodisten, 39 den Baptisten, 32 den Presbyterianern, 15 den Episkopalen, 12 den Lutheranern, 11 den Kongregationalisten, 2 den Unitariern an. (15) Boston hatte das fortschrittlichste Schulsystem überhaupt. Weisse und Schwarze konnte, in Gegensatz zu New York, dieselben Anstalten besuchten. Zahlreiche Frauen studierten an der Hochschule (girls high and normal school). Die Schulen wurden auf Kosten der Stadtgemeinde Boston unterhalten und der Unterricht unentgeltlich erteilt. Ausser den eigentlichen Lehranstalten bestand in Boston noch das bereits erwähnte Lowell-Institut. Es setzte sich zum Ziel, die gesamte Bevölkerung durch Vorträge bedeutender Akademiker zu belehren.

    


Lehrer an der Universität Harvard

Von 1847 bis 1851 unterrichtete Louis Agassiz an der Universität Harvard in Cambridge bei Boston. Die von einem Geistlichen gegründete Universität schrieb in ihren Statuten das täglich gemeinsame Morgengebet vor. Sie verpflichteten sämtliche Studierende, dem Sonntagsgottesdienst beizuwohnen.[15]   Agassiz hätte in Amerika nie seine Forschungen voranbringen können, wenn er ihnen nicht einen religiösen Anstrich gegeben hätte.[16]  Die Schüler der Harvard-Universität zerfielen in zwei Kategorien, in die «under-graduates» oder Schüler des Kollegiums, und in die «professional students» oder eigentliche Studenten, die Rechte, Medizin, Theologie, naturwissenschaftliche oder technische Fächer studierten. Die Schüler machten vier Jahrgänge durch und hiessen «Freshmen», «Sophomores», «Juniors» und «Seniors».
Die freshmen lernten Griechisch, Lateinisch, die Geschichte Griechenlands, Geometrie und Trigonometrie; die sophomores ausser diesen Fächern noch Französisch, Rhetorik, Chemie und Mathematik; die juniors Griechisch, Latein, Philosophie, die Geschichte Englands, Astronomie und Physik. Die seniors hatten Nationalökonomie, Rhetorik, Deklamation, Physik, Geschichte der Union und die Verfassung Englands und der vereinigten Freistaaten.  
Nachdem sich zahlreiche Besucher über Agassiz‘ Vorlesungen am Lowell-Institut begeisterten, dauerte es nicht lange und der Bostoner Bürger Abbott Lawrence spendete 50‘000 Dollar, um eine naturwissenschaftliche Schule zu eröffnen.

Louis Agassiz: «Eines Tages besuchte mich Abbott Lawrence, der mir seine Pläne zur Gründung einer wissenschaftlichen Schule in Cambridge erläuterte. Er erklärte,  dass es für ihn ein zusätzlicher Grund wäre, seine Absicht sofort in die Tat umzusetzen, wenn ich eine Professur an dieser Schule annehmen würde. Ich fühlte mich nicht in der Lage, eine Entscheidung zu treffen, bevor ich eine reguläre Entlassung aus dem College von Neuchâtel erhalten hatte, mit dem ich fünfzehn Jahre lang verbunden gewesen war. Diese Entlassung wurde gewährt, und im Frühjahrssemester 1848 trat ich mein Amt als Professor der wissenschaftlichen Schule an.» [86] 

Die wissenschaftlichen Studien (science studies) der Uni Harvard wurden unter dem Namen «Lawrence scientific school» durchgeführt. Unterrichtet wurde Mineralogie, Geologie, Botanik, Zoologie, vergleichende Anatomie, Physiologie, Chemie, höhere Mathematik und Ingenieurkunde.Agassiz war als Lehrer für Zoologe und Geologie sowohl beim Lehrpersonal und auch bei den Schülern beliebt.[13]

Durch den bedeutenden Einfluss, den Agassiz auf die Lehranstalten ausübte, zählte er sich bald zu einem der populärsten Männer Amerikas. Dauernd erhielt er Anfragen, die ihn zwischenzeitlich von der Universität fernhielten. Im Winter 1850/51 untersuchte Agassiz für die Küstenvermessung das Wachstum der Floridariffe.

   


Haus der Familie Agassiz in Cambridge. Reproduktion aus Frank Leslie’s Illustriere Zeitung, New York, Juli bis Dezember 1891, S. 744.
Haus der Familie Agassiz in Cambridge. Reproduktion aus Frank Leslie’s Illustriere Zeitung, New York, Juli bis Dezember 1891, S. 744.

Intermezzo in Charlston und Rückkehr nach Harvard

Von 1851 bis 1853 unterrichtete Agassiz an der medizinischen Schule in Charleston in Süd-Carolina als Professor für Zoologie und vergleichende Anatomie. Danach wieder an der Harvard Universität als Professor der Geologie und Zoologie. 1854 bezog Agassiz das neue Haus, welches die Universität für ihn erbaute. Nun konnte er erstmals seine tausende Bücher in einem Zimmer geordnet aufstellen. Im Haus der Familie Agassiz, dass an die Universität angrenzte, richtete Louis Agassiz von 1844 bis 1863 eine «Privatschule für junge Damen» ein. Clara Conant Gilson, ehemalige Schülerin: «Es war ein nicht zu unterschätzendes Privileg, dass Studentinnen im Haus des Naturforschers Agassiz gastierten und täglich mit ihm und seiner Familie unter einem Dach wohnen durften.»[11] 
1855 begann er die Publikation eines gross angelegten Werkes vorzubereiten, es hiess «Contributions of the Natural History of the United States.» 1855 lehnte er einen Ruf nach Berlin ab, ebenso im selben Jahr nach Edinburgh, wo er ein verlockendes Gehalt von 50‘000 Francs angeboten wurde. 1857 wurde ihm im naturgeschichtlichen Museum in Paris ein Lehrstuhl der Paläontologe angeboten, auf den er auch verzichtete. Er blieb der Harvard-Universität in Cambridge treu.[5]

 

Kampf gegen den Spiritualismus
1857 hatte sich der sogenannte «Spiritualismus» derart verbreitet, dass Wissenschaftler gegen denselben aufgeboten werden mussten. Louis Agassiz trat zusammen mit dem Mathematiker Pierre in Boston, dem Astronomen Goud u. a. gegen das Tischrücken und Geisterbeschwören auf. Zeremonielle Versuche fanden statt, wobei die Toten nicht antworteten und keine Möbel bewegten. Mit dem Protokoll über diese mehrtägigen Versuche, von den Gelehrten unterzeichnet, konnten die Spiritualisten nun angegriffen werden.[82]  
 


Das Agassiz-Museum von Harvard

Agassiz' naturkundliche Sammlung befand sich zuerst in einem kleinen Bootshaus.  Später, als sie in einem grossen, alten Holzgebäude in der Nähe der Universität untergebracht war, hatte er ständig Angst vor Feuer oder anderen Unfällen, die sie so leicht zerstören könnten. An die Wände genagelte Bretter dienten als Kästen und ein oder zwei Tische zum Sezieren. Agassiz widmete sich seinem bescheidenen Museum ständig und gab dafür sein gesamtes Geld aus. Sein Privatleben war ein ständiger Kampf mit der Armut, die er freiwillig auf sich nahm. Gemildert wurde die finanzielle Belastung durch die von ihm und seiner Frau erfolgreich eröffnete Mädchenschule, wo er die Studentinnen in den Naturwissenschaften unterrichtete. Ein eigenes National-Museum im Stil der grossen Institute Europas zu gründen, war Agassiz‘ Lieblingsidee.
Louis Agassiz: «Da ich an der Spitze einer neuen Abteilung für öffentliche Bildung stand, musste ich nun die notwendigen Sammlungen für meinen Unterricht anlegen, die es an der Universität nicht gab.  Während meiner Ferien besuchte ich zu diesem Zweck nacheinander unsere Süd- und Weststaaten und hielt unterwegs Vorlesungen, um die für umfangreiche Sammlungen erforderlichen Ausgaben zu bestreiten. 1852 erhielt der Schatzmeister des Harvard College die Summe von 12.000 Dollar, die den Ausgaben entsprach, die ich bis dahin getätigt hatte, um die von mir zusammengetragenen Sammlungen als Eigentum der Universität zu sichern. Mit diesen neuen Mitteln, die mir zur Verfügung standen und einigen Ergänzungen, habe ich die Sammlung weiter vergrössert, bis durch eine Reihe glücklicher Umstände eine Bewegung zur Gründung eines öffentlichen Museums in Gang gesetzt wurde. William Gray schenkte der Universität Harvard die Summe von 50.000 Dollar, die ihm sein Onkel, der verstorbene Francis C. Gray, zur Gründung eines Museums für vergleichende Zoologie hinterlassen hatte. Mit dieser Grundlage war klar, dass eine grosse Einrichtung gegründet werden könnte. Es wurde ein Komitee gebildet und in erstaunlich kurzer Zeit wurde die Summe von 75.000 Dollar durch private Beiträge aufgebracht, um ein geeignetes Gebäude für die Aufnahme und Aufbewahrung der vorhandenen Sammlungen zu errichten. Auf Empfehlung seiner Exzellenz, Gouverneur Banks, in seiner Botschaft an den General Court, gewährte die Legislative ausserdem einen Zuschuss von 100.000 Dollar. Die im Entstehen begriffene Institution war somit mit 225.000 Dollar ausgestattet. Nachdem eine Vereinbarung mit der Universität getroffen worden war, trat das College seine Sammlungen und (im Juni 1859) ein etwa fünf Hektar grosses Grundstück, auf dem das Museumsgebäude errichtet werden sollte, an das Kuratorium ab. Es übertrug dem Professor für Zoologie und Geologie die Verwaltung der Sammlungen unter der Leitung einer speziellen Fakultät, während das Ganze als unabhängige Einrichtung unter der Leitung des Kuratoriums in öffentliches Eigentum überging.»[86]  
Nun konnte ein geeignetes, feuerfestes Gebäude errichtet werden, mit Louis Agassiz als Kurator und dessen Sammlung als Starthilfe. Es erhielt den offiziellen Titel «Museum of Zoology and Comparative Zoology», das jedoch unter dem Namen «Agassiz-Museum» bei der Bevölkerung geläufiger war.  Im Dezember 1859 konnte darin bereits der grösste Teil der Agassiz’schen Sammlung ausgestellt werden, mit der reichsten und vollständigsten Fischsammlung der Welt.[6]  Er hatte für das Museum eigene Assistenten um sich versammelt und ausgebildet. Sein Lieblingsraum war der «synoptischen Raum», den er für einen allgemeinen Überblick über das Gebiet der Zoologie einrichtete. Es zeigte den Übergang von den frühesten fossilen Lebewesen über die Wirbeltiere bis hin zum Menschen. Der Raum stand abseits von allen anderen Exponaten und galt als lehrreichster Teil des Museums. Der grösste Teil der riesigen Sammlung war in vielen miteinander verbundenen Räumen untergebracht, um nach dem Plan von Agassiz die «zeitliche Abfolge und räumliche Verteilung» der Lebensformen zu veranschaulichen. Dabei wurde jeder Teil des Tierreichs reichhaltig illustriert. In Räumen, die für die Öffentlichkeit nicht zugänglich waren, befanden sich Laboratorien. In Verbindung mit der Universität organisierte er viele wissenschaftliche Expeditionen. Tagelang erkundeten er und seine Schüler das umliegende Land und sammelten Naturgegenstände. Abends versammelten sie sich um das Lagerfeuer, wo Agassiz ihnen in ungezwungener Weise Vorträge über die gesammelten Objekte hielt. Etappenweise wurde das Museum dann ausgebaut. Durch Agassiz  begann in Amerika die praktische akademische Ausbildung in den Naturwissenschaften in Amerika. In diesem Sinne galt das Museum für vergleichende Zoologie als erste amerikanische Universität.

 

Ehrenmitglied vom Alpenklub
1864 wurde Louis Agassiz zum Ehrenmitglied vom 1863 in Olten gegründeten Schweizerischen Alpenklub (SAC) ernannt.
 

Fische als Nahrungsmittel
In einer 1868 in Boston abgehaltenen Versammlung zur Besprechung der Fischzucht in den Neu England Staaten hielt Agassiz einen Vortrag. Er prophezeite, dass jeder, auf dessen Besitz sich Wasser befinde, zum eigenen Verbrauch Fische züchten solle. Vom Standpunkte der Gesundheit betrachtet, erklärte er die Zunahme der Fischproduktion als höchst wichtig und bemerkte: «Fische enthalten Phosphor in bedeutender Menge; ein chemisches Element, dessen das Gehirn zu seiner Gesundheit und Kräftigung bedarf.» [85]  

 

Spende für Schweizer Hochwasser-Opfer
1868 traten in der Schweiz innerhalb einer Woche zwei sehr starke Niederschlagsereignisse auf. Das erste am 27. und 28. September betraf vor allem die Kantone Tessin, Graubünden und St. Gallen, das zweite vom 1. bis 5. Oktober das Tessin, das Wallis und Uri. Die Niederschläge führten auf beiden Seiten des Alpenkamms zu Überschwemmungen. Zahlreiche Flüsse traten über die Ufer. Das Rheintal und die Magadinoebene standen unter Wasser. Die Schäden des Ereignisses waren gewaltig. Insgesamt starben 51 Menschen. Zahlreiche Brücken wurden weggeschwemmt, Teile des Dorfs Vals wurden mit einem Meter Geschiebe zugedeckt. Umfangreiche Spenden sogar aus dem Ausland ermöglichten den Gemeinden den Wiederaufbau.[87] Am April 1869 übergab der nordamerikanische Ministerresident als Ergebnis einer von Louis Agassiz in Verbindung mit amerikanischen Bürgern in Boston und Umgebung veranstalteten Sammlung, den Betrag von Fr. 5900.- zu Gunsten der schweizerischen Wasserbeschädigten.
 

Reformer der Staatsschulen
Louis Agassiz waren die religionslosen Staatsschulen, die von Jungen und Mädchen gemeinsam besucht wurden, ein Dorn im Auge. Er beschloss 1871 gegen dieses «sozialen Übelstand» mittels Forschungen vorzugehen. In Boston und New York untersuchte er mehrere dieser Schulen, befragte die Jugendlichen und schrieb dann alles in sein Notizbuch. Er kam dann zum vernichtenden Urteil, dass diese Schulen unmoralisch waren und besonders das freche Verhalten der Jungen gegenüber den Mädchen Einhalt zu gebieten sei. Die «Baltimorer Katholische Volkszeitung» schrieb am 16. Dezember 1871 «dass man diese Bengel aus der Schule jagen sollte» und gab Agassiz recht, als er die Staatsschulen eine Schande nannte. Der «New York Herald
» vom 20. Oktober 1871 berichtete über das dramatische Urteil von Agassiz: «Indem er den Abgrund der sittlichen Versunkenheit untersuchte, in welchem viele Menschen untergegangen sind, gelangte er dazu, an der gerühmten Zivilisation des 19. Jahrhunderts zu verzweifeln. Die Schulen Bostons benötigen daher eine vollständige Reform.» Der Druck des öffentlichen Missfallens veranlasste Agassiz schliesslich, seine Nachforschungen einzustellen.  Er erreichte jedoch zur Freude der Eltern, das die Schüler/innen der Staatsschulen besser beaufsichtigt wurden.
   


Abenteuerliche Reisen
Louis Agassiz unternahm zwei grössere, aufwändige Reisen, die er auf Kosten des Kaufmannes Nathaniel Thayer machte. Die erste (1865) ging nach Brasilien und betraf die Erforschung des Amazonenstromes. Agassiz wurde von sechs Assistenten und vielen Volontären begleitet. Während der Fahrt von Para nach Manaos konnten 300 Fischarten gesammelt werden. Elisabeth Agassiz schrieb unter Mitwirkung von Louis ein Reisetagebuch mit dem Titel: «A journey in Brazil by Professor and Mrs. Louis Agassiz. London 1868.» Das Buch hatte in kürzester Zeit sechs Auflagen erlebt und wurde 1869 ins Französische übersetzt. Nach seiner Rückkehr aus Brasilien hielt er zwei grosse Vorträge in Philadelphia und schilderte «die wilden Völkerschaften», die er auf der Reise kennenlernte. Schon bildete sich in New York eine Gesellschaft, welche Fahrten für Touristen nach dem Amazonenstrom organisiert. Seine populären Auftritte wurden in New York mit 5 Dollar pro Minute gut bezahlt.
Die zweite Reise (1871), in welchem die Regierung den Kriegsdampfer «Hassler» zur Verfügung stellte, betraf hydrografische Interessen, namentlich Tiefenmessungen. Sie erstreckte sich von Boston aus durch den Atlantischen und Stillen Ozean, bis sie 1972 in San Francisco beendet wurde. In dieser Zeit verbrachte die Expedition zehn Tage auf den Galapagos-Inseln und einen Monat in Panama, wo das Schiff repariert werden musste.[6]  
   


Gründung vom Agassiz-Institut
In Sacramento, der Hauptstadt Kaliforniens, gab die Ankunft von Louis Agassiz Anlass zur Gründung einer naturhistorischen Gesellschaft, welche «Agassiz-Institut» genannt wurde.
 

 

Sommerschule für Naturgeschichte
In seinem letzten Jahr wurde Louis Agassiz vom reichen Bostoner Tabakhändler John Anderson 50‘000 Dollar und die Insel «Penikese Island» in der Bai von Massachusetts zur Verfügung gestellt, um dort eine «Sommerschule für Naturgeschichte“ zu errichten. Sie wurde am 8. Juli 1873 mit einem neuen Unterrichtssytem eröffnet. Die Schule die sowohl Damen wie Herren besuchen konnten, sorgte am Sozialwissenschafts-Kongress in Boston für eine Debatte über Zulassung von Damen an Universitäten. Agassiz erkläre, dass er für die Zulassung der Frauen sei, daher habe er sein naturwissenschaftliches Museum (unabhängig von der Harward-Universität) beiden Geschlechtern geöffnet und ebenso der Besuch der neugegründeten Anderson-Schule.[10]  Später übernahm sein Sohn Alexander Agassiz die Leitung, hatte jedoch nicht den gleichen Erfolg, so dass die Schule bereits 1876 geschlossen wurde.

  


Der Hör- und Speisesaal der Anderson-Schule, unter der Leitung von Louis Agassiz. Er befand sich in einem alten Stallgebäude. Während die Student/innen gespeist haben, waren um sie herum Tier- und Menschenpräparate ausgestellt. Nicht sehr einladend, aber informativ.

Reproduktion aus Frank Leslie’s Illustriere Zeitung, New York, 24. 8. 1873 S. 92.

 

Die «Summer School of Science in Penikese» war Schauplatz des religiösen Gedichtes «The Prayer of Agassiz» von John

G. Whittier.[90]

«The Prayer of Agassiz»

On the isle of Penikese,
Ringed about by sapphire seas.
Fanned by breezes salt and cool,
Stood the Master with his school.
Over sails that not in vain,
Wooed the west wind’s steady strain,
Line of coast that low and far
Stretched its undulating bar,
Wings aslant along the rim
Of the waves they stooped to skim,
Rock and isle and glistening bay,
Feel the beautiful white day.
Said the Master to the youth:
«We have come in search of truth,
Trying with uncertain key
Door by door of mystery;
We are reaching, through His laws,
To the garment-hem of Cause,
Him, the endless, unbegun,
The Unnamable, the One,
Light of all our light the Source,
Life of life, and Force of force.
As with fingers of the blind
We are groping here to find.
What the hieroglyphics mean
Of the Unseen in the seen,
What the Thought which underlies
Nature's masking and disguise,
What it is that hides beneath
Blight and bloom and birth and death,
By past efforts unavailing,
Doubt and error, loss and failing,
Of our weakness made aware,
On the threshold of our task
   

Let us light and guidance ask,
Let us pause in silent prayer!»

Then the Master in his place
Bowed his head a little space,
And the leaves by soft airs stirred,
Lapse of wave and cry of bird
Left the solemn hush unbroken
Of that wordless prayer unspoken,
While its wish, on earth unsaid
Rose to heaven interpreted.
As, in life's best hours, we hear
By the spirit's finer ear
His low voice within us, thus
The All-Father heareth us;
And his holy ear we pain
With our noisy words and vain.
Not for Him our violence
Storming at the gates of sense,
His the primal language, his
The eternal silences!

Even the careless heart was moved,
And the doubting gave assent,
With a gesture reverent,
To the Master well-beloved,
As thin mists are glorified
By the light they cannot hide,
All who gazed upon him saw,
Through its veil of tender awe,
How his face was still uplit
By the old sweet look of it,
Hopeful, trustful, full of cheer,
And the love that casts out fear.
Who the secret may declare
Of that brief, unuttered prayer?
  

Did the shade before him come
Of th' inevitable doom,
Of the end of earth so near,
And Eternity's new year?

In the lap of sheltering seas
Rests the isle of Penikese;
But the lord of the domain
Comes not to his own again;
Where the eyes that follow fail,
On a vaster sea his sail
Drifts beyond our beck and hail;
Other lips within its bound
Shall the laws of life expound;
Other eyes from rock and shell
Read the world's old riddles well;
But when breezes light and bland
Blow from Summer's blossomed land,
When the air is glad with wings
And the blithe song-sparrow sings,
Many an eye with his still face
Shall the living ones displace,
Many an ear the word shall seek
He alone could fitly speak.
And one name for evermore
Shall be uttered o'er and o'er
By the waves that kiss the shore,
By the curlew's whistle sent
Down the cool, sea-scented air;
In all voices known to her
Nature own her worshiper,
Half in triumph, half lament.
Thither Love shall tearful turn,
Friendship pause uncovered there,
And the wisest reverence learn
From the Master's silent prayer.
   


Sein letzter Wille
Louis Agassiz verstarb aufgrund einer Krankheit am 14. Dezember 1873. Er besass alle Ehrungen, die Universitäten und gelehrte Gesellschaften vergeben konnten, machte aber keinen Gebrauch davon. Auf den Titelblättern seiner Werke signierte er nur mit «Louis Agassiz». In seinem Testament bezeichnete er sich selbst als «Louis Agassiz, Lehrer». Er trug den Titel eines Schulmeisters mit Stolz und zog ihn dem eines Professors vor. Er hielt den Beruf des Lehrers für den edelsten aller Berufe, schloss aber in diese Kategorie alle ein, die sich mit der Verbreitung oder Vermehrung von Wissen befassen. Sein letzter Wille lautete: [88]
          


«Der letzte Wille und das Testament von Louis Agassiz, aus Cambridge, in der Grafschaft Middlesex und dem Commonwealth von Massachusetts, Lehrer:

 

Erstens. - Ich vermache meinem Sohn, Alexander E. R. Agassiz, alle meine wissenschaftlichen Bücher, die er aus meiner Bibliothek auswählt, in der Hoffnung, dass er sie, wenn er keine weitere Verwendung für sie hat, dem Rest meiner Bibliothek wissenschaftlicher Bücher hinzufügt, die ich hiermit dem Museum für vergleichende Zoologie in Cambridge vermache.

 

Zweitens. - Ich vermache und übertrage den gesamten Rest meines Vermögens, das ich jetzt besitze und in Zukunft erwerben werde, meiner geliebten Frau Elizabeth C. Agassiz, um es ihr, ihren Erben und Bevollmächtigten für immer zu überlassen. Ich treffe keine Vorkehrungen für meine beiden Töchter Ida und Pauline, nicht aus mangelnder Zuneigung, sondern aus dem Grund, dass mein Haus in Cambridge (das mit einer Hypothek belastet ist) das einzige verbleibende Stück Eigentum ist, über das ich zu verfügen habe. Ich ernenne meine Frau zur alleinigen Testamentsvollstreckerin und bestimme, dass sie von der Bürgschaft für ihre Kaution befreit ist.

Zu Urkund dessen setze ich meine Hand an diesem 29. November im Jahre unseres Herrn 1869.»

 

L. Agassiz [88]
   


Sein Wunsch um Bestattung in seinen geliebten Berner Alpen ging nicht in Erfüllung. Ein erratischer Block vom Unteraargletscher, der über den Ozean transportiert wurde, ziert sein Grab auf dem Friedhof von Mont Auburn.

 

In Boston erschien 1885 eine umfangreiche Lebensbeschreibung von Louis Agassiz von dessen Witwe. Das zweibändige Werk «Agassiz his life and Correspondence edited by Elis. C. Agassiz» bezeichneten amerikanischen Zeitschriften als sehr gelungen. Es zerfällt in zwei Teile, deren erster sich mit Agassiz' Jugend und Entwicklung in der Schweizer Heimat, deren zweiter mit Agassiz' Aufenthalt in Amerika beschäftigt. 1917 erschien in Amerika ein Buch Lane Coopers mit dem Titel «Louis Agassiz as a teacher». 1928 wurde in der «Hall of Fame» für berühmte Amerikaner in der New Yorker Universität eine Agassiz-Büste enthüllt.[4]  
        


Die unbegreifliche Seite von Louis Agassiz

 

Louis Agassiz und das Linnésche Dogma

Seit dem Erscheinen von «Die Entstehung der Arten» im Jahr 1859 profilierte sich Louis Agassiz als einer der grössten Gegner Darwins. Er sagte über den Darwinismus in seinem 1859 erschienenen Essay on Classification: «I shall consider the transmutations-theory as an unscientific mistake untrue in its facts, unscientific in its method and mischievous in its tendency.» Agassiz war ein strikter Gegner des Evolutionismus, obwohl er dazu beigetragen hatte, die fortschreitende Entwicklung des Lebens und die Abfolge der Arten aufzuzeigen. In Agassiz' Erkenntnistheorie waren diese Abstammungen jedoch nicht genetisch, sondern ideell: Sie folgten einem göttlichen Plan der aufeinanderfolgenden Schöpfungen, der seit dem Ursprung der Welt duch einen göttlichen Konstrukteur festgelegt wurde (erinnert an die Kinoserie «Matrix»).
Agassiz glaubte das der Ursprung der Menschenrasse folgendermassen stattgefunden hat: Das Menschengeschlecht, das viel älter ist als die Geschichte von Adam und Eva, entstand unabhängig voneinander an 8 verschiedenen Punkten der Welt, die sich durch Fauna und Flora unterschieden. Es beruht auf den Plan eines göttlichen Konstrukteurs. Seiner organischen Art nach Jahrtausenden überflüssig geworden, vernichtete dieser Konstrukteur das Leben auf der Erde mehrmals durch eine Revolution der Natur in Form von Katastrophen. Um nicht die Mühe der ganzen Schöpfungsarbeit von vorne anzufangen, behielt er immer seinen ursprünglichen Plan bei und schuf neue Arten. Nach dem Untergang wurde jede Spezies auf einmal und in einer grösseren Anzahl von Individuen geschaffen. Agassiz vertrat also nicht die Meinung wie der Grossteil der Gelehrten, dass sich jede Spezies vom sogenannten Schöpfungs-Mittelpunkt aus im Lauf der Zeit weiter verbreitet und entwickelt hat.[19]  
Die verschiedenen Gruppenstufen entsprechen den verschiedenen Stufen der Ausbildung, welche der Schöpfungsplan erlang hatte. Die Hautfarbe des Menschen stimmt mit der Tierwelt seiner Umgebung überein. Sie gleicht laut Agassiz in Afrika den schwarzen Menschenaffen, in Malaysia dem braunen Orang-Utan usw. Beim Entwurf und bei der Ausführung dieses Plans vertiefte sich der Konstrukteur jedesmal in mehr Details. Er verfuhr beim hervorbringen der organischen Formen wie ein menschlicher Baukünstler, der sich die Aufgabe gestellt hat, möglichst viel verschiedene Bauwerke auszudenken und auszuführen. Dabei bewegte er sich nur innerhalb sechs Kategorien: der Art, Gattung, Familie, Ordnung, Klasse und Typen.  Nachdem der Konstrukteur Millionen von Jahrtausenden hindurch sich mit dem Aufbauen und Zerstören einer Reihe verschiedener Schöpfungen unterhalten hatte, kommt er zuletzt auf den Gedanken, sich seinesgleichen zu erschaffen, und er formt den Mensch nach seinem Ebenbild. Damit wird das Endziel der Schöpfungs-Geschichte erreicht.[19]  Theologen schüttelten schon damals darüber den Kopf, den «was soll man von einem Schöpfer halten, der sein eigenes Werk wieder flickt?».  
   


Louis Agassiz als Rassist im Land der Sklavenhändler
Als Louis Agassiz in den Vereinigten Staaten weilte, florierte der Sklavenhandel, obwohl man politisch bereits etwas dagegen unternommen hatte. Die ersten internationalen Akte gegen den Sklavenhandel der europäischen Mächte waren ein Zusatz-Artikel des Pariser Friedens, sanktioniert am Wiener Kongress am 4. Februar 1815. In Nordamerika wurde 1831 der Sklavenhandel verboten, was nicht verhinderte, dass in den nächsten zehn Jahre 300‘000 Sklaven nach Brasilien eingeführt wurden. 1841 landeten 47 Schiffe gefüllt mit Sklaven in dem Häfen des Kaiserreichs. Bostons Fabrikanten beteiligten sich an dem einträglichen Geschäft des Sklavenhandels. 1851 erklärten die brasilianischen Kammern, dass der Sklavenhandel der Piraterie gleichgeachtet werden solle. Dennoch wurde der Sklavenhandel weltweit weiter gefördert.

Zu den bekannten Sklavenhändlern in Florida zählte laut dem «Verzeichnis der Sklavenhalter» vom 18. 10. 1850 der Bieler Gustave Edouard Adolphe Schaffter (1811-1860), dessen Vater Charles Théodore Schaffter-Morel (1770-1842) in Biel eine Anstalt für Geistesschwache betrieb. Der Zürcher Hauptmann Henry Wirz (1823-1865), gegen den 1865 in Washington eine Strafuntersuchung lief, hatte eine Plantage mit zahlreichen Sklaven.[83]  Der badische Freischaarenanführer Friedrich Hecker (1811-1881) wohnte im Süden der Vereinigten Staaten. 1851 berichteten die Zeitungen: «Mit Hilfe einer von ihm selbst eröffneten Subskription konnte er eine Plantage kaufen. Der Volksvertreter hat als Eigentum 20 Sklaven, welche er mit einer Unmenschlichkeit behandelt, die von keinem andern Pflanzer übertroffen wird. Er führt das Leben eines grossen Aristokraten.»[84] 

     


Szene in einer Sklavenplantage. Reproduktion aus True Stories from Uncle Tom's Cabin.
Szene in einer Sklavenplantage. Reproduktion aus True Stories from Uncle Tom's Cabin.

Sklaverei-Gegner Edouard Desor

Edouard Desor, ehemaliger Gehilfe von Louis Agassiz, mit dem er sich zerstritt, kehrte 1852 in die Schweiz zurück. In seinem Werk «L’esclavage aux Etats-Unis à l’occasion de la case de l’oncle Tom» schreibt Desor: «Tauende Auswanderer schifften sich in die Häfen ein, um angeblich in Amerika eine Freiheit zu suchen, die ihnen Europa nicht bot. Kaum gingen sie in Baltimore, New Orleans oder New York an Land, waren viele von ihnen bereit, gegen die Schwarzen Partei zu ergreifen. Politische Führer konnten immer mit der Stimme und Unterstützung anderer rechnen, wenn es um Massnahmen zugunsten der Sklaverei geht. Das galt auch für einen grossen Teil der deutschen und schweizerischen Auswanderer. Leider fielen die Gebildeten nur allzu oft in die gleichen Verirrungen. Wir kämen nicht zum Ende, wenn wir alle europäischen Journalisten, Gelehrten und Professoren aufzählen wollten, die sich in Amerika für die Sklaverei stark gemacht hatten. Wie kann man es gut finden, dass ein Mensch wie ein Stück Ware verkauft wird, dass ein Kind seiner Mutter entrissen wird, dass eine Frau von ihrem Mann getrennt wird, um sie einem anderen zuzuführen? Man müsste ein Monster sein, um solche Schandtaten zu billigen oder gar zu entschuldigen! So wie die Freiheit das grösste aller Güter ist, so ist die Sklaverei das schlimmste aller Übel.
Die Arbeit der Schwarzen wurde stets produktiver und eröffnete neue Absatzmärkte in den Südstaaten. Die Plantagenbesitzer wurden immer  reicher.  Hatte man die Sklaverei zuerst nur entschuldigt, galt sie nun als gerechtfertigt. Es fehlte nicht an Publizisten und Rednern, die bewiesen, dass die Sklaverei keineswegs ein Übel, sondern ein Element des Fortschritts und eine Voraussetzung für die Grösse der Vereinigten Staaten ist. Ausserdem gab eine Lehre, die anhand physiologischer Beobachtungen beweisen wollte, dass die Schwarzen nach dem Plan der Schöpfung dazu bestimmt sind, für immer die Sklaven der Weissen zu sein. Diejenigen, die die Sklaverei nicht direkt rechtfertigen, aber versuchen, sie zu entschuldigen oder ihre Folgen zu mildern, gelang es, sich nicht nur bei denen Gehör zu verschaffen, die ein Interesse an der Aufrechterhaltung des bestehenden Zustandes hatten, sondern sogar bei denen, die in dieser Frage angeblich völlig uninteressiert waren. Eines der Hauptargumente, mit denen man die Sklaverei entschuldigte, war, dass es im Interesse der Sklavenhalter liegt, ihre Sklaven gut zu behandeln, so wie es bei uns für einen Bauern von Vorteil ist, sein Vieh gut zu behandeln. Dies, so sagt man uns, ist eine wirksamere Garantie für die Sklaven, als es ein Gesetz je sein könnte. Wir wissen aber, dass es in New Orleans eine Anstalt (flogging establishment) gab, die ‹Calabouse›, in der täglich bestraft wurde.
Neben der Kaufmannsbevölkerung der Städte gab es auch die Landbevölkerung, die durch die Gier nach Gewinn nicht korrumpiert war. Es bildeten sich Gesellschaften mit dem Ziel, mit allen Mitteln auf die Abschaffung der Sklaverei hinzuarbeiten. Diese Gesellschaften, die bald unter dem Namen Abolitionisten bekannt wurden, führten einen unaufhörlichen Kampf gegen das System der Sklaverei. Die Quäker hatten daran einen grossen Anteil. Als praktische Menschen verurteilten sie die Sklaverei nicht nur in ihren Reden, sondern beschlossen auch, dass sie keine Produkte verwenden würden, die durch die Arbeit von Sklaven gewonnen wurden. So trugen sie keine Baumwolle, rauchten nicht etc. Die Abolitionisten wurden von allen Seiten als gefährliche Aufhetzer geächtet und verfolgt. Sie gaben zahlreiche Zeitungen heraus und hatten ausserdem eine ganze Kohorte von Agenten in ihren Diensten, die in allen Richtungen durch die Freistaaten reisten und überall und immer die Abschaffung predigten. In praktischer Hinsicht bestand ihr Hauptgeschäft darin, entflohenen Sklaven zu Hilfe zu kommen, ihre Flucht durch die Nordstaaten zu fördern und ihnen, sobald sie in Kanada in Sicherheit waren, die Mittel zu verschaffen, um sich eine Existenz aufzubauen. Zu diesem Zweck hatten sie mehrere Siedlungen an der amerikanischen Grenze Kanadas gegründet, wo alle, denen die Flucht gelang, unter dem Schutz der britischen Flagge Zuflucht  fanden. Der heimliche Transport von Sklaven erfolgte (bis 1862) über die von den Plantagenbesitzern des Südens ironisch als  ‹Underground-Road bezeichneter Strecke.
Anlässlich der Aufnahme Kaliforniens in den Bund tauchte die Frage der Sklaverei 1850 erneut im Kongress auf. Die sklavenhaltenden Südstaaten, die bis dahin das politische Zepter in der Hand gehalten hatten, sahen plötzlich ihre Vorherrschaft gefährdet. Im Kongress diskutierte man nur noch eine Sache: die Sklaverei. Nach endlosen Debatten wurde beschlossen, Kalifornien selbst die Entscheidung zu überlassen, ob es als freier Staat oder als Sklavenstaat in die Konföderation aufgenommen werden sollte. Die Freiheit siegte bei der Abstimmung. Leider musste dieser Sieg mit unangenehmen Zugeständnissen erkauft werden. Um den Zorn der Südstaaten zu besänftigen stimmte der Kongress für einen Kompromiss (bekannt als ‹compromise measures›), der unter anderem die Gesetze über die Auslieferung von Sklaven verschärfen sollte, indem er alle Bürger der Freien Staaten, die in irgendeiner Weise die Flucht eines Sklaven unterstützt oder erleichtert hatten, mit Geld- und Gefängnisstrafen belegte. Es ist unmöglich, sich die Situation vorzustellen, die dieses Gesetz in den Nordstaaten hervorrief. Die beiden grossen Prinzipien, auf denen die amerikanische Gesellschaft beruht, nämlich die Achtung vor dem Gesetz und die Unterwerfung unter das Evangelium, standen zum ersten Mal im Widerspruch zueinander. Welchem der beiden Gesetze sollte man gehorchen, dem hohen oder dem niedrigen Gesetz, der Bibel oder dem Kongress? Man kann sich die Verwirrung und die Konflikte vorstellen, die daraus entstehen mussten, wenn man bedenkt, dass grosse materielle Interessen auf dem Spiel standen. Die Spaltung war überall, im Staat, in der Gemeinde, in der Pfarrei und sogar in der Familie. Die Abolitionisten verdoppelten ihre Aktivität, als sie sahen, dass die Rechte der Menschheit durch das Gesetz des Kompromisses erneut verletzt wurden.
Wenn ein Buch nur ein paar Anspielungen auf das Thema Sklaverei enthielt, wurde es aus vielen Salons ausgeschlossen, selbst in den Städten des Nordens. Die amerikanischen Frauen, mutiger als die Männer, richteten sich nach ihrem Herz und stellten sich auf die Seite der Unterdrückten. Von den Frauen, die sich in der amerikanischen Literatur einen Namen gemacht haben, und das sind nicht wenige, sind die meisten Abolitionistinnen, während wir keine kennen, die für die Sklaverei Partei ergriffen hätte. Die Sklaverei hat ihre grössten Gegner unter den gebildeten Frauen gefunden (Harriet Beecher Stowe mit  ‹Onkel Toms Hütte›, 1852). Weil eine Frau den Mut hatte, ihr Talent in den Dienst dieses grossen Unglücks zu stellen, und weil sie sich für die Sache so vieler Unglücklicher einsetzte und dieser gottlosen Einrichtung einen tödlichen Schlag versetzte, applaudieren die ehrlichen Herzen in allen Ländern und Sprachen.» [81]  

Agassiz als Förderer der Apartheit

Louis Agassiz, der sich mit Polygenismus beschäftigte, trat zum Zweck der weissen Vorherrschaft für eine strikte Rassentrennung ein: «the races of mankind had been separately created as distinct and unequal species». 1850 setzte er diese Meinung in einer pseudo-wissenschaftlichen Studie mit Fotografien von afrikanischen und afrikanisch-amerikanischen Sklaven um, darunter waren der aus dem Kongo stammende «Papa Rentry» und seine in Amerika geborene Tochter Delia, die auf Baumwollfeldern arbeiten mussten. Diese «Studien» geschahen auf einer grossen Sklavenplantage in Charleston, Süd-Carolina. Agassiz bemerkt in einem seiner Vorträge: «Ich habe über 100 spezifische Unterschiede zwischen dem Knochen- und Nervensystem des Schwarzen und des Weissen nachgewiesen. Die ganze physische Organisation des Schwarzen unterscheidet sich in gerade eben solchem Mass von der des Weissen, wie sie von der des Schimpansen absticht. Der Schwarze ist ebenso wenig der Bruder des Weissen, wie die Eule die Schwester des Adlers.»[21]  
Der Wissenschaftler Samuel George Morton (1799-1851), mit dem Agassiz in engem Kontakt stand, besass eine riesige Sammlung menschlichen Schädeln, drunter die von 600 Indianern, die das frühere Amerika bewohnten. Er erstellte eine Reihe von Tabellen, in denen das durchschnittliche Volumen von Schädeln nach Rassen geordnet verglichen wurde. «Weisse wie Teutonen und Angelsachsen über alles, Indianer in der Mitte und Schwarze ganz unten».[26]  Er teilte die Meinung von Agassiz, dass die höheren Rassen dazu bestimmt seien, die niederen zu verdrängen, «weil sie mit höheren Instineten ausgestattet seien».[22] Morton statuierte in seinem Werk «Crania Americana» (1839) 32 Familien, die aus mehreren nicht mehr deutlich erkennbaren Urspezies des Menschengeschlechts hervorgegangen seien. In diesem Werk erwähnte er, dass die Weissen den grössten Schädel haben, und die Schwarzen den kleinsten. Agassis fügte dem hinzu, dass die Menschen nationenweise geschaffen worden seien. Als Morton starb urteilte das Charleston Medical Journal, dass "wir im Süden ihn als unseren Wohltäter betrachten sollten, weil er wesentlich dazu beigetragen hat, dem Schwarzen seine wahre Stellung als minderwertige Rasse zu geben.» Nach Mortons Tod schrieben dessen Gehilfen Josiah Nott (1804-1873) und Glidden mit Agassiz das Buch «Types of Mankind». Es erschien 1858.
Durch «Autoritäten» wie Agassiz und Morton verblendet, wurde der Sklavenhandel mit der Meinung gefördert, das Schwarze nicht Menschen von derselben Art wie wir seinen, sondern eine Art Tierspezies, über welche die Weissen verfügen können, wie über ein Hund oder ein Pferd.
Seine Ansichten wurden in Nordamerika mit der Sklaven-Frage in Verbindung gebracht. Es entstand die Meinung, er wolle politisch, durch Verteidigung der Mehrheit des Ursprungs der Menschen-Rassen, die Sklaverei entschuldigen oder rechtfertigen. Dabei soll es ihm bei seinen Forschungen nur um den naturhistorischen theoretischen Zweck gegangen sein. Agassiz war strikte dagegen, dass man «die Eigentümlichkeiten unserer weissen Zivilisation allen Nationen der Welt aufzwingen will.» und damit gegen die Sklaverei.[23] Allerdings gab er diese Meinung nicht aus humanitären Gründen. Agassiz schrieb in einem Brief an Dr. Howe, von 9. 8. 1863: «Eine gesunde Politik sollte eine Kreuzung der Rassen und der Vermehrung einer Bevölkerung gemischter Abkunft jedweges Hindernis entgegenstellen.» und tags darauf: «Wir sollten uns hüten, den Schwarzen Rechte zu verleihen, durch deren Genuss die Ausbreitung der Weissen gefährdet werden könnte. Soziale Gleichheit halte ich zu allen Zeiten für unausführbar.» [8]   
In der Öffentlichkeit verlor Louis Agassiz nicht viele Worte über die Sklaverei. Untypisch für einen Gelehrter, der wusste, dass die Sklavenfrage für Amerika eine Angelegenheit von grosser politischer und sozialer Wichtigkeit war. Der Grund für sein Schweigen war unter anderem, dass sich Boston als Industriestadt stark am Sklavenhandel beteiligte. Zudem hatte Agassiz auch Freunde, welche selbst Sklaven hielten.
Naturforscher Carl Vogt und ehemaliger Gehilfe von Louis Agassiz berichtete 1856: «Nichts konnte uns mehr empören, als dass Agassiz mit wissenschaftlichen Resultaten, die Tyrannei der Sklavenbesitzer zu unterstützen suchte.» Einen Rückgang der Sklaverei stellte Agassiz fest mit der Äusserung: «Die Einführung landwirtschaftlicher Maschinen auf einer gewissen Anzahl von Plantagen hatte dazu beigetragen, die Sklavenarbeit weniger notwendig zu machen.»
Agassiz empfahl 1863 den Unionsbehörden, die befreiten Sklaven in bestimmten Gebieten der Südstaaten zu konzentrieren, um die seiner Meinung nach negativen Folgen der gegenseitigen Ansteckung der schwarzen und weissen Rassen zu vermeiden. Neben der offiziell proklamierten Gleichheit war diese Empfehlung ein Vorgeschmack auf die faktische Rassentrennung, die sich nach dem Bürgerkrieg allmählich durchsetzte.  In Harvard prägte Louis Agassiz eine ganze Generation von Studenten. Zu seinen Schülern gehörte auch der Geologe Nathaniel Shaler, der die Minderwertigkeit der Schwarzen und die Überlegenheit der «angelsächsischen Rasse» predigte. Durch seine ganzen Studien und Aussagen über die Menschenrasse wurde Louis Agassiz zum Förderer der Apartheit.

«From a great man of science, he becomes the Swiss of Slavery.»

Theodore Parker, Theologe [24]   

Ein weiterer berüchtigter Rassenforscher war Graf Arthur Gobineau (1816-1882), von 1831 bis 1833 ebenfalls Schüler am Gymnasium Biel. Gobineau hatte wie Agassiz auf die Ungleichheit der menschlichen Rassen hinwies und insbesondere die Rolle gewürdigt, welche die germanische Rasse in der Geschichte spielte. Obwohl Franzose, wurde Gobineau doch als Wahlgermane wahrgenommen. 1853 bis 1855 veröffentlichte er sein Buch «Versuch über die Ungleichheit der menschlichen Rassen» und begründete damit mit Agassiz die moderne Rassentheorie. 1853 wurde der von Agassiz und Gobineau geförderten Rassentypus durch Moritz Wagner in Deutschland weiterverbreitet. Agassiz hielt sich 1865 und Gobineau von 1868 bis 1870 in Brasilien auf. Beide publizierten ihre Erfahrungen über ihren Aufenthalt. Für Agassiz galt die Rassenmischung als Hauptproblem Brasiliens.  Im Buch «Reise nach Brasilien» hält er fest: «Wer den verderblichen Einfluss der Rasenmischung bezweifelt und in falscher Philanthropie geneigt ist, alle Schranken zwischen ihnen niederzureissen, sollte nach Brasilien gehen. Er wird dann unmöglich den Verfall als Ergebnis der Kreuzungen leugnen können, die in diesem Land in grösserem Umfang stattgefunden haben als irgendwo sonst. Sie würden dann sehen, dass diese Mischung beim Weissen, Schwarzen und beim Indianer einen Mischtypus hervorbringt, dessen körperliche und geistige Energie abgeschwächt ist. Wir müssen die Gesetze in der Natur respektieren und in unseren Beziehungen zu den Schwarzen mit Strenge ihren natürlichen Typus unversehrt und den unsrigen rein erhalten.»[8]  Gobineau äusserte sich ebenfalls rassistisch über die Bevölkerung Brasilien. Details wollen wir unseren Lesern ersparen. Die Brasilienreise war auch Gegenstand des Buches «Der Amazonas», wo der Autor Damian Freiherrn von Schütz-Holzhausen 1883 erwähnt: «Agassiz hatte recht: diesen Ländern tut nichts so not, als eine andere herrschende Klasse weisser Leute.» (S. 234)
Agassiz und Gobineau verbreiteten ihre fragwürdige Auffassung durch Bücher und Briefwechseln um die ganze Welt. Eine besondere Inspirationsquelle waren zitierte rassistische Textpassagen aus Agassiz‘ «Reise nach Brasilien». 1895 hielt Dr. Alfred Damm in Berlin einen Vortrag über «Die Entartung der Menschen und die Beseitigung der Entartung.»  Er erzählte: «Deutschland nimmt sich das Vorrecht, allen Völker der Erde voranzugehen. Berlin wird sich der Entartung annehmen und die Regeneration anbahnen. Mit Stolz dürfen wir uns als Deutsche fühlen, um ein Werk durchzuführen, wie es in den Jahrtausenden der Geschichte nicht entstanden ist.»
1935 bewarb Deutschland das in Berlin erschienene Buch von Gobineau «Die Ungleichheit der Menschenrassen» mit den Worten: «Dieses Werk des grossen Freundes Richard Wagners (ebenfalls als Rassist bekannt) ist die Grundlage der gesamten Rassenlehre von Houston Stewart Chamberlain bis Günther; wer nach dem Urgrund der Ideen, auf denen das neue Deutschland aufgebaut ist, sucht, muss zu diesem Gobineau greifen. Wenn wir uns entschlossen haben jetzt eine Ausgabe dieses seit vielen Jahren vergriffenen Werkes herauszubringen, so hat uns dabei der Gedanke geleitet, dass bei dem erwachten Interesse für Rassefragen, dieses grundlegende Werk Gobineaus für jeden Deutschen, der sich ernsthaft mit den Problemen der Rassenkunde beschäftigen will, unentbehrlich ist. Gobineau war der erste, der die Bedeutung jener Blutmischung, die wir heute nordischen Einschlag nennen, für Leben und Vergehen der grossen Kulturen und Staatengebilde erfühlte.»[25]   Für Hitler wurde Gobineau zum literarischen Idol, den nach der Philosophie von Gobineau, wären einzig die Arier eine kulturfähige Rasse. Seither werden die beiden Bieler Gymnasialschüler Agassiz und Gobineau als «Väter des Rassismus» bezeichnet.

 

Hauptsächlich in Amerika, aber auch in der Schweiz begann man aus sukzessive den Namen von Louis Agassiz an Schulen, Strassen und Plätzen umzubenennen und Skulpturen zu entfernen. Hauptgründe sind Agassiz als Befürworter des Polygenismus. Die hier zuvor erwähnte religiöse Theorie, die besagt, dass verschiedene Menschenrassen von verschiedenen Vorfahren abstammen, wird heute als wissenschaftlicher Rassismus eingestuft. Agassiz war dementsprechend gegen rassenübergreifende Ehen.

Für seine Pionierforschungen auf dem Gebiet der Glaziologe und über versteinerte Fische, gibt es weltweit viele Orte und Objekte, in denen sein Name dennoch erhalten bleibt.

  


Erinnerungen in der Schweiz

- An der Louis Agassiz-Gasse in Môtier wurde am Geburtshaus eine etwas versteckte Gedenktafel mit der Inschrift: «Jean Louis Agassiz, celebre naturaliste, est ne dans cette maison le 28. mai 1807» angebracht.



Môtier, Geburtsort von Louis Agassiz, mit Strassenschild und Geburtshaus von damals (Foto: Bildarchiv der ETH-Bibliothek Zürich) und heute.

 


Der Agassiz-Stein am Mont-Vully, ganz in der Nähe von Motier. 

 

- Der Agassiz-Stein am Mont-Vully (Wistenlacherberg): Von Neuenburg aus durchforschte Agassiz das Mittelland und sammelte Beweismaterial für seine kühne Gletschertheorie. Dabei entdeckte er einen mächtigen erratischen Block auf dem Westhang des Mont-Vully und stellte anhand der Steinsubstanz fest, dass dieser aus dem Mont Blanc-Gebiet stammte und vor vielen Jahrtausenden durch den Rhonegletscher an seinen jetzigen Standort getragen wurde. Er konnte nicht ahnen, dass der Findling später einmal seinen Namen tragen würde. Langezeit war der in seiner ganzen Grösse nicht zu erkennende Findling unter einem dichten Gestrüpp versteckt und kaum auffindbar. 1903 entschloss sich der Murtener Sekundarlehrer Jakob Süsstrunk (1840-1909) den «pierre du palais rouland» in seiner Freizeit auszugraben, um ihn seinen Besuchern besser zugänglich zu machen.[35] 1897 hielt die naturforschenden Gesellschaften der Kantone Neuenburg,  Waadt und Freiburg ihre Jahresversammlung in Môtier ab, um den 100. Geburtstag von Louis Agassiz zu feiern. Die Versammlung beschloss, den 10 Meter langen, 4 Meter hohen und um die 500 Tonnen schweren erratischen Block den Namen «Agassiz-Stein» zu geben. [36] Ab 1944 steht darauf die Inschrift «Louis Agassiz, 1807-1873». Der Verkehrsverein Murten erleichterte sein Auffinden mit einer Wegmarkierung. Der Findling ist, ähnlich wie der grosse Heidenstein bei Biel, mit einer Legende verknüpft: Goliath wollte den enormen Stein bei einer Wette vom Chasseral nach dem Murtensee werfen, fiel jedoch bei Vully nieder. Der Stein soll sich um die Mittagszeit zwölfmal um sich drehen, worauf ihm zwölf Männer entsteigen, deren jeder einmal auf den Stein schlägt.[37]

 

- Ein Schweizer Berggipfel erhielt von Edouard Desor den Namen Agassizhorn.

 

- In der Nähe des Finsteraarhorns existiert das Agassiz-Joch.

 

- Die naturforschende Gesellschaft von Neuenburg hatte 1898 auf dem grossen Granitblock «Pierrabol» die Namen von vier hervorragenden Naturforschern eingravieren lassen, darunter Louis Agassiz und sein Sekretär Edouard Desor.

 

- Louis Agassiz, dem Initiant vom Uhrenmuseum (MIH) ist in La Chaux-de-Fonds eine Strasse mit 6 Schildern gewidmet.

   


Rue Louis-Agassiz, La Chaux-de-Fonds.
Rue Louis-Agassiz, La Chaux-de-Fonds.

 

Die Demontage von Louis Agassiz
Am 29. Februar 1984 veröffentlichte Jean Lindenmann in der Neuen Zürcher Zeitung den Artikel «Der Mensch: Massstab oder Messobjekt?». Darin wird neben Agassiz‘ körperlicher Abneigungen gegenüber Schwarzen auch seine Meinung über Afrika erwähnt: «Der riesige Erdteil Afrika weist eine Bevölkerung auf, die ständigen Verkehr mit der weissen Rasse hatte, die des Beispiels der ägyptischen Kultur, der phönizischen Kultur, der römischen Kultur, der arabischen Kultur teilhaftig wurde ... und trotzdem hat sich auf diesem Erdteil nie eine gesittete Gesellschaft schwarzer Menschen entwickelt.»  Ab den 1980er Jahre setzten sich in Amerika zahlreiche Autoren mit dem Rassismus von Agassiz auseinander. Beispielsweise Georg M. Fredrickson in «The black image in the white mind» (1987), und Constance Perin in «Belonging in America - Reading between the lines» (1988). Nachdem die Universität Harvard die unter Agassiz entstandenen Sklaven-Fotos veröffentliche, begann das «makellose» Bild von Louis Agassiz in den 1990er Jahren zu bröckeln.
Wikipedia.org: «Seit 2007 arbeitet Historiker Hans Fässler mit dem transatlantischen Komitee ‹Démonter Louis Agassiz›, das er gegründet hat, um Louis Agassiz neu zu bewerten. An diesem Prozess sind sowohl der Schweizerische Alpen-Club (SAC), der Agassiz 1865 zum Ehrenmitglied ernannte, als auch das Historische Lexikon der Schweiz (HDS) beteiligt, wo ein neuer Agassiz-Eintrag dem Freiburger Romanisten Hans Barth zu verdanken ist. Hans Fässler arbeitet eng mit der schweizerisch-haitianisch-finnischen Künstlerin Sasha Huber zusammen. Huber versuchte mit einer Unterschriftensammlung vergebens das Agassizhorn in Rentryhorn umzubenennen, der Sklaven den Agassiz während seiner Studien fotografieren liess. Huber setzte ihre Forschungen über Agassiz mit der brasilianischen Historikerin Maria Clara Machado fort und veröffentlichte ‹(T)races of Louis Agassiz: Photography, Body and Science, Yesterday and Today› (2010) als Teil einer Ausstellung für die 29. Kunstbiennale von Sao Paulo 2010. 2012 wurde die Ausstellung ‹Glaziologe, Rassist: Louis Agassiz (1807-2012)›, die zusammen mit der Typografin Hannah Traber und Hans Barth konzipiert und recherchiert wurde, erstmals im Heimatmuseum Grindelwald gezeigt, deren Auswirkungen bis nach Boston reichten.»[27]  
 

Nachwirkungen


Cambridge, Massachusetts - Die Agassiz-Schule wurde 2002 in Maria Louis Baldwin Schule umbenannt. Die Pädagogin war die erste afroamerikanische Schuldirektorin im Neu-England. Sie leitete die Schule ab 1889 während 33 Jahren. Der damalige Direktor der Harvard Stiftung für interkulturelle Beziehungen, S. Allen Counter, hatte 1975 zusammen mit Stephen Jay Gould mit dem Buch «Der falsch vermessene Mensch», den Rassimus von Agassiz öffentlich gemacht. Die Schule stand im Agassiz-Stadtviertel, dass der Stadtrat von Cambridge 2021 ebenfalls umbenannte. «In einem Land, das auf dem Fundament der weissen Vorherrschaft aufgebaut wurde, müssen wir kritisch und pro aktiv darüber nachdenken, was und wer es verdient, unsere gemeinsamen aktuellen Werte zu vertreten. Wir leben in einer vielfältigen Gemeinschaft - eine Realität, gegen die Agassiz hart gekämpft hat, und dieselbe Art von Gemeinschaft, für die Baldwin hart gearbeitet hat», sagte Cambridge High School-Schülerin Maya Counter in einer öffentlichen Stellungnahme vor dem Stadtrat.[28]

 

Maria Louise Baldwin, ca. 1885. Fotograf Elmer Chickering, Sammlung Library of Congress, Wikipedia

  

2002

 

2021


Neuchâtel - Zwischen 1880 und 1981 gab es in Neuchâtel die «Rue Louis-Agassiz». Nach dem Bau des Physikalischen Instituts und dem Anbau der Handelsschule verschwand die Strasse. Danach stand der Name des Naturforscher auf dem Schild «Espace Louis-Agassiz», das sich beim Gebäude der Fakultät für Humanwissenschaften befindet. 2018 entschied der Gemeinderat auf Initiativen von Barth und Fässler, das «Espace Louis-Agassiz» in «Espace Tilo-Frey» umzubenennen. Die Einweihung fand am 6. Juni 2019 statt. Tilo Frey war eine schweizerisch-kamerunischen Politikerin, die 1971 als erste Neuenburgerin ins Bundesparlament gewählt wurde.[3]

 

 

Nationalrätin Tilo Frey, ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv,

Comet Photo AG (Zürich), 1971, CC BY-SA 4.0

    

2019



In Neuchâtel wurde das Espace Louis-Agassiz zu Espace Tilo-Frey.

 

München - Die Europäische Geophysikalische Union benannte 2019 die Louis-Agassiz-Medaille, die seit 2005 zur Anerkennung herausragender wissenschaftlicher Beiträge zur Erforschung der Kryosphäre eingeführt wurde, in Julia- und Johannes-Weertman-Medaille um. Diese Änderung hebt den gemeinsamen Beitrag der Weertmans zur Entwicklung des Fachgebiets hervor, sowohl auf der Ebene der Ausbildung als auch der Grundlagenforschung. Hans Weertman verbrachte einige Zeit als Gastwissenschaftler am Schweizer Reaktorforschungsinstitut (heute Paul Scherrer Institut).[58]

   

2019



Strassenschilder mit Informationstafeln der Avenue Agassiz in Lausanne.

 

Lausanne - Die Stadtverwaltung von Lausanne beschloss  2020 beim Strassenschild, das auf die Avenue Louis-Agassiz hinweist, eine Informationstafel anbringen lassen. Der Inhalt erwähnt ausdrücklich die rassistischen und evolutionsfeindlichen Theorien, die Louis Agassiz vertrat. Darüber hinaus bekräftigt sie, dass die Lausanner Behörden alle Formen des Rassismus entschieden ablehnen und die Gleichheit aller Mitglieder der Gesellschaft gemäss Artikel 8 der Bundesverfassung bekräftigen.[62]

Agassiz besuchte in Lausanne das Collège, das sein Interesse für Naturgeschichte und Anatomie festigte. Sein Lehrer Daniel-Alexandre Chavannes besass die einzige naturgeschichtliche Sammlung im Kanton Waadt, zu der er Zutritt erhielt.[8]  Chavannes hatte einen Onkel namens Alexandre César Chavannes (1731–1800), der als Theologe und Naturforscher die Menschenrasse nach ihrer sozialen Entwicklung unterschied und an der Lausanner Akademie unterrichtete.  Damals war es in Lausanne Mode, in kleiner Gesellschaft ein dramatisches Werk aufzuführen, so auch das Drama «Mélanie», dessen Autor der Kritiker Laharpe war. Agassiz übernahm die Rolle des Liebhabers. Das Rollenstudium war das längste, das es gab. Alle waren bereitwillig dabei, mit Ausnahme von Agassiz, da er der Meinung war, dass die Mühe, die Verse von Laharpe auswendig zu lernen, durch das Vergnügen, sie vorzutragen, nur halb aufgewogen würde. Während der Aufführung ersetzte er die fehlenden Worte durch Gesten.[70]

1838 wünschte man sich in Lausanne, Agassiz möchte doch als Lehrer an der Akademie unterrichten, doch er lehnte ab.  Im Palais de Rumine fand 1907, veranstaltet von der waadtländischen naturforschenden Gesellschaft, die Feier des 100. Geburtstages von Louis Agassiz statt. Die Gesellschaft stiftete ein Denkmal und übergab es dem Stadtrat. Bei diesem Anlass wurde ein Agassiz-Fonds  gegründet zur Unterstützung von jungen Leuten, welche Naturwissenschaft studieren. Der Feier wohnte als Vertreter der Familie Georges Agassiz (1846-1910), der Sohn von Louis Agassiz‘ Bruder Auguste, bei. Georges verbrachte zu Forschungszwecken einige Jahre bei Louis Agassiz in Amerika und starb dann in Lausanne. Er besass eine Sammlung von rund 18 000 Schmetterlingen, die er dem Zoologischen Museum Lausanne schenkte.
  

2020


Kalifornien - 1902 wurde eine Statue von Louis Agassiz an der Aussenseite der Jordan Hall der Stanford University im US-Bundesstaat Kalifornien aufgestellt. 2020 beantragte das Stanford Department of Psychology die Entfernung der Statue von der Fassade seines Gebäudes, da er den Polygenismus befürwortete. Die Statue wurde im Oktober 2020 entfernt.[31]

 

Die entfernte Louis Agassiz Statue an der Stanford Universität.

Foto: Dicklyon, Wikipedia, CC BY-SA 4.0
  

 

 

 

  

2020


Cambridge, Massachusetts - Die Webseite der Eps. Harvard informiert: «Die Universität arbeitet daran, die Darstellung von Agassiz' Erbe zu überarbeiten, um seinen Beitrag zum rassistischen Denken aufzuzeigen. Das Museum of Comparative Zoology (MCZ)-Fakultätskuratorium hat beschlossen, den Namen «Agassiz Museum» aus dem MCZ-Briefkopf zu entfernen, den Namen Agassiz aus dem MCZ-Konferenzraum zu streichen und die Büsten und Porträts von Louis Agassiz in der Ernst-Mayr-Bibliothek im Herbst 2020 nicht mehr öffentlich zu zeigen. Trotz dieser Bemühungen bleibt das Erbe von Agassiz in Harvard von grosser Bedeutung. Über dem Haupteingang des Harvard Museum of Natural History ist «Agassiz» eingraviert. Ausserdem gibt es ein Schild, das den Standort des Hauses der ersten Präsidentin des Radcliffe College, Elizabeth Cary Agassiz, die mit Louis Agassiz verheiratet war, kennzeichnet und auf die Leistungen beider verweist. Zahlreiche Sehenswürdigkeiten sind nach wie vor nach Agassiz benannt.»[28]

   

2020


Flagstaff, Arizona - Der Stadtrat von Flagstaff wählte 2020 in der Innenstadt einen neuen Namen für die Louis-Agassiz-Strasse, da der Naturforscher rassistische Ideologien vertrat. Sie heisst nun W. C. Riles Drive. Der ursprünglich aus Louisiana stammende afroamerikanische Pädagoge Wilson C. Riles war der erste schwarze Student, der die Arizona State Teachers College (NAU) besuchte. Er promovierte, wurde Lehrer und Schulleiter und 1970 California Superintendent of Public Instruction. Er wirkte auch als Moderator einer Radio-Talkshow. Während seiner Laufbahn konzentrierte sich Riles darauf, benachteiligten Jugendlichen Chancen zu eröffnen. [65] 1952-53 arbeiteten Riles und Superintendent Sturgeon Cromer an der Aufhebung der Rassentrennung an den Schulen der Stadt Flagstaff. Er war der erste Schwarze, der in ein landesweites Amt in Kalifornien gewählt wurde.[64] Ein Gebäude auf dem NAU-Campus ist ebenfalls nach Riles benannt.[65]

 

State of California - California Blue Book 1975, S. 36, Wikipedia, Public Domain
 

2020


Chicago - Block Club Chicago berichtet: «Die Agassiz-Grundschule in Lakeview, benannt nach einem schweizerisch-amerikanischen Wissenschaftler, der Theorien zur Verteidigung der Sklaverei vertrat, wird nach Harriet Tubman umbenannt. Damit wird die Grundschule in Lakeview (2851 N. Seminary Ave.) das erste CPS-Gebäude, das seinen Namen im Rahmen des Überprüfungsprozesses des Schulbezirks ändert, der eingeleitet wurde, nachdem eine Untersuchung der Chicago Sun-Times ergab, dass 30 Schulen nach Sklavenhaltern benannt sind.»[30] 2022 wurde die Schule unter dem neuen Namen eingeweiht.

Wikipedia: «Harriet Tubman (1820-1913) war die bekannteste afroamerikanische Fluchthelferin der Hilfsorganisation Underground Railroad, die von etwa 1849 bis zum Ende des Sezessionskrieges geflüchteten Sklaven half, aus den Südstaaten in die Nordstaaten der USA oder nach Kanada zu fliehen. Im Sezessionskrieg arbeitete sie neben ihrer Tätigkeit als Krankenschwester und Köchin als Kundschafterin für die Nordstaaten. In ihren späteren Lebensjahren engagierte sie sich in der Frauenbewegung.»[31]

Harriet Tubman um 1885. Foto: Horatio Seymour Squyer, 1848-18 Dec 1905, National Portrait Gallery, Washington, Wikipedia
 

2022


Manchester-by-the-Sea, Massachusetts - 1874 benannte eine Gruppe von Studenten den Ort dieses Findlings zu Ehren von Louis Agassiz, der als Erster die Theorie aufstellte, dass die Felsen, die die Landschaft Neuenglands prägen, von Gletschern geformt und abgelagert wurden. Agassiz besuchte den Ort und stellte fest, dass die unregelmässigen physischen Merkmale zu seiner Hypothese passten.[60] Der Agassiz-Felsen wurde 2022 in «Die Monolithen» umbenannt. Die Umbenennung erfolgte, weil Agassiz in seinen Veröffentlichungen die Ansicht vertrat, dass nicht-weisse Menschengruppen von Natur aus minderwertig sind. [61]

Der ehemalige Big Agassiz Rock. Foto: Magicpiano, Wikipedia, CC BY-SA 4.0
     

2022


Cleveland, Ohio - Die Louis Agassiz School in Cleveland wurde 2022 aufgrund Louis Agassiz rassistischer Überzeugung in «Mary Church Terrell School» umbenannt. (57) Wikipeda: «Mary Church Terrell (1863 -1954), Tochter freigelassener Sklaven, setzte sich aktiv für die Rechte und Gleichbehandlung der afroamerikanischen Bevölkerung und die Aufhebung der Rassentrennung in den Vereinigten Staaten ein. 1884 machte sie ihren Abschluss am Oberlin College. 1904 nahm sie als einzige Delegierte afroamerikanischer Abstammung am Weltfrauenkongress in Berlin teil und hielt dort Ansprachen auf Deutsch, Französisch und Englisch. Gemeinsam mit anderen gründete sie 1909 die Bürgerrechtsorganisation National Association for the Advancement of Colored People (NAACP). Sie setzte sich aktiv für die Erlangung des Frauenwahlrechts ein, bis dieses im Jahr 1919 mit dem 19. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten beschlossen wurde.»

Mary Church Terrell auf einem Ölgemälde von Betsy Graves Reyneau.

Foto: NARA - 559207, Sammlung der National Portrait Gallery, Washington, Wikipedia
  

2022


Naturforscher Edouard Desor
Naturforscher Edouard Desor

Jean Edouard Desor (1811-1882), Naturforscher, Nationalrat, Sekretär von Louis Agassiz

Kein Schüler vom Gymnasium Biel

In den 1940er und 1950er Jahren erwähnten die Zeitungen Journal du Jura (6. 6. 1942 / 3. 9. 1953) und Bieler Tagblatt (6. 6. 1942 / 12. 1. 1952), Desor sei ein Schüler des 1. Gymnasiums gewesen. Laut damaligen Stadtarchivar Werner Bourquin soll Desor im dazugehörigen Pensionat der Marie Louise Bloesch untergebracht worden sein. Wie man jedoch aus dem Schülerverzeichnis 1817 bis 1834 entnehmen kann, das sich im Stadtarchiv Biel befindet, ist Edouard Desor darin nicht verzeichnet.

Desor hatte unser Bieler Gymnasialschüler Louis Agassiz  in vieler Hinsicht unterstützte und inspirierte. Im Gegensatz zu Louis Agassiz untersützte er die Befreiung der Sklaven. Daher lohnt es sich, das Leben von Edourd Desor in einem Artikel kennenzulernen, der eine andere Perspektive zu Agassiz zeigt.

 

Kindheit

Edouard Desor stammte aus einer durch die Aufhebung des Ediktes von Nantes aus Frankreich vertriebenen Hugenotten-Familie, die in der hessen-homburgischen Kolonie Friedrichsdorf eine Zufluchtsstätte gefunden hatte. Er kam am 13. Februar 1811 als Sohn des Fabrikanten Jean Desor (1786-1813) und seiner zutiefst religiösen Mutter Christine Albertine, geborene Foucar, zur Welt. Die Familie war nach dem frühen Tod des Vaters mittellos, doch gelang es der Mutter, mithilfe von Stipendien, die Söhne studieren zu lassen.[42]

Nach dem frühen Tod des Vaters heiratete Christine erneut. Als Privatlehrer ihrer Kinder unterrichtete der jugendliche, später berühmt gewordene Institutsvorstand Louis Frédéric Garnier (1809-1882), der dem jungen Edouard die alten Sprachen beibrachte. Er lernte dann die Bekanntschaft und die Philosophie des von der Polizei verfolgten elsässischen Evangelisten Bost kennen. In Friedrichsdorf erhielt Bost die Weisung, keine Versammlungen und Vorträge abzuhalten, an die er sich aber nicht hielt. Es gelang ihm Edouard Desor für seine Worte zu begeistern. Der 15-jährige besuchte die polizeilich verbotenen Konventikel und liess, um seinen Glaubens willen, eine Gefängnisstrafe über sich ergehen. Desor wollte nun Theologe werden, ein Wunsch, den seine Mutter unterstützt. Sein Bruder Frédéric bevorzugte die medizinische Laufbahn.  
Im Pfarrhaus Hanau spezialisierte Edouard sich auf die Deutsche Sprache. Allerdings verlor er durch den dortigen Pfarrer, mehr und mehr das Interesse für Theologe. In Hanau lernte er seinen Klassenkameraden, den späteren Naturforscher Gottfried Ludwig Theobald (1810-1869) kennen, mit dem er lebenslang befreundet war. Desor bildete sich anschliessend am Gymnasium zu Büdigen auf die Universität vor. In Giessen (wo er Mitglied der Studentenverbindung Hassia war) und Heidelberg widmete er sich dem Jurastudium. Er verbündete sich mit der «deutschen Burschenschaft», was ihn wieder in Konflikt mit der Polizei brachte.

 

Flucht nach Paris

Nachdem er sich an Pfingsten 1832 am «Hambacher Freiheitsfest» beteiligte, wo die radikalen Liberalen die «Vereinigten Staaten von Deutschland» ausruften, wurde Desor polizeilich gesucht und flüchtete nach Paris. Hier begann er als Lehrer für Privatstunden und sorgte für die französische Übersetzung von Carl Ritters «Erdkunde». Er legte namentlich unter der Führung von Elie de Beaumont den Grund zu seinen geologischen Studien.

 

Die Schweiz als neue Heimat

Als Desor de Beaumont 1837 zu den Versammlungen der Schweizerischen naturforschenden Gesellschaft nach Neuchâtel begleitete, traf er dort Louis Agassiz und Carl Vogt. Er blieb in der Schweiz, wo er sich zuerst eher erfolglos als Jurist zu betätigte. Dann versuchte er durch die Fabrikation von Stearinkerzen seinen Lebensunterhalt zu verdienen und lebte bei Carl Vogts Vater,  Medizinprofessors Philipp Friedrich Wilhelm Vogt (1789-1861), in Bern.[44]

 

Das Team Desor - Agassiz
Louis Agassiz, der an der Uni Neuenburg unterrichtete hatte von 1832 an zahlreiche Arbeiten zoologischen, paläontologischen und geologischen Inhaltes veröffentlicht und machte sich an ein Riesenwerk über fossile Fische. Er beschäftigt Zeichner, einen Lithographen, Drucker usw. Schon im Jahre 1836 klagt er, dass er sich nach Hilfskräften umsehen müsse.
[43] Auf der Suche nach einem Sekretär entschied sich Agassiz auf Carl Vogts Empfehlung, Desor einzustellen. Vogt verlegt den Eintritt Desors bei Louis Agassiz in das Jahr 1839. (45) Desor hatte nun die Möglichkeit sich an den Forschungen von Agassiz zu beteiligen.
Etwas später kam Carl Vogt, nachdem er seine medizinischen Studien abgeschlossen, ebenfalls nach Neuenburg und Agassiz‘ Studie über fossile Fische und Echinodermen nahmen raschen Fortgang. Vogt erwähnt in seinen «Lebenserinnerungen» (S. 196), dass Agassiz wegen Überlastung von 1839 bis 1844 von seinen wissenschaftlichen Publikationen höchstens fünf Druckbogen selbst geschrieben habe, da für das Technische Sekretär Edouard Desor zuständig war. (43) Carl Vogt: «Als wir beide, Ed. Desor und ich, bei Agassiz arbeiteten, hatte mein Freund Desor die Aufgabe, die fossilen Fische, welche Agassiz untersucht und bestimmt hatte, nach dessen Notizen zu beschreiben. Desor diktierte diese Beschreibungen Mr. Charles, der behauptete, dass er von dem, was Desor ihm diktiere, vollständige Kenntnis nehme. Desor verlangte, der Schreiber solle nur eine unbewusste Feder sein. Um diesen Streit zu entscheiden, beschloss Desor seinem Sekretär einen haarsträubenden Unsinn zu diktieren und flocht in die Beschreibung eines fossilen Fisches die Phrase ein: ‹Dieser Fisch unterscheidet sich vor allen übrigen dadurch, dass er den Kopf da hat, wo die andern den Schwanz haben.› Mr. Charles schrieb, ohne zu reagieren. Desor wurde abgerufen, vergass den Schelmenstreich und das Manuskript wanderte in die Druckerei. Der Bogen wurde abgezogen und erst als dies geschehen war und die Lieferung abgesendet werden sollte, erinnerte sich Desor seines Streiches. Es musste ein Karton gedruckt und in den Bogen eingefalzt werden.»
[46]
Agassiz, der sich mit der Eiszeit-Theorie auseinandersetzte, gründete als neue Wissenschaft die Glaziologie. In Agassiz' Buch «Etudes sur les Glaciers» (1840) wurde, die von Venetz und Charpentier ausgesprochene Idee des Transportes erratischer Blöcke durch Gletschereis, zu einer abgerundeten Theorie entwickelt. Eine Theorie, die von vielen Belächelt wurde. Die geologische Arbeiten zum Zwecke der genaueren Erforschung der Gletscher wurden auf Exkursionen in die Berner-, Walliser- und Savoyer-Alpen immer ausgedehnter.[43]
Angeregt durch seine Widersacher errichteten Agassiz und Desor 1840 auf dem Unteraaregletscher in einem natürlichen Unterstand ein echtes wissenschaftliches Forschungsinstitut, das sie scherzhaft «L' Hôtel des Neuchâtelois» nannten. Am 27. August 1841 unternahmen Edouard Desor, Louis Agassiz, Geologe Franz Josef Hugi, Gletscherforscher James David Forbes, Gottlieb Studer und andere Alpinisten die erste wissenschaftliche Besteigung des Jungfrauhorns. Bei dieser Besteigung wurden sie von sechs Bauern aus der Umgebung geführt, die selbst wieder unter der Leitung eines 80-jährigen Hirten, Jakob Leuthold, standen, welcher den Berg schon dreimal bestiegen hatte. (38) Auf dem Gornergletscher entdeckte er dann auch eine Gletscherflohart, die dank Alkohol als Frostschutzmittel im Eis überlebt. Ihm zu Ehren erhielt das Insekt den Namen Desoria glacialis.[42] Edouard Desor gibt in seinen «Excursions et séjours dans les glaciers» (1843) und später in seinen «Nouvelles excursions et séjours dans les glaciers» (1845) einen Bericht über die angewandten Techniken und die erzielten Ergebnisse. Die Mitglieder des Aaregletscherteams nahmen den Rang von Pionieren im Alpinismus ein.[47]

Den Studien in den Hochalpen wurden 1845 ein Ende gemacht, als der Gefährte der Alpentouren Dollfus am Galgenstock verunfallte. Schockiert nannte Desor diese Bergtour in einer Broschüre die letzte (Une dernière ascension par E. Desor, 1854). Er zog es nun vor, sich wieder mit seinen Crinoiden zu befassen, statt sein Leben in Eisspalten zu riskieren.[49]


Bereits 1842 begann Agassiz in seinen Briefen, eine Forschungsreise in die Vereinigten Staaten anzudeuten. Nachdem Agassiz eine Berufung zur Universität Cambridge angenommen hatte, lud er 1847 Desor als Begleiter ein. Desor hingegen wollte zuerst Skandinavien kennenlernen, wo er Findlinge untersuchte. Von dort reiste er zu Agassiz in die Vereinigten Staaten. Desor trat dort sehr bald als «Geographer of the Congress»  in die Dienste der Regierung der Vereinigten Staaten ein und wurde insbesondere mit wissenschaftlichen Untersuchungen des Lake Superior und von Pennsylvanien betraut. Einer Notiz zufolge stammte der Name Laurentian von Desor her und wurde zuerst 1850 von ihm für einige marine Ablagerungen in Maine an dem St. Lawrence River und an den Champlain- und Outarioseen gebraucht.

 

Streit mit Louis Agassiz

Desor befreundete sich mit Pfarrer Theodor Parker, dem Vorkämpfer der Sklavenbefreiung und schloss sich auch in religiösen Dingen der Richtung Parkers an. Parker kannte die Schriftstellerin Harriet Beecher-Stowe (Onkel Toms Hütte) sehr gut und kämpfte ebenfalls für die Gleichstellung der Frauen.[39] Dies führte zwischen Desor und Agassiz zu unterschiedlichen Meinungen über die Rassenfrage und zum Streit. Desor berichtete 1853 über die Sklaverei in der Revue Suisse mit dem Artikel «De l’esclavage aux Etats-Unis». 1848 wählte man ihn in die American Academy of Arts and Sciences und 1862 in die American Philosophical Society. In Amerika wurden in Michigan ein See und der Mount Desor nach ihm benannt.

 

Edouard Desor wird Millionär
Sein Bruder Frédéric hatte sich inzwischen als Arzt im Städtchen Boudry niedergelassen und die reiche Neuenburger Erbin Charlotte de Pierre geheiratet. Als sie 1852 kurz nach der Hochzeit starb, hinterliess sie ihr Vermögen ihrem Ehemann, der aber seinerseits krank war. Daher kehrte Edouard Desor aus Amerika zurück, um seinen Bruder zu pflegen. Als dieser starb, erbte er dessen Vermögen. 1859 erhielt er von der Gemeinde Ponts-de-Martel das Bürgerrecht. In Neuenburg arbeitete er bis 1868 als Geologielehrer. Auch unterstützte er die geologischen Studien für die Eisenbahnverbindung durch die Juraketten. Zusammen mit dem Feldgeologen Amanz Gressly erstellte er ein genaues Profil der Tunnels von Les Loges und Mont-Sagne.

 

Kulturzentrum für Gelehrte



Das Landgut Combe Varin: Reproduktion aus «Das Album von Combe-Varin» , 1861 und Foto von 2023

 

In jedem Sommer war sein geerbter Landsitz in Combe Varin (oberhalb Noiraigues, gegenüber Les Ponts) ein Sammelpunkt von Freunden und Bekannten. Das ehemalige Jagdhaus und der mittlerweilen verschwundene Bauernhof wurden «Les Pomeys» genannt. Desor, der diesen Ortsnamen nicht mochte, ersetzte ihn durch den des benachbarten Bauernhofs Combe-Varin.[47] Er wandelte sein Haus in einen kulturellen Treffpunkt für seine Freunde um, die sich im Sommer aus den verschiedensten Ländern Europas zusammenfanden. Das hatte zur Folge, dass diese Gelehrten eine Reihe interessanter Fragen auf wissenschaftlichen Gebieten diskutierten. Die Ergebnisse dieser Unterhaltungen fanden sich unter anderem in dem Buch «Das Album von Combe-Varin» wieder.

1862 wurde auf Combe-Varin ein wissenschaftlicher Kongress abgehalten. Unter den anwesenden Gelehrten befanden sich die Herren Liebig, Möhler, Schönbein, Merian. Die Chemiker beschäftigten sich namentlich mit der von Schönbein gemachten Entdeckung, betreffend die Bildung des salpetersauren Ammoniaks und deren Bedeutung für die Ackerbauchemie.[51] 1864 beherbergte Desor folgende Gelehrten: der Meteorologe Dove aus Englands, der Pathologe und Kammerredner Birchow aus Berlin, Prof. Eisenlohr aus Karlsruhe der Reisende Moritz Wagner aus München, Direktor Bolley vom Polytechnicum in Zürich, Capt. Zickel, der Direktor der artesischen Grabungen in der Sahara und Begleiter Desors und Eschers auf ihrer Reife in der Wüste. Debattiert wurde die  wissenschaftliche Theorie über den meteorologischen Zusammenhang zwischen der Sahara und der Gletscherwelt der Alpen, mit der sich u.a. auch das Jahrbuch des Schweizer Alpenclub auseinandergesetzte.[50]
1868 erschien erstmals der Geologe Amanz Gressly, dessen Gedenkstein sich in der Verenaschlucht in Solothurn befindet. In diesem Jahr feierte der neuenburgische Juraklub auf dem Landgut von Desor ein grosses Fest, an dem sich 800 Schulkinder aus den Bergen und Tälern Neuenburgs beteiligten.[52] Von 1878 bis 1880 traf sich in Combe-Varin die Kommission für die «Geologische Karte der Schweiz»,  um die dazu ausgeführten Arbeiten definitiv zu genehmigen und abzuschliessen.
In der Allee, die zum Hause führt, und in dem anstossenden Wald war jedem Gast ein Baum gewidmet, in dessen Rinde der Name eingeschnitten wurde. Heute sind die Originalinschriften weitgehend verblasst und mehrere Bäume verschwunden. Um die Erinnerung der Allee aufrecht zu erhalten, befinden sich die Namen der illustren Gäste auf an den Bäumen angebrachten Holzbrettern.

Ernst Schürch beschrieb das Haus 1957 im «kleinen Bund» mit den Worten: «Im umfangreichen Schatz an Briefen, die zum Haus gehören, sieht man Desors Bild, direkt und im Spiegel der Besucher. Neun Gästezimmer tragen noch aussen an den Türen die Namen derer, die hier zeitweilig daheim waren. Am grössten Zimmer steht der Name «Parker».[40]

Die Bäume trugen damals die Namen folgender Gäste:
[39]


Geologen, Paläontologen
Schweizer

Bernhard Studer
(1794-1887)
Peter Merian
(1795-1883)
 Arnold Escher von der Linth
 (1807-1872)
 Oswald Heer
 (1809-1883)
 Amanz Gressly
 (1814-1865)
 Franz Vinzenz Lang
 (1821-1899)
Isidor Bachmann
(1837-1884)
Francois-J. Pictet de la Rive
(1809-1872)
Alphonse Favre
(1815-1890)
Perceval de Loriol Le Fort
(1828-1908)

Deutsche

Wilhelm Philipp Schimper

(1808-1880)

Karl Ferdinand Roemer

(1818-1891)

Oscar Fraas

(1824-1897)

Karl Alfred Zittel

(1839-1904)

Franzosen, Belgier, Italiener

Edouard Collomb
(1796-1875)
Henri-Sébastien Le Hon
(1809-1872)
Antonio Stoppani
(1824-1891)

Briten

Charles Lyell

(1797-1875)
Thomas Wright

(1809-1884)

Andrew Crombie Ramsay

(1814-1891)

 

Amerikaner

James Hall

(1811-1898)

Josiah Dwight Whitney

(1819-1896)

  

Peter Lesley

(1819-1903)

Physiker

Wilhelm Friedrich Eisenlohr

(1799-1872)
Heinrich Wilhelm Dove

(1803-1879)
Per Adam Siljeström

(1815-1892)
John Tyndall

(1820-1893)
Eduard Hagenbach-Bischoff

(1833-1910)

 

Chemiker

und Ärzte
Friedrich Wöhler

(1800-1882)
Justus Liebig

(1803-1873)
Heinrich Will

(1812-1890)
Rudolf Virchow

(1821-1902)
Jacob Moleschott

(1822-1893)

Naturforscher, die vom Ausland in die Schweiz kamen

a.) Geologen

Edouard Desor

(1811-1882)

Gottfried Ludwig Theobald

(1810-1869)

Heinrich Gerlach

(1822-1871)

b) Glaziloge

Daniel Dollfuss-Ausset

(1797-1870)

c) Chemiker

Christian Friedrich Schönbein

(1799-1868)
Pompejus Alexander Bolley

(1812-1870)

d) Zoologe

Carl Vogt

(1817-1895)
  

  

Astronom
Adolphe Hirsch

(1830-1901)

Geodäten und Ingenieure

Johann Jakob Bayer

(1794-1885)
Hermann Siegfried

(1819-1879)
Edouard Zickel

(-- - --)

Botaniker, Zoologen,
Geographen
Charles Martins
(1806-1889)
Adolfo Targioni Tozzetti
(1823-1902)
Ferdinand Krauss
(1812 - 1890)
Theodor von Siebold
(1804-1885)
Moritz Wagner

(1813-1887)

Pfahlbauforscher,

Prähistoriker
Gabriel de Mortillet
(1821-1898)
Giovanni Gozzadini
(1810-1887)
Giovanni Capellini
(1833-1922)

Neuenburger

a) Naturforscher

Charles-Henri-Godet
(1797-1879)
Célestin Nicolet
(1803-1871)
Louis de Coulon
(1804-1894)
Léo Lesquereux
(1806-1889)
Arnold Guyot
(1807-1884)

b) Kunstmaler, Historiker,
Statistiker

Fritz Berthoud

(1812-1890)
  

 

 

  

 Charles Clément
(1821-1887)
Auguste Bachelin
(1830-1890)
Louis Guillaume
(1833-1924)

c) Politiker

Aimé Humbert
(1819-1900)
Zélim Perret
(1823-1889)

Bundesräte
Jakob Dubs
(1822-1879)
Carl Schenkel
(1823-1895)
Wilhelm F. Hertenstein
(1825-1888)
Josef Zemp
(1834-1908)
Eugène Borel
(1835-1892)
Numa Droz
(1844-1899)

Freiheitsfreunde

und Erzieher
Charles Reinwald
(1812-1891)
Jakob Venedey
(1805-1871)
Hans Lorenz Küchler
(1808-1859)
Theodor Parker
(1810-1860)
Joseph Lyman
(-- - --)
Augustin Keller
(1805-1883)
Ferdinand Buisson
(1841-1932)

Unbestimmte
77) H. W. Dreier
78) Müller
79) Stehelin
80) Zahn

 

 

 

 

 

  


Bildergalerie der «Allee der Naturalisten»  in Combe Varin, Zustand 2023.

Mit Texten von Wissenschaftshistoriker Heinz Balmer (1928-2016).[39]

 

Edouard Desor verband seine wissenschaftlichen Leistungen mit der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft, wo er die offizielle geologische Karte mitgestaltete. Zu seinen Kollegen gehörte Bernhard Studer, der Basler Peter Merian (1795-1883) und Escher von der Linth (1807-1872). Mit dem Letzteren unternahm er im Winter 1863/64 eine Reise nach Algerien und in die Sahara. Desort unterschied drei Arten von Wüsten, die der Plateaus, die Erosionswüste und die Dünenwüste.
Für seine Studien von Seeigeln, für die Desor zahlreiche Sammlungen in Europa besuchte und die in sein Buch «Synopsis de échinides fossiles» einflossen, ernannte ihn die Universität Basel 1860 zum Ehrendoktor.

In Neuchâtel war Desor an der Bergung keltischer Funde aus La Tène beteiligt, die dann einem Abschnitt der Eisenzeit ihren Namen gaben. Auf Vorschlag Désors wurde später diese Periode in eine ältere Hallstatt- und eine jüngere La Tènezeit unterteilt.[42]

 

Entdecker von Pfahlbauten

Ein besonderes Interesse wendete er den Pfahlbauten und den prähistorischen Forschungen zu. Die Umgebung des Hauses, welches Desor in der Stadt Neuenburg besass und zur Winterszeit bewohnte, diente ihm als Beobachtungsfeld. 1858 waren zuerst Oberst Schwab, Gründer vom Neuen Museum Biel (NMB), und dann Edouard Desor an der Bergung keltischer Funde in einer Untiefe (La Tène gennant) bei Marin beteiligt, die dann einem Abschnitt der Eisenzeit ihren Namen gaben. Dies geschah vor der Juragewässerkorrektion, als der Neuenburger See 2,10 Meter höher stand, also La Tène völlig unter Wasser lag. Sie fischten die Fundgegenstände mittelst Angeln aus dem Wasser heraus. Desor wies die Funde chronologisch der Eisenzeit zu, sozusagen als Bindeglied zwischen den Pfahlbaufunden der Bronzezeit und den Hinterlassenschaften der Altertümerfischerei.[53] Die Fundgegenstände der beiden Forscher wurden an der Weltausstellung 1867 in Paris gezeigt. Der schwedische Gelehrte H. Hildebrand brachte 1874 am Kongress in Stockholm den Vorschlag Desors vor, die Eisenzeit in zwei Gruppen zu trennen: in eine ältere Hallstatt und in eine jüngere La Tènezeit.

Erst nach der Juragewässerkorrektion konnte La Tène in seinem ganzen Umfang erforscht werden. Dabei wurde festgestellt, dass es sich nicht um Pfahlbaustation handle, wie Desor und Schwab angenommen hatten, sondern um  eine Kultur, welche mit den Pfahlbauten in keiner Beziehung stand. Die Sammlung des Bielers Oberst Friedrich Schwab, bezeichnete Desor in seiner 1864 erschienenen Schrift «Construsctions lacustres du Iac de Neuchâtel» als «la plus riche collection de toutes». An den internationalen prähistorischen Kongressen war er ein regelmässiger Teilnehmer, darunter Neuchâtel (1866), Paris (1867), Kopenhagen (1869), Brüssel (1871) und Stockholm (1875).[49]

 

Beziehungen zum Kaiser Napoleon III

Desor wurde 1864 von Kaiser Napoleon gebeten, seine keltisch-helvetischen Altertümer, d. h. seine Sammlung aus der Eisenperiode, die namentlich prachtvolle Waffen enthält, für 40,000 Fr. abzukaufen. Napoleon III. wünschte sie für seine Geschichte Cäsars zu benützen. Desor ging auf den Antrag nicht ein, dagegen überliess er dem Kaiser Doubletten. Als Gegenleistung wollte Desor für die Neuenburger Stadtbibliothek und die kantonale Sternwarte eine Anzahl naturwissenschaftlicher Bücher. Napoleon war einverstanden. Der Kaiser wünschte sich allerdings dazu, von den unverkäuflichen Altertümern Gypsabdrücke nehmen zu lassen. Als Geschenk erhielt Desor von Napoleon Abgüsse einer Waffensammlung und andere Gegenstände, die in den Ruinen von Alesia gefunden wurden. Am 10. August 1865 präsentierte Desor in Fleurier die von Napoleon erhaltenen Wurfgeschosse aus der altgallischen Zeit und aus der etruskischen Epoche. Friedrich von Mülinen, Professor für Schweizergeschichte an der Uni Bern: «Desor zeigte uns, wie man diese alten Waffen handhaben und werfen müsse. Mir war es aber oft Himmelsangst, dass das gefährliche Instrument ihm entgleiten und den Zuhörern an den Kopf fahren könnte, was freilich für die Getroffenen nicht sehr angenehm gewesen wäre.» 1866 vermachte Napoleon Desor eine Luxusausgabe über das Leben Cäsars. 1869 beglückwünschte Napoleon ihn zu seinen Erläuterungen über den Tumulus von Favargettes. Desor war der Ansicht, dass das alte Alesia von Cäsar nicht bei Besançon, sondern in Burgund gelegen sei.

Nachdem 1865 Travers von einem Brand heimgesucht wurde, organisierte die Stadt Neuchâtel eine Ausstellung ein, dessen Erlös des Eintrittsgeldes den Opfern zukam. Desor zeigte darin seine Pfahlbauten-Sammlung und brachte den Besuchern die Kulturepoche der Stein-, der Bronze- und der Steinzeit näher.

 

Desor, der Politiker
Edouard Desor wurde Mitglied und Präsident des Grossen Rates von Neuenburg, 1866 bis 1869 Ständerat und danach bis 1875 Nationalrat.
1878 lehnte Edouard Desor krankheitsbedingt eine Wiederwahl in den Nationalrat ab.

 

Eine grosse Uhrenaussstellung

An der 1966 in Neuchâtel stattgefundenen Versammlung der Handels- und Industriegesellschaft schlug Edouard Desor vor, in der Stadt eine «permanente Uhrenausstellung» zu erstellen, welcher als Zentralpunkt der neuenburgischen Uhrenmacherei dienen soll.[54]

Gründer der zweiten Universität von Neuchâtel

1838 wurde in Neuchâtel die Akademie ins Leben gerufen, welche 1840 ihre Tätigkeit begann und an der die Naturforscher Louis Agassiz und dessen Jugendfreund Arnold H. Guyot als Lehrer wirkten. Zusammen mit Edouard Desor sollte das Buch «Systeme Glaciare» erscheinen, doch verhinderte die Revolution von 1848 die Herausgabe des Buches und bewirkte das Eingehen der Akademie von Neuchâtel. Diese Aufhebung wollte Desor durch seine energische Initiative wieder herstellen. 1864 machte Edouard Desor in seiner Funktion als Präsident vom Neuenburger Grossrat folgenden Antrag: «Der Staatsrat wird eingeladen, einen Gesetzesvorschlag für Organisation des höheren kantonalen Unterrichts einzubringen. Die Kosten der neuen Anstalt werden Mithilfe desjenigen Ortes, wo die höhere Schule ihren Sitz haben wird, vom Staat getragen.» Bei Begründung dieser Motion bemerkte Desor, der Staat Neuenburg leiste gegenwärtig gar nichts für den höheren Unterricht; die bestehenden Anstalten, wie das Gymnasium in der Stadt Neuchâtel, das Institut Roulet usw. seien lediglich Privatinstitute. Desor bedauerte, dass eine der ersten Handlungen der Republik die Aufhebung der Akademie gewesen sei. Er, der kein Mann der Politik und der politischen Parteien sei, habe sich nur deshalb in den Grossrat wählen lassen, um auf das Ziel hinzuarbeiten, die Akademie wiederzueröffnen. Desors Motion wurde einstimmig angenommen. Die Studierenden von Neuchâtel bedankten sich bei ihm mit einem Fackelumzug.[56] 1866 konnte die neue kantonale Akademie eröffnet werden. Desor wurde Präsident vom akademischen Rat und wirkte an der Akademie als Lehrer für Geologie und Paläontologie in der faculté des sciences. Er demissionierte 1868. Die Umwandlung der Akademie in eine Universität erfolgte 1909.

 

Seine letzten Jahre

Nach seinem Rücktritt aus dem Nationalrat behielt er die seit Jahren bekleidete Stelle eines Mitgliedes des eidgenössischen Schulrates bei. Als in Neuchâtel , in Folge des Vortrages Buisson's über den Religionsunterricht in der Schule, die kirchliche Reformbewegung in Gang kam, wurde Desor zu einem eifrigen Mitstreiter der Reformpartei.

Desors letzte Jahre waren von gesundheitlichen Problemen überschattet. Er machte es sich zur Gewohnheit, Kurorte (Bex, Carlsbad) zu besuchen oder den Winter in Südfrankreich zu verbringen. (48) Als er am 23. Februar 1882 in Nizza starb, hatte er sein Ziel, die «Förderung der Wissenschaften», erreicht. Sein Vermögen betrug etwa eine halbe Million Franken. Da er unverheiratet war, wurde es für Gemeinnützige Zwecke eingesetzt: für Legate, Geschenke und lebenslängliche Renten, letztere zu Gunsten seiner Dienstboten und Arbeiter (so z. B. für denjenigen, der im See nach Pfahlbauten gruben); auch wurden Schulen (10‘000 Mark für eine Schule in Friedrichsdorf) und Ferienkolonien bedacht. Von seinen Freunden hatte Eugen Borel den Landsitz von Combe-Varin erhalten, Fritz Berthoud eine Feder, welche Desor von seinem berühmten Freunde Theodor Parker erhalten hatte, «die kostbarste meiner Reliquien», wie er zu sagen pflegte, der Romanschriftsteller L. Favre ein von der hervorragenden Künstlerin Favre gemaltes Bild, Numa Droz ein Möbel usw.  Die Hauptsumme wurde der Gemeinde Neuenburg geschenkt mit der Bestimmung, die ihr ebenfalls vermachten wissenschaftlichen Sammlungen zu erhalten und zu ergänzen und unter Umständen zu diesem Zwecke auch ein Museum zu bauen.[49]

 

Erinnerungen


Edouard Desors Monument in Nizza. Foto von Mullerdidier, Wikipedia, CC-BY-SA-4.0
Edouard Desors Monument in Nizza. Foto von Mullerdidier, Wikipedia, CC-BY-SA-4.0

Die Stadt Neuchâtel benannte eine Strasse nach ihm und liess auf dem Grabe des verstorbenen Gelehrten in Nizza ein Denkmal erstellen.

Der Sockel besteht aus rotem Alpenmarmor (aus Arvel in Wallis), worauf ein Jura-Granit ruht, mit eingelegtem Bronze-Medaillon, das den Kopf des gelehrten Professors darstellt. Unterhalb desselben liest man folgende Inschrift in Bronze: «Dem Geologen Edouard Desor, 1811 bis 1882, die Stadt Neuenburg (Schweiz).»  Die Ausarbeitung des Denkmals ist von Leo Chatelain und das Medaillon das Werk des Bildhauers Jguel. Der Alpenmarmor und der Granit des Jura, aus dem das Denkmal besteht, erinnern an die Orte, in denen der Geologe gearbeitet und geforscht hatte. Die Form des Steinblocks spielt aus seine Studien aus der vorhistorischen Zeit an. Graveur F. Landry wurde ausserdem vom Stadtrat mit der Herstellung eines Ehren-Medaillons beauftragt.[41] Die Vorderseite zeigt den Kopf des Gelehrten mit der Inschrift: «Edouard Desor 1811-1882», die Rückseite trägt die Worte: «La ville de Neuchâtel reconnaissante 1883». Das ethnographische Museum von Neuchâtel benannte einen Saal nach ihm. Ebenfalls ehrte man ihn in Neuchâtel mit dem heute nicht mehr existierenden «Jardin Desor», in dem 1890 die kantonale Gartenbauausstellung stattfand.
   



Die 1866 als zweite Akademie eröffnete Universität Neuchâtel.

 

Gesamtansicht vom damaligen «Jardin Desor». Foto: Bildarchiv der ETH-Bibliothek Zürich, Public Domain

  

Die Edouard-Desor-Strasse in Neuchâtel.

 

 

  



Durch die Initiative von Louis Agassiz wurde der «Pierre-à-Bot» als erster erratischer Block der Schweiz 1838 unter Schutz gestellt. Der Granitblock trägt u. a. den Namen von Edouard Desor.

    

Die naturforschende Gesellschaft von Neuchâtel hatte 1898 auf dem Granitblock Pierrabol die Namen von vier hervorragenden Naturforschern eingravieren lassen: «Louis Agassiz, Arnold Guydt, Edouard Desor und Léon DuPasquier», in Erinnerung an deren Forschung über die Eiszeit. Die Inschrift wurde 1966 durch eine Gedenktafel ersetzt. Als 1877 Kaiser Dom Pedro d‘Acantara von Brasilien in Neuchâtel weilte, zeigte ihm Desor den Findling Pierreabol. In Friedrichsdorf erinnern eine Strasse und ein Gedenkstein an Eduard Desor.


   


Schriften (Auswahl): Du climat des Etats-Unis et de ses effets sur les habitudes et les mœurs (1835), Journal d’une course faite aux glaciers du Mont Rose et du Mont Cervin en société de MM. Studer, Agassiz, Lardy, Nicolet et autres (1840), Excursion et séjour de Mr. Louis Agassiz sur la mer de glace du Lauteraar et du Finsteraar : en société de plusieurs naturalistes (1841), Die Besteigung des Jungfrauhorns durch Agassiz und seine Gefährten (1842), Ascension du Schreckhorn (1843), Compte rendu des recherches de M. Louis Agassiz pendant ses deux derniers séjours à l’Hôtel des Neuchâtelois, sur le glaciers inférieurs de l’Aar, en 1841 et 1842 (1843), Topographe du Wetterhorn et des massifs environnants (18--), Agassiz geologische Alpenreise (1844), Nouvelle excursions et séjours dans les glaciers et les hautes régions des Alpes, de M. Agassiz et de se compagnons de voyage (1845), Embryology of Nemestes (1848), Mémoire sur les phénomènes erratiques de la Suisse comparés à ceux du nord de l’Europe et de l’Amérique (1852), De l’esclavage aux Etats-Unis à l’occasion de La case de l’oncle Tom (Uncle Toms’ cabine), par Mad. H. Stowe-Becher (1853), Les cascades du Niagara et leur marche rétrograde (1854), Le Val d’Anniviers (1855), Les plissements du Val-de-Travers (1855), L’orographie du Jura (1856), Note sur la classification des cidarides (1856), Note sur le tunnel du Hauenstein et les difficultés qui s’y rencontrent (1856), Le pays d’Appenzell à propos de la réunion des naturalistes suisses à Trogen (1857), Introduction à l’étude des échinides fossiles et réponse à M. Agassiz (1858), Les sources du Jura : Fragment (1858), Etudes géologiques sur le Jura neuchâtelois (1859), De la physionomie des lacs suisses (1860), Quelques considérations sur le classification des lacs (1861), Album von Combe Varin : zur Erinnerung an Theodor Parker & Hans Lorenz Küchler (1861), Résultats des dernières fouilles sur les constructions lacustres (1862), De l’orographie des Alpes dans ses rapports avec la géologie: avec une carte des Alpes (1862), Die Pfahlbauten des Neuenbuger Sees (1863), Un voyage d’exploration scientifique au désert du Sahara algérien (1864), L’âge du fer dans les constructions lacustres du lac de Neuchâtel (1864), La Kabylie et les Kabyles: esquisse géologique et géographique (1864), Sur l’étage Dubisien (1864), Les emposieux de la vallée des Ponts (1864), Fische im Brunnen (1864), Der Gebirgsbau der Alpen (1865), Aus Sahara und Atlantis : vier Briefe an J. Liebig (1865), Les palafittes ou constructions lacustres du lac de Neuchâtel (1865), Die Sahara: ihre Beziehung zu dem Alpen-Klima und der früheren Ausdehnung der Gletscher (1865), Discours d’ouverture du premier Congrès paléoethnologique tenu à Neuchâtel des 24, 25, et 26 août 1866 (1866), Les phases de l’époque antéhistorique (1866), Über die Dolmen, deren Verbreitung und Deutung (1866), Die Pfahlbauten des Neuenburger Sees (1866), L’hôtel des Neuchâtelois sur le glacier de l’Aar : notices publiée dans le No de Juillet du Musée neuchâtelois (1867), Présomptions en faveur d’un ancien niveau plus bas des lacs de Neuchâtel, Bienne et de Morat (1868), Le Tumulus des favargettes au val-de-Ruz (1869), Souvenirs du Danemarck : le congrès anthropologique, et préhistorique de Copenhague en 1869 (1870), Notice biographique sur Célestin Nicolet: dans sa réunion générale annuelle au Locle, le 19 juin 1871 (1871); Essai d’une classification des cavernes du Jura (1871), Die Moränen-Landschaft (1874), Le bel-âge du bronze lacustre en Suisse (1874), Ein Blick in die Eiszeit: Brief an Pfr. Bitzius (1875), Notice sur un mobilier préhistorique de la Sibérie (1875), Compte-rendu d’une excursion faite à une ancienne nécropole des Monts Albins recouverte par un dépôt volcanique (1877), Une nouvelle découverte préhistorique. La fonderie de Bologne (1877), Essai sur le nez au point de vue anthropologique est esthétique (1878), La fôret vierge et le Sahara (1879), Les pierres à écuelles (1879), Philipp Wilhelm Schimper: geboren den 12. Januar 1808, gestorben den 20. März 1880 (1880), Ossements humains trouvés dans le diluvium de Nice (1881), Im Urwald: Vortrag (1881), Alter der Pfahlbauten aus der Steinzeit, der Bronzezeit, und der Eiszeit : Ursprung und Abstammung der Pfahlbauer (18--)
   



Quellen/Sources:1) Dr. F. Porchet, «Louis Agassiz: quelques souvenirs de sa jeunesse» in Bulletin de la Société Vaidoise des Sciences Naturelles, Nr. 160, 1907, S. 303ff ; 2) Louis Favre, «Louis Agassiz - son activité à Neuchâtel comme naturaliste et comme professeur de 1832 à 1846» in Bulletin de la Société des Sciences Naturelles de Neuchâtel, Nr. 12, S. 355ff ; - 3) Isaline Deléderray-Oguey, Chantai Lafontant Vallotton, «Échange autour de l'Espace Louis-Agassiz à Neuchâtel, devenu Espace Tilo-Frey» in Travers, Nr. 3, 2019, Chronos Verlag Zürich, S. 183ff ; - 4) ohr., Zentenarfeier des Naturhistorischen Museums der Harvard-Universität in Die Tat, Zürich, 14. 11. 1959, S. 18; - 5) Dr. W. Emsmann, «Louis Agassiz» in Deutsche Warte, Band 6, Karlsruhe, 1874, S. 41ff; - 6) Dr. F. Steindachner, Almanach der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften Wien, Wien, 1874, S. 152ff); - 7) Agassiz in Boston, Beilage zur Allgemeinen Zeitung, Stuttgart, 27. 5. 1847, S. 1169; 8) Elisabeth Cary Agassiz, Louis Agassiz’s Leben und Briefwechsel, Berlin 1886, S. 1ff. - 9) Christoph Lörtscher, Dufour Ost und Dufour West: 660 Jahre Stadtgeschichte: Biel, 12. 3. 2000; - 10) Insbrucker Nachrichten, 19. 6. 1873, S. 1695; - 11) Clara Conant Gilson, Agassiz at Cambridge - a paper of personal reminiscences, S. 741ff; - 12) Schülerverzeichnis vom Gymnasium Biel 1817-1834, Stadtarchiv Biel, Sig, AB. 117.131; - 13) «Agassiz und die Lawrence-Scientific-School in Cambridge» in Beilage zur Allgemeinen Zeitung, Nr. 12, 12. 1. 1848; - 14) Mary Anning, Wikipedia.org, abgerufen 2023; - 15) Hippeau, L’instruction publique aux Etats-Unis, rapport adressé au Ministre, Paris, 1872, S. 227 ; - 16) Gerhard Kohlfs, «Über Erziehung und Unterricht in den Vereinigten Staaten von Amerika» in Unsere Zeit, 14. Jahrgang, Este Hälfte, Leipzig 1878, S. 219 ; - 17) Adolphe Fischer, Louis Thévenaz, Le Pays de Neuchâtel, Neuchâtel 1948, S. 49ff ; - 18) «Arnold Guyot» in VII. Jahresbericht der Geographischen Gesellschaft von Bern, Bern 1884/1885, S. 6; - 19) Ernst Haeckel, Natürliche Schöpfungs-Geschichte, 8. Auflage, Berlin, 1889, S. 56ff: - 20) Dr. Graf, «Zum hundertjährigen Geburtslage von Louis Agassiz» in Der Bund, Bern, 9.  6. 1907, S. 6; - 21) «Professor Agassiz über die Schwarzen» in Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 16. April 1873, S. 2 / Illustrierter Kalender, Leipzig, 1874, S. 74; - 22) Dr. Emanuel Roth, Die Tatsachen der Vererbung, Berlin 1885, S. 112; - 23) Louis Agassiz, Über die Verschiedenheit des Ursprungs der Menschen-Rassen, 1850, S. 36ff: - 24) The Collected Works of Theodore Parker, London, 1864, S. 166; - 25) Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Leipzig, 15.2.1935, S. 651; - 26) Serge Rubi, «Quand les préjugés se font scientifiques» in L'impartial, La Chaux-de-Fonds, 3. 7. 1995, S. 28: - 27) Hans Fässler, Wikipedia.org, abgerufen 2023; - 28) Marc Levy, «Baldwin Neighborhood name is approved 9-0, replacing Agassiz; second such change since ’15 », in cambridgeday.com, 15, 2. 8. 2021; - 29) www. eps.harvard.edu/louis-agassiz; - 30) Jake Wittich, Lakeview’s Agassiz School Ditching Name Of Racist Scientist, Set To Become Harriet Tubman IB World School, www.blockclubchicago.org, 22. 3. 2021; - 31) «Harriet Tubmann» in Wikipedia.de; - 32)  «Agassiz' Geburtsort und Jugendzeit» in Chronik der Stadt Zürich, Zürich, 15. 6. 1907, S. 271f: - 33) «Ein biographisches Werk über Carl Vogt» in Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 4. 7. 1896, S. 2) - 34) «Louis Agassiz» in Schweizer Lehrerzeitung, Nr. 21, Zürich 1907, S. 202; - 35) Môtier-Vully: Feiern zu Ehren von Louis Agassiz in Freiburger Nachrichten, Freiburg, 7. 12. 1973, S. 13; - 36) «Agassizfeier» in Der Bund, Bern, 3. 6. 1907, S. 2; - 37) «Steine erzählen» in Hedwig Correvon, Oberländer Tagblatt/Thuner Stern, Thun, 16. 10. 1952, S. 4; - 38) Edouard Desor, Die Besteigung des Jungfrauhorns durch Agassiz und seine Gefährten, Solothurn, 1842, S. 73f; - 39) Heinz Balmer, «Edouard Desor und sein Landhaus Combe-Varin» in Gesnerus, Nr. 32, 1975, S. 61ff; - 40) Ernst Schürch, «Combe-Varin» in Der Bund, Bern, 29. November 1957, S. 5; - 41) Zuger Volksblatt, Zug, 14. 4. 1883, S. 2; - 42) Gletscherflöhe, Kelten und Seeigel – Universalgelehrter Édouard Désor (13.2.1811 - 1882), www.friedrichsdorf.de, abgerufen 10. 4. 2023; - 43) «Ein bibliografisches Werk über Carl Vogt» in Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 4. Juli 1896, S. 1f, - 44) «Ein biographisches Werk über Carl Vogt» in Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 6. Juli 1896, S. 1f; - 45) E. Desor. Lebensbild eines Naturforschers von Karl Vogt, S. 16; - 46) Carl Vogt, «Die Verantwortlichkeit des Korrektors» in Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 15. 6. 1891, S. 2; - 47) Adolphe Ischer, Des Sciences dans les monts Jura, Cahiers du MHN No 6, Editions de la Girafe, La Chaux-de-Fonds, 1983, S. 32ff ; - 48) «Das Testament von Edouard Desor» in Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 2.  3.  1882, S.2; - 49) Dr. Oscar Fraas, «Eduard Desor» in Kosmos - Zeitschrift für Entwicklungslehre, Nr. 1, Stuttgart, 1882, S.1ff; - 50) - Der Bund, Bern, 27. 9. 1864, S. 2; - 51)  «Der wissenschaftliche Kongress auf Combe-Varin» in Der Bund, Bern, 24. 8. 1862, S. 3: - 52) «800 Kinder auf dem Landgut Desor» in Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 6. 6. 1868, S. 4; - 53) Die Sammlung Schwab im NMB (Neues Museum Biel), Pädagogisches Material, PDF, 2022; 54) «Uhrenausstellung in Neuenburg» in Intelligenzblatt für die Stadt Bern, 25. 11. 1866, S. 7; - 56) «Eine Sühne in Neuenburg» in Eidgenössische Zeitung, Bern, 21. Mai 1864, S. 1f; - 57) «The Plain Dealer, Renaming Cleveland schools to excise names of those complicit in slavery and oppression» in www. cleavaland.com, 9. 6. 2022; - 58) «Umbenennung der EGU-Louis-Agassiz-Medaille zu Ehren von Julia und Johannes Weertman» in www.egu.eu/news, 12. 2. 2019; - 59) «Statue of Louis Agassiz» in Wikipedia, abgerufen 2023; - 60) The Monoliths, Wikipedia.org, abgerufen 2023; - 61) «Agassiz Rock is renamed The Monoliths» in www. the trustesss.org, 24. 2. 2022; - 62) «Avenue Louis-Agassiz : pose d’une plaque d’information» in www,lausanne.ch; - 63) Philippe Godet, «Agassiz et Neuchâtel» in, La Suisse libérale, Neuchâtel, 13. 11. 1886, S. 1 ; - 64) www,southsideflagstaff.com/wilsonc-riles; -65) Knau Staff, Flagstaff Street To Be Named After African-American Educator And NAU Alum, www,knau.org, 2020; - 66) Dr. Otto Volger, «Das 50jährige Jubiläum der Eiszeitlehre» in Beilage der Münchner Allgemeinen Zeitung, 17., 18. 2. 1887; - 67) O. Büetschli, Zoologisches Zentralblatt, Leipzig, 1897, S. 15; - 68) «Das Schicksal eines deutschen Naturforschers unserer Zeit» in Unterhaltung am häuslichen Herd, Band 2, Leipzig, 1857, S. 410; - 69) Chr. Walkmeister, «Amanz Gressly, der Jura Geologe» in Bericht über die Tätigkeiten der St. Gallischen naturwissenschaftlichen Gesellschaft während des Vereinsjahres 1886/87, St. Gallen, 1888, S. 123f; - 70) C.-F. Girard, «Quelques souvenirs de la jeunesse d’Agassiz» in FAN - L'express, Neuchâtel, 20. 1. 1874, S. 2; - 71) Max Antenen, «Ehrenvoller Empfang in der Seeländer Metropole» in Bieler Jahrbuch 2008, Verlag Gassmann, Biel, S. 26; - 72) «Johann Conrad Appenzeller 1775-1850» in Sammlung bernischer Biographien, Band 1, Bern, 1884, S. 8; - 73) Johann Rudolf Schneider, Das Seeland der Westschweiz und seine Korrektur der Gewässer, Bern 1881, S. 14; - 74) Alexander Schweizer, Biografische Aufzeichnungen, von ihm selbst entworfen, Zürich 1888, S. 5ff; - 75) Eduard Bloesch und Dreissig Jahre Bernischer Geschichte, Bern 1872, S. 12; - 76) Cäsar Adolf Bloesch, Unglaube und Aberglaube in einer und der selben Lehre vereint, Bern, 1851, S.23f; - 77) Ph. N., M. Imhof, «Les 75 ans du Musée d'horlogerie» in FAN - L'express, La Chaux-de-Fonds, 25. 3. 1977, S. 6: - 78) «Museumsgeschichte», Pressemappe vom Musée international d’horlogerie (MIH), La Chaux-de-Fonds, 2017, PDF, S. 2ff; - 79) L’homme et le temps, musée international d’horlogerie La Chaux-de-Fonds, La Chaux-de-Fonds, Mai 1977, PDF S.4; - 80) Alphonse Petitpierre, Un demi-siècle de l'histoire économique de Neuchâtel 1791 - 1848, Neuchâtel, 1871, S. 263f ; - 81) Edouard Desor, «L’esclavage aux Etats-Unis à l’occasion de la case de l’oncle Tom (UncleTom’s cabine)». Extrait de la Revue Suisse, année 1853, S. 3ff, Schweizerische Nationalbibliotek Bern, Signatur A 1917; - 82) «Spiritualismus» in Neue Zürcher Zeitung, Zürich, 17. 8. 1857, S. 2 ; - 83) «Henry Wirz» in Thuner Wochenblatt, Thun, 9. 9. 1865, S. 2 ; - 84) «Sklavenhändler Friedrich Hecker» in Intelligenzblatt für die Stadt Bern, Bern, 20. 5. 1851, S. 7; - 85) «Agassiz über Fische als Nahrungsmittel» in Der Bund, Bern, 26. 5. 1868, S. 3; - 86) Louis Agassiz «Museum of Comparative Zoology» in The American journal of education, Band 9, London, 1860,  S. 615; - 87) Kaspar Meuli, «1868 - das Hochwasser, das die Schweiz veränderte», Geographica Bernensia, Universität Bern, PDF, 2018, S. 7; - 88) «Agassiz» in Pennsylvania School Journal, Nr. 12, Juni 1874, S. 394; - 89) Lucy Allen Paton, «Elizabeth Cabot Agassiz; a biography». Boston, Houghton Mifflin Company, 1919 / Wikipedia, «Elizabeth Cabot Agassiz» , abgerufen 2023; - 90) John G. Whittier, «The Prayer of Agassiz», a poem, Cambridge, 1874